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Es: Roman

Es: Roman

Titel: Es: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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trafst du eine sehr komplizierte Frau namens Audra Phillips, die ein bisschen von dem wusste, was du hinter dir hattest, denn fünf Jahre zuvor hieß sie noch schlicht und einfach Audrey Philpott. Und diese Frau war dabei, zu ertrinken …«
    »Audra, nicht«, sagte er.
    Ihr Blick war ruhig und hielt seinem stand. »Oh, warum denn nicht? Sagen wir die Wahrheit und beschämen wir den Teufel. Ich war dabei, zu ertrinken. Zwei Jahre bevor ich dich kennenlernte, hatte ich Poppers entdeckt, ein Jahr später Koks, und das war noch besser. Poppers am Morgen, Koks am Nachmittag, Wein am Abend, eine Valium vor dem Schlafengehen. Audras Vitamine. Zu viel wichtige Interviews, zu viel gute Rollen. Ich war so sehr wie eine Figur in einem Roman von Jacqueline Susann, dass es fast lächerlich war. Weißt du, wie ich über diese Zeit denke, Bill?«
    »Nein.«
    Sie nippte an ihrem Tee, lächelte und sah ihm noch immer in die Augen. »Es war, als liefe ich auf diesem Transportband, das es auf dem internationalen Flughafen von Los Angeles gibt. Verstehst du?«
    »Ich glaube nicht.«
    »Du kennst das Transportband nicht?«
    »Doch, das kenne ich«, sagte er, »aber ich verstehe nicht, was du …«
    »Es ist etwa einen halben Kilometer lang, und man braucht nur dazustehen, dann bringt es einen zur Gepäckausgabe. Aber wenn man will, kann man darauf auch gehen. Oder rennen. Und es kommt einem so vor, als würde man ganz normal gehen oder laufen oder rennen, wie immer – denn der Körper vergisst völlig, dass man sich dabei nicht nur mit dem eigenen Tempo bewegt, sondern dass das Tempo des Transportbandes noch hinzukommt. Deshalb auch die Schilder am letzten Stück, auf denen steht: TEMPO VERLANGSAMEN, TRANSPORTBAND BEWEGT SICH. Als ich dich traf, fühlte ich mich, als wäre ich von einem solchen Ding direkt auf einen Boden gerannt, der sich nicht mehr bewegte. Da war ich nun mit meinem Körper, der meinen Füßen zehn Kilometer voraus war. Man kann dabei das Gleichgewicht nicht halten. Früher oder später fällt man vornüber. Aber du hast mich aufgefangen.«
    Sie stellte ihre Tasse ab und zündete eine Zigarette an, ohne den Blick von ihm zu nehmen. Nur an der Tatsache, dass die Feuerzeugflamme das Zigarettenende ein paarmal verfehlte, konnte man erkennen, dass ihre Hände zitterten.
    Sie zog intensiv an der Zigarette und stieß den Rauch aus.
    »Was weiß ich über dich? Du schienst alles so völlig unter Kontrolle zu haben. Das weiß ich. Du schienst es nie eilig zu haben, zum nächsten Drink, zur nächsten Versammlung oder zur nächsten Party zu kommen. Du schienst dir sicher zu sein, dass all diese Dinge da sein würden … wenn du sie wolltest. Du sprachst langsam. Zum Teil lag das vermutlich an der gedehnten Sprechweise in Maine, aber zum größten Teil an deiner eigenen Persönlichkeit. Du warst der erste Mann, den ich getroffen habe, der sich traute, langsam zu sprechen. Ich musste langsamer werden, um dir zuhören zu können. Ich betrachtete dich, Bill, und ich sah einen Menschen, der auf dem Transportband ruhig dastand, weil er einfach wusste, dass es ihn zu seinem Ziel bringen würde. Du hast so unberührt von all der Hektik und Hysterie gewirkt. Du hast dir nie einen Rolls-Royce gemietet, um damit am Samstagnachmittag auf dem Rodeo Drive zu protzen. Du hast nie einen Presseagenten gehabt, der Artikel über dich in Variety oder dem Hollywood Reporter untergebracht hat. Du bist nie in der Carson-Show aufgetreten!«

»Das können Schriftsteller gar nicht, es sei denn, sie beherrschen Kartentricks oder können Löffel verbiegen«, sagte er grinsend. »Es ist so eine Art landesweites Gesetz.«
    Er dachte, sie würde lächeln, was sie aber nicht tat. »Ich weiß, dass du da warst, als ich dich brauchte. Du warst da, als ich mit voller Geschwindigkeit vom Transportband flog wie O.J. Simpson in dem alten Hertz-Werbespot. Du hast mich aufgefangen. Vielleicht hast du mich davor bewahrt, nach zu viel Alkohol die falsche Tablette zu schlucken. Vielleicht hätte ich es auch allein geschafft, vielleicht dramatisiere ich alles viel zu sehr. Aber tief im Innern glaube ich das nicht.«
    Sie drückte die Zigarette aus, an der sie nur zweimal gezogen hatte.
    »Ich weiß, du warst seitdem immer da. Und ich war für dich da. Wir sind gut im Bett. Das schien für mich immer wichtig gewesen zu sein. Aber wir sind auch außerhalb gut, und das erscheint mir heute noch viel wichtiger. Mir ist, als könnte ich mit dir zusammen alt werden und

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