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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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Wunsch, dass jemand Henry Bowers zudecken würde. Dieses Zwinkern war überhaupt nicht cool.
    Richie verwandelte sich schwindelerregend schnell in einen Reporter der Derry News. Er habe gehört, dass Michael Hanlon, der Leiter der Stadtbücherei, überfallen worden sei, während er spät abends noch gearbeitet habe. Ob das Krankenhaus ihm etwas über Mr. Hanlons Zustand sagen könne?
    Er lauschte und nickte dabei mehrmals.
    »Ich verstehe, Mr. Kerpaskian – schreiben Sie sich mit zwei ›k‹? Ja? Okay. Und Sie sind …«
    Er hörte wieder zu und war jetzt so in seine Rolle geschlüpft, dass er mit einem Finger kritzelnde Bewegungen ausführte, so als würde er sich etwas notieren.
    »Aha … aha … ja. Ja, ich verstehe … Nun, gewöhnlich schreiben wir in solchen Fällen einfach, wir hätten die Auskunft von einer ›verlässlichen Quelle‹ erhalten. Später können wir dann immer noch … aha … richtig! Völlig richtig!« Richie lachte herzlich und wischte sich gleichzeitig mit dem Arm den Schweiß von der Stirn. Er lauschte wieder. »Okay, Mr. Kerpaskian. Ja. Ich werde … ja, Ihren Namen habe ich. K-E-R-P-A-S-K-I-A-N, stimmt’s? Ein tschechisch-jüdischer Name, nicht wahr? Wirklich! Das ist … das ist sehr ungewöhnlich … Ja, das werde ich. Gute Nacht. Und herzlichen Dank.«
    Er legte auf und schloss die Augen. »O Gott!«, rief er mit leiser, belegter Stimme. »O Gott! O Gott! O Gott!« Er machte eine Bewegung, als wollte er das Telefon vom Tisch fegen, aber dann ließ er seine Hand einfach sinken. Er nahm seine Brille ab und putzte sie mit seinem Pyjamaoberteil.
    »Er lebt, befindet sich aber in sehr kritischem Zustand«, berichtete er den anderen. »Henry hat ihn wie eine Weihnachtsgans tranchiert. Einer der Schnitte hat seine Oberschenkelarterie verletzt, und er hat so viel Blut verloren, wie man überhaupt verlieren kann, um gerade noch so am Leben zu bleiben. Mike ist es gelungen, sich selbst eine Art behelfsmäßigen Druckverband anzulegen, sonst wäre er schon verblutet gewesen, ehe man ihn fand.«
    Beverly brach in Tränen aus. Sie weinte wie ein Kind, beide Hände vor das Gesicht gepresst. Eine Zeit lang waren ihr Schluchzen und Eddies pfeifende, rasche Atemzüge die einzigen Geräusche im Zimmer.
    »Mike war nicht der Einzige, der wie eine Weihnachtsgans aufgeschlitzt wurde«, sagte Eddie schließlich. »Henry sieht aus, als hätte er gerade zwölf Runden mit Rocky Balboa in einer Cuisinart-Küchenmaschine hinter sich.«
    »W-W-Willst du immer n-noch zur P-P-P-Polizei gehen, Bev?«, fragte Bill.
    Auf Eddies Nachttischchen waren Kleenex-Tücher, aber sie lagen völlig aufgeweicht und zusammengeklebt in einer Pfütze von Perrier-Wasser. Sie ging ins Bad, wobei sie einen weiten Bogen um Henry machte, und ließ kaltes Wasser über einen Waschlappen laufen. Er fühlte sich auf ihrem heißen, vom Weinen geschwollenen Gesicht herrlich erfrischend an. Sie konnte plötzlich wieder klar denken – nicht rational, aber klar. Und mit einem Mal war sie überzeugt davon, dass Rationalität sie alle umbringen würde, wenn sie jetzt damit zu operieren versuchten. Dieser Bulle, Rademacher. Er war argwöhnisch gewesen. Warum auch nicht? Man rief normalerweise schließlich nicht morgens um halb vier in einer Bücherei an. Er verdächtigte sie zumindest der Mitwisserschaft. Zu welchen Schlussfolgerungen würde er dann erst kommen, wenn er herausfände, dass sie ihn aus einem Zimmer angerufen hatte, wo auf dem Fußboden eine Leiche lag, der ein abgeschlagener Flaschenhals in den Eingeweiden steckte? Dass sie und vier weitere Fremde am Vortag in die Stadt gekommen waren, nur um ein kleines Treffen zu veranstalten, und dieser Kerl einfach zufällig vorbeigekommen wäre? Würde sie jemandem so eine Geschichte abnehmen, wenn sie an seiner Stelle wäre? Würde irgendjemand das tun? Natürlich könnten sie ihre Geschichte untermauern, indem sie hinzufügten, dass sie zurückgekommen seien, um das Monster zur Strecke zu bringen, das unter der Stadt in der Kanalisation hauste. Das wäre dann sicher ein sehr überzeugendes, realistisches Argument.
    Sie kam aus dem Bad heraus und schaute Bill an. »Nein«, sagte sie. »Ich will nicht zur Polizei gehen. Ich glaube, Eddie hat recht – irgendetwas könnte uns passieren. Etwas Endgültiges. Aber das ist nicht der eigentliche Grund.« Sie blickte die anderen vier an. »Wir haben es geschworen«, sagte sie. »Wir haben es geschworen . Bills Bruder … Stan … all die anderen

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