Es soll Liebe sein: Roman (German Edition)
Aussichtsfenster. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, war er für das Stück stark geschminkt, und ich erkannte bestürzt, wie grau er jetzt wirkte, und wie eingefallen. Er begrüßte uns mit einer Stimme, die nur noch ein hauchiger Schatten ihrer selbst war.
»Dann habt ihr uns also gefunden.«
Fritz ergriff eifrig seine beiden Hände. Es berührte mich, -seine Zuneigung zu Len zu sehen. »Wie geht es dir?«
Ein ältlicher deutscher Schäferhund lag auf dem Teppich, die graue Schnauze auf die gekreuzten Pfoten gelegt. Er erhob sich, als er uns Fremde sah, und beschnupperte uns mit distanzierter Höflichkeit.
Ich streichelte seinen Kopf. »Hi, Fritz.«
Len Batty kicherte keuchend. »Ja, das ist Fritz. Aber in Zukunft solltet ihr den Wonderboy hier mit seinem richtigen Namen anreden.«
»O Unsinn, hör auf, alles zu bestimmen«, sagte Joyce. Sie zog das Kissen hinter Lens Rücken hervor und schüttelte es bequemer auf. »Du würdest die Radieschen von unten betrachten, wenn er nicht wäre. Was mich angeht, kann er sich nennen, wie er will.«
Sie hatte ein tolles Abendessen für uns gekocht – Roastbeef mit allem, was dazugehört, und einen richtigen, altmodischen Sherry-Trifle zum Nachtisch. Len humpelte an Fritzens Arm ins Esszimmer. Obwohl er sich zu uns setzte, aß er nur eine kleine Schüssel Porridge und ein paar Salatblätter. Ich regi-strierte, dass Joyce, die uns eifrig auftat und mit Fragen bombardierte, ihn mit glänzenden Knopfaugen beobachtete.
Nach dem Essen half Fritz Len zurück zu seinem Rollstuhl. Ich trug Teller und Schüsseln in die Küche.
»Wow«, rief ich aus und blieb auf der Schwelle jäh stehen. »Das ist wie in einem Palast! Wie aus einer Zeitschrift!«
Joyce – die geschäftig eine von zwei Spülmaschinen bestückte – lachte. »Das will ich nicht leugnen. Wie ich zu Len sagte, als wir sie einrichteten, bin ich der Meinung, dass ich eine fabelhafte Küche verdiene. Als wir uns zum ersten Mal begegneten, konnten wir uns kaum einen Secondhandherd leisten.«
Ich reichte ihr einen Stapel Teller. »Wie lange sind Sie schon verheiratet?«
»Fünfundvierzig Jahre. Können Sie sich vorstellen, so lange mit Ihrem Fred verheiratet zu sein?«
»Nein.«
»Nun, ich will nicht behaupten, dass es ein Spaziergang war. Wir hatten unser gerüttelt Maß an Gutem und Schlechtem. Als unsere Mädchen klein waren, bekam ich Len wochenlang kaum zu Gesicht. Zu jener Zeit gab es noch einen großen Theaterverbund, und er musste ständig arbeiten, im ganzen Land, nur um unseren Lebensunterhalt zusammenzukratzen. Ich sage immer, das hat sein Herz erschöpft.« Sie schloss die Spülmaschine und schüttelte den Kopf. »Er ist wahrhaft arbeitssüchtig. Er sagt nie nein – auch wenn er das heutzutage könnte.«
»Nach dieser Geschichte wird er es bestimmt langsamer angehen lassen.«
Sie lachte kurz auf. »Das hoffe ich, verdammt nochmal. Ich habe ihm gesagt, wenn er bei unserem Fünfzigsten nicht da ist, werde ich nie wieder mit ihm sprechen.«
Ich sagte: »Er hat jetzt einen Warnschuss bekommen.«
»Oh, es gab schon viele Warnschüsse. Ich habe aufgehört, die Ärzte zu zählen, die ihm gesagt haben, er sollte aufhören zu arbeiten, bevor er tot umfällt.« Sie wischte einen unsichtbaren Fleck fort und schaltete einen brandneuen Elektrokessel ein. »Ich wünschte, Sie würden Ihren Fred bitten, mit ihm zu reden. Wenn Ihr Fred ihm sagen würde, er müsste es langsamer angehen lassen, würde er vielleicht auf ihn hören.«
Ich ertappte mich bei dem Gedanken, wie liebenswert sie war und wie hervorragend sie sich mit Phoebe verstanden hätte. »Len hält viel von ihm, nicht wahr?«
Sie lachte, und ich konnte erkennen, wie hübsch sie gewesen war, als sie jung war. Sie war noch immer hübsch, trotz der Streifen glänzendem, malvenfarbenen Rouges. »Ich höre seit dem ersten Probentag von Fred. Len kam bester Stimmung in unser Hotel zurück. Sagte, sie hätten Wishee-Washee umbesetzt. Es sei jetzt ein unnützer, piekfeiner Bastard.« Sie brach kichernd ab. »Danach gab es jeden Tag etwas Neues über ihn. Zuerst war es der Name des Hundes. Dann kommt er zurück und sagt: Joyce, dieser Junge mit dem Hundenamen spricht perfekt Französisch!« (Das stimmte – Fritz verführte meine französische Austauschfreundin und verbrachte den Rest jenes Sommers auf ihrer Farm in der Gascogne).
Joyce nahm Tassen und Untertassen aus einem Schrank. »Als er herausfand, dass Fritz Arzt ist, kriegte er sich kaum noch
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