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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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sich, machte mit einem schwerfälligen Satz kehrt und verschwand in der Dunkelheit. Pippa knallte die Tür zu und brach in ein befreites, halb nervöses Gelächter aus.
    >Was bin ich für eine dumme Gans<, dachte sie. Von einer simplen Kuh hatte sie sich derartig ins Bockshorn jagen lassen, sie, die in der Stadt nachts durch die verrufensten Gassen gegangen war, ohne sich etwas dabei zu denken. Aber natürlich konnte man das nicht vergleichen. Mit leicht zitternden Fingern zündete sie sich eine Zigarette an und redete sich streng ins Gewissen. Jahrelang hatte sie sich nach Einsamkeit, Freiheit und Ruhe gesehnt, und jetzt, nachdem ihr Wunsch endlich in Erfüllung gegangen war, benahm sie sich wie ein alberner Backfisch. Allerdings war es hier fast zu ruhig und einsam, das mußte sie zu ihrer eigenen Rechtfertigung zugeben.
    Sie lauschte angestrengt. Nichts als das regelmäßige Plätschern der Brandung und der leise Schrei eines Käuzchens im Geäst der Bäume. Nichts, wovor sie sich fürchten mußte, alles in Ordnung. Und doch hatte eine harmlos herumstrolchende Kuh sie ihrer gesunden fünf Sinne beraubt... Eine Kuh? War es auch wirklich eine gewesen? Neue, böse Ahnungen stiegen in ihr auf. Oder am Ende gar ein Bulle? Obwohl ihre anatomischen Kenntnisse in landwirtschaftlicher Beziehung keineswegs damenhaft oberflächlich waren, hätte sie es im Dunkeln doch nicht unterscheiden können. Sofort rollte vor ihrem geistigen Auge eine erschreckende Bildfolge ab. Sie und Balduin umzingelt von einer Herde wilder Stiere, gefangengehalten bis zum nächsten Morgen. Aber dann lachte sie sich selber aus. Dies war ja ein öffentlicher Verkehrsweg, und selbst wenn das Schlimmste passieren sollte, würde irgend jemand vorüberkommen und sie befreien. Wie auf ein Stichwort blendeten in diesem Augenblick Scheinwerfer auf, und ein Wagen gondelte in wildem Zickzackkurs an ihr vorbei. Sie schwankte einen Moment, ob sie ihn anhalten und sich nach einer Unterkunft in der Nähe erkundigen sollte, aber er kurvte so gefährlich von einer Straßenseite auf die andere, daß sie sich nicht getraute, aus Angst, der Fahrer könnte betrunken sein.
    Nein, für heute abend war an der Sache sowieso nichts mehr zu ändern, und sich deswegen vielleicht noch in Unannehmlichkeiten einzulassen, hatte keinen Sinn. Sie drückte ihre Zigarette aus und legte sich wieder hin, aber diesmal ließ der Schlaf auf sich warten. Der Platz, den sie sich hier ausgesucht hatte, lag doch recht abgeschieden, und sie neigte jetzt fast dazu, James mit seinen Warnungen recht zu geben.
    Das ärgerte sie jedoch wieder, und unruhig wälzte sie sich auf dem Polster hin und her. Bei geschlossener Tür war ihre Lage ziemlich unbequem und zudem die Luft im Wagen dumpf und heiß. Sie knipste die Taschenlampe an und guckte auf die Uhr. Erst zehn. Noch sieben Stunden bis zum Morgengrauen. Was sollte sie nur die ganze Zeit anfangen? Energisch konzentrierte sie ihre Gedanken auf die Einrichtung ihrer Leihbücherei. Dieses Regal sollte ausschließlich für Kriminalromane bestimmt sein und dort an der Längswand stehen, das andere die Biographien enthalten und seinen Platz an dem breiten Fenster bekommen. Sie sah sich schon im Geist ein erlesen kultiviertes Haus führen. Das Geschmacksniveau ihrer Leserschaft bedeutend heben und — wer weiß — sogar den ganzen Distrikt tonangebend beeinflussen. Träumerische Phantasien der imaginären Pippa vermischten sich mit ihren eigenen Zukunftsgedanken und lullten sie sacht in Schlaf.
    Aber diesmal sank sie nicht so tief in Morpheus Arme. Der frühe Mond war wieder untergegangen, die warme, dunkle Nacht durchbrach kein Laut. Ebbe hatte mittlerweile eingesetzt, und die Wasserfläche lag spiegelglatt, kaum von einem leichten Gekräusel bewegt. Die vagabundierende Kuh war verschwunden, und auch das Käuzchen schrie nicht mehr. Trotzdem fand Pippa keine Ruhe. Mehrmals änderte sie ihre verkrampfte Lage, und in ihrem Unterbewußtsein lauerte ein Rest von Wachsamkeit. Sie wollte nicht noch einmal durch einen derartigen Schock aufgestört werden.
    Daher erschrak sie auch nicht halb so heftig wie das erste Mal, als etwa eine Stunde später plötzlich die Wagentür gewaltsam aufgerissen wurde und eine laute Stimme sie ärgerlich anbrüllte: »So, hier steckst du also! Bist ja nicht sehr weit gekommen. Na, hoffentlich ziehst du daraus eine Lehre für die Zukunft.«
    Auf den ersten, noch schlafblinzelnden Blick erkannte Pippa, daß sie es hier mit einer

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