Es tut sich was im Paradies
ich Ihnen. Ihre Bibliothek wird während der Saison ein Riesengeschäft werden und die Feriengäste werden Schlange stehen.«
Nur einen einzigen Vorzug konnte Pippa an diesem >friedlichen Paradies< entdecken: Es besaß keine Leihbücherei. Dagegen zählte sie drei Kolonialwarenhändler, einen Bäcker, einen Metzger, vier Milchbars, einen Gemüseladen, ein uraltes, baufälliges Postamt, eine muffige, wenig vertrauenerweckende Billarddiele und verschiedene, nicht näher zu unterscheidende Verkaufsbuden, die momentan leer standen, aber wahrscheinlich in der >Saison< von Postkarten bis Andenkenmuscheln alles feilboten, woraus sich Geld schlagen ließ. Ein paar Männer lungerten pfeifenrauchend herum, und Pippa wunderte sich, daß keiner von ihnen einen Kragen trug und die meisten in schmutzigen, ausgetretenen Strandsandalen einherlatschten. Anscheinend warteten auch sie auf den Sommer.
Nachdem sie die letzten Häuser hinter sich gelassen hatten, steuerte Alec um eine rechtwinklige Kurve einen kurzen Weg hinunter, an einer von lärmender Betriebsamkeit erfüllten Molkerei und zwei breiten, geduckten Bungalows vorbei, von denen jeder eine Schar kleinerer Hütten um sich geschart hatte wie eine fette Glucke ihre Kücken.
»Ferienpension«, erläuterte Alec. »Sechs Wochen lang im Sommer gesteckt voll.«
Nur wenige Meter dahinter gelangten sie wieder an die Küste, und vor ihnen lag dieselbe breitgeschwungene, schöne Bucht, an die Pippa schon gestern ihr Herz verloren hatte. Aber hier drängten sich auf fast einen Kilometer Länge kleine Häuser, Strandhotels, Parkplätze und helle Badehütten aneinander, die, obwohl jetzt unbenutzt und leer, Alecs Worte bestätigten. Im Sommer mußte dieser Ort eine wahre Goldgrube sein.
Aber sogar diese zusammengewürfelte Häuseransammlung konnte die herrliche Aussicht über die Bucht nicht beeinträchtigen, denn sie befand sich nur auf der Landseite der breiten Strandpromenade. Zum Meer hin sah man nichts als Dünen und eine lange Allee von Pohutukawa-Bäumen. Hinter dem letzten Haus hielt Alec an, und vor ihnen erstreckte sich meilenweit die flache Küste. Pippa holte tief Luft.
»Wundervoll. Warum hat sich das Dorf nicht hier angesiedelt, statt da unten in der häßlichen engen Straße?«
»Der Hauptverkehrsweg führte immer dort entlang, und die Läden stehen schon seit Jahrzehnten an ihren Plätzen, um vor allen Dingen die Farmer und die Maoris zu versorgen. Dieser Strand entwickelte sich erst in den letzten fünf Jahren. Ein Syndikat reicher Geschäftsleute aus der Stadt kaufte das Land den Eingeborenen ab und legte die Promenade an. Und sie erlauben hier keine Läden.«
»Aber ich muß hier wohnen. Schließlich ist eine Leihbücherei ja ein Haus und kein Laden.«
Doch ihre Hoffnungen wurden sehr rasch zerstört, als sie den einzigen Häusermakler des Distrikts, Sam West, aufsuchten, der zugleich als Vorsitzender des Kreisausschusses eine bedeutsame Rolle in der Gemeinde spielte. Er war ein großer, wohlbeleibter Spießbürger voll wichtigtuerischem Stolz und mit lüstern vorquellenden Schweinsäuglein, die sich sogleich wohlgefällig an Kittys Figur festsaugten, während er von Pippa gänzlich unbeeindruckt schien, weshalb diese ihn ihrerseits als widerlichen alten Kerl abtat.
»Eine Leihbücherei? Nicht schlecht. Keine alltägliche Sache wie ein gewöhnlicher Laden.«
»Nicht schlecht?« echote Alec streitlustig. »Das will ich meinen! Ein Segen, wollten Sie wohl sagen. Ein Seebad wie Rangimarie, und kein Buch zu lesen kriegen! Wirklich, wie hinterm Mond.«
Mr. West wollte etwas entgegnen, aber Kitty schlug die graugrünen Augen sehr groß auf und antwortete honigsüß: »Aber genau das meinte ja Mr. West, Alec. Er fördert doch in so vorbildlicher Weise alle fortschrittlichen Ideen und ist bestimmt der erste, der den Plan, hier eine hübsche kleine Leihbücherei aufzuziehen, mit Freuden begrüßt. Ich finde immer, es ist keine vorteilhafte Reklame für einen Ort, wenn man nirgends ein gutes Buch bekommen kann, meinen Sie nicht auch, Mr. West?«
Sie hatte ihn schon vollständig eingewickelt, er glubschte sie nur noch stumpfsinnig an und willigte ein. Aber dann kam die Preisfrage zur Sprache, und das war eine harte Ernüchterung. Alles, was in der Nähe der Küste lag, erwies sich als unerschwinglich teuer.
»Ich möchte nur eine ganz winzige Behausung. Drei Räume würden vollauf reichen, wenn einer davon groß genug für die Bücherei ist«, drängte Pippa
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