Es tut sich was im Paradies
die strenge Verhaltungsmaßregel einer Tante geklungen hatte.
»Alles ganz schön und gut, aber schließlich müssen wir auch leben«, verteidigte er sich.
»Freilich, aber doch bestimmt ohne Muriel. Mögen Sie sie denn so gern?«
»Mögen — weiß ich nicht, aber ich brauche sie. Sie hat es im letzten Jahr allein auf vierhundert gebracht.«
Pippa schwieg verdutzt. Vierhundert — was? Pfund, nahm sie an. Die andere hatte anscheinend Geld.
»Es gibt Dinge, die wichtiger sind als finanzieller Vorteil«, antwortete sie und mußte an sich halten, um nicht zu kichern. Schon wieder dieser tantenhafte Ton.
»Ja, gewiß, aber dem armen Geschöpf ging’s doch so schlecht.«
»Was sind Männer für Einfaltspinsels« dachte Pippa. »Von Mitleid lassen sie sich immer überrumpeln.«
»Na, Gott sei Dank, nun ist ja alles in bester Ordnung«, meinte er plötzlich aufgeräumt. »Und ein kräftiges Stierkalb war’s obendrein. Aber ich mußte doch dabei helfen, das sehen Sie sicher ein.«
Pippas unterdrücktes Kichern machte sich in einem schallenden Gelächter Luft.
»Ein Stierkalb? Dann ist Muriel also eine Kuh?«
»Natürlich, was dachten Sie?« Aber er war mit seinen Gedanken gar nicht bei der Sache, sondern suchte ängstlich die Straße ab.
»Donnerwetter, sie ist wirklich nirgends zu sehen. Wie hat sie’s denn bloß so weit geschafft? Kann nicht mal die Gänge unterscheiden. Ich hoffe nur, sie hat nichts über den Haufen gerannt.«
»Oh, das glaube ich nicht, auf der ruhigen Straße. Dieser Küstenstrich ist besonders schön, man wundert sich nur, daß es an einem so idealen Platz keine Campingplätze oder Strandhütten gibt.«
»Daran ist der alte Warren schuld — der Mann, dem das Land gehört. Der weigert sich, auch nur einen Quadratmeter Boden zu verkaufen, und Zelten erlaubt er nicht. Zetert immer über >das Gesindel<, und sie streuten ihm überall zerbrochene Flaschen herum. Alter, sturer Querkopf. Stemmt sich gegen jeden Fortschritt.«
»Muß ja auch herrlich sein, so einen Strand für sich allein zu besitzen. Ich glaube, Ihr Mr. Warren würde mir gefallen.«
»Bestimmt nicht, darauf gehe ich jede Wette ein. Ein richtiges Rindvieh ist das.«
Diese bäuerlich derbe Bezeichnung verwirrte Pippa ein wenig, obwohl sie sie schon gehört hatte. Der junge Mann gebrauchte sie offenbar als Schimpfwort, obwohl ihm Muriel doch entschieden am Herzen zu liegen schien.
»Sieht aus, als ob sie tatsächlich noch zu dieser Tanzerei gefahren ist«, fuhr er mit wachsender Beunruhigung fort. »Wir haben uns gegenseitig fest versprochen, nie einzeln, sondern immer nur gemeinsam zu solchen Veranstaltungen zu gehen. Aber dieser Schweinehund rief sie an und wird sie wahrscheinlich dazu überredet haben. Sicher tanzt sie jetzt mit ihm.«
Schweinehund. In dieser Gegend schien die Viehzucht zu florieren.
Plötzlich deutete er aufgeregt nach vorn.
»Mein Gott, da ist sie — und der Wagen steht noch auf allen vier Rädern... Aber er hängt halb im Graben.« All sein Ärger schien mit einem Schlag verraucht, und er bremste so heftig, daß Pippa mit der Nase gegen die Windschutzscheibe flog.
Diesmal hätte er nun Grund gehabt, sich zu entschuldigen, dachte sie pikiert. Aber damit hielt er sich nicht lange auf. Er war schon draußen, beugte sich ins Fenster des anderen Wagens, und sie hörte ihn sagen: »Liebling, fehlt dir auch nichts? Ganz gewiß nichts?«
Pippa kam sich mit einem Mal reichlich dumm und überflüssig vor. Eben noch war sie die kluge, ältere Vertrauensperson gewesen, hatte diese zwei albernen jungen Leutchen zusammengebracht, und nun vergaß man sie einfach vollkommen, ignorierte sie, als sei sie wirklich nur eine alte Tante. Sie kurbelte das Fenster hoch und überließ die beiden sich selbst.
Es dauerte mehrere Minuten, bis Alec wieder an die Scheibe klopfte, und als sie öffnete, sah sie ein kleines, zierliches Persönchen, das sich eng in seinen starken, beschützenden Männerarm kuschelte.
»Das ist sie. Das ist Kitty. Mrs. Knox.«
»Miss«, berichtigte sie ihn spitz. Nein, dieser Mensch war doch ein ausgemachter Trottel. »Oh, guten Abend. Hatten Sie einen Unfall?«
Ihre Stimme klang leicht tadelnd, aber das Mädchen schien dadurch nicht im geringsten eingeschüchtert zu sein.
»Nein, das nicht — ich wollte nur weg, damit Alec einsieht, daß er mich nicht immer so anbrüllen darf. Ich finde Schimpfen eklig, Sie nicht? Ja, und dann wollte ich wieder umwenden, kriegte aber den dummen
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