Es: Roman
Bradburys ›Das Glas‹«. Er fügt hinzu: »Zu dumm, dass nur schätzungsweise siebzig Leute in diesem Land sie lesen werden.« Aber das ist Bill Denbrough einerlei. Zweihundert Dollar!
Bill Denbrough begibt sich zu seinem Studienberater und lässt sich von diesem die Karte unterschreiben, auf der steht, dass er aus dem Kurs »Kreatives Schreiben, Seminar Eh-141«, ausscheiden möchte. Bill Denbrough heftet diese Karte an den Brief des Redakteurs und befestigt beides am schwarzen Brett an der Tür des Dozenten für kreatives Schreiben. In der Ecke des schwarzen Bretts entdeckt er einen Anti-Kriegs-Cartoon. Und plötzlich, als würden sie ein Eigenleben haben, ziehen seine Finger einen Stift aus seiner Brusttasche und er schreibt auf den unteren Rand des Cartoons: Wenn Fiktion und Politik austauschbar wären, würde ich mich umbringen. Die Politik ändert sich laufend, Geschichten hingegen nie. Nach kurzem Zögern fügt er noch hinzu (und das konnte er sich einfach nicht verkneifen): Ich würde sagen, dass Sie noch eine ganze Menge lernen müssen.
Drei Tage später erhält er die Bestätigung über sein Ausscheiden mit der Post zugeschickt. Der Dozent hat sie unterschrieben. An der Stelle, die für die Zensur zur Zeit des Ausscheidens freigelassen ist, steht nicht »abgebrochen« oder eine 3-, die er nach seinen bisherigen Noten verdient hätte, sondern wieder eine 6. Darunter hat der Dozent geschrieben: Glauben Sie allen Ernstes, dass Geld irgendwas beweist, Denbrough?
»Um ehrlich zu sein, ja, das glaube ich«, sagt Bill Denbrough zu seinem leeren Zimmer und lacht.
In seinem letzten Studienjahr beginnt er einen Roman, denn er hat keine Ahnung, worauf er sich da einlässt. Er überlebt diese Erfahrung verängstigt und sie prägt ihn … aber er überlebt sie, noch dazu mit einem fast fünfhundert Seiten starken Manuskript. Er schickt den Roman zu Viking Press in dem Wissen, dass es der erste von vielen vergeblichen Versuchen sein wird, sein Buch über Geister verlegen zu lassen … aber ihm gefällt das Viking-Logo, und deshalb ist dieser Verlag auch seine erste Anlaufstelle. Kurz darauf stellt sich heraus, dass die erste Anlauflaufstelle zugleich auch die letzte ist, denn Viking kauft das Buch … und das Märchen nimmt seinen Anfang. Mit dreiundzwanzig Jahren ist Stotter-Bill Denbrough ein Erfolgsautor; drei Jahre später und knapp 5000 Kilometer vom nördlichen Neuengland entfernt erlangt er eine ihm unangenehme Berühmtheit, indem er in Hollywood einen Filmstar heiratet, der fünf Jahre älter ist als er selbst.
Die Klatschkolumnisten prophezeien, dass die Ehe nicht länger halten wird als sieben Monate. Die Frage sei lediglich, ob es mit einer Scheidung oder einer Annullierung enden werde. Sowohl seine als auch Audras Freunde (und Feinde) sind derselben Meinung; vom Altersunterschied einmal abgesehen, sind sie auch sonst viel zu verschieden. Er ist groß, neigt aber zur Körperfülle, trägt eine Brille und hat schütteres Haar. Er spricht langsam, und manchmal sogar fast unverständlich. Sie ist schlank, rotblond, wunderschön – weniger eine irdische Frau als vielmehr ein Wesen aus irgendeiner halbgöttlichen Superrasse.
Er ist engagiert worden, das Drehbuch seines zweiten Romans Die schwarzen Stromschnellen zu schreiben (hauptsächlich deshalb, weil er ohne die Chance, zumindest den ersten Drehbuchentwurf selbst zu verfassen, die Filmrechte nicht verkaufen wollte – sehr zum Missfallen seiner Agentin und deren Beteuerungen, er müsse verrückt geworden sein), und sein Entwurf erweist sich als ausgezeichnet. Er wird nach Universal City eingeladen, um dort an den Produktionsversammlungen teilzunehmen und gewisse Änderungen vorzunehmen.
Seine Agentin, ein kleines Persönchen namens Susan Browne, das außergewöhnlich energisch und ebenso eindringlich ist, rät ihm davon ab. »Überlass ihnen die Sache«, sagt diese Frau, die genau einen Meter fünfzig groß ist. »Verzichte darauf. Sie haben eine Menge Geld investiert und werden jemanden für das Drehbuch verpflichten, der gut ist. Vielleicht sogar Goldman.«
»Wen?«
»William Goldman. Der einzige gute Schriftsteller, der beides kann.«
»Wovon redest du, Suze?«
»Er ist dort geblieben und hat sich gut gehalten«, sagt sie. »Die Chancen für beides sind so wie die Chancen, Lungenkrebs zu besiegen – man kann es schaffen, aber wer will es schon versuchen? Du wirst dich mit Sex und Alkohol kaputtmachen. Oder mit diesen tollen neuen Drogen.«
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