Es tut sich was im Paradies
affenartiger Geschwindigkeit hantierte und sein Mund keinen Augenblick Stillstand.
»Den Riß flicke ich morgen früh. Besser, man hat den Ersatzreifen immer dabei... So, das hätten wir. Alle an Bord — oder möchten Sie lieber selbst fahren?«
Pippa barst fast vor Neugierde, glaubte sich aber eine damenhafte Geste schuldig zu sein und antwortete heuchlerisch: »Ich kann doch auch hier warten. Ich friere schon nicht, wenn ich mich in eine Decke wickle.« Es sollte heroisch klingen und verfehlte auch seine Wirkung nicht.
»Den Teufel werden Sie tun«, entgegnete er grob. »Wer weiß, was Ihnen alles zustoßen könnte. Und wer sagt Ihnen denn, daß ich wieder zurückkomme? Sie sind verdammt vertrauensselig... Oh, Verzeihung, daß ich immer fluche, aber ich bin tatsächlich in Sorge. Sie hat keinen Führerschein und fährt wie der Satan... Da, schon wieder. Tut mir leid.«
»Hören Sie doch mit den ewigen Entschuldigungen auf«, erwiderte Pippa und richtete sich auf dem Mitfahrerplatz ein. »Meine Ohren sind nicht so zart besaitet.«
»Gut«, murmelte er zerstreut, während er den Gang einschaltete. »Komisch, das ist das gleiche Modell wie unserer. Kein Wunder, daß ich dachte, ich rede mit ihr.«
Pippa fand es nun allmählich an der Zeit, die Geschichte von Anfang an zu erfahren und platzte ohne falsche Hemmungen heraus: »Wer ist ihr?« Wobei ihr einen Moment Zweifel kamen, was James strenger getadelt haben würde, ihre haarsträubende Grammatik oder ihre zudringliche Neugierde.
Er fuhr langsam die Straße entlang, suchte mit den Augen aufmerksam die Böschungen zu beiden Seiten ab und antwortete kurz: »Kitty natürlich, meine Frau... Übrigens, ich bin Alec Moore.«
»Und ich Pippa Knox«, gab sie hochbefriedigt zurück. Jetzt wurde es interessant. Das war besser, als mutterseelenallein, von wilden Stieren bedroht, am Wegrand zu schlafen. Gleich würde er ihr alles erzählen, denn wem sollte man Vertrauen entgegenbringen, wenn nicht ihr? dachte Pippa selbstgefällig. Und sie würde ihm dann wertvolle schwesterliche Ratschläge geben.
Er wartete auch keine weitere Aufforderung ab, wahrscheinlich in dem Gefühl, ihr eine Erklärung schuldig zu sein.
»Sie müssen mich nicht für übergeschnappt halten, aber wissen Sie, sie lief ausgerechnet weg, als ich draußen bei Muriel war, und deshalb erfuhr ich es erst später. Wir hatten nämlich mächtigen Krach wegen der Tanzerei.«
Nach diesem vielversprechenden Anfang fand Pippa, eine weitere damenhaft überlegene Bemerkung ihrerseits könne nichts mehr verderben.
»Sie brauchen es mir nicht näher zu erklären, ich begreife vollkommen«, sagte sie und wartete ängstlich, ob er sie etwa beim Wort nehmen würde. Doch die Dunkelheit und seine nervöse Besorgtheit drängten ihn, sein Herz auszuschütten.
»Sehen Sie, Sie verstehen mich. Ich hab’s gleich bemerkt. Das kann ich ja ruhig sagen.«
Pippa frohlockte innerlich. Offenbar hatte ihm der eine Blick vorhin, als er das Deckenlicht anknipste, genügt. Ganz so fürchterlich abschreckend konnte sie demnach nicht ausgesehen haben.
»Das ist eben das Wohltuende an älteren Frauen, sie verstehen einen. Und das wär’s auch, was Kitty brauchte. Jemand Reiferen, Erfahreneren, an den sie sich wenden könnte. So etwas wie eine Tante.«
Während des tödlichen Schweigens, das daraufhin entstand, kam Pippa zu der endgültigen Feststellung, daß dieser junge Mann da neben ihr ein abscheulich unsympathischer Bursche sei. Möglich, daß sie nicht gerade besonders gut ausgesehen hatte, aber das konnte man ja auch von niemandem verlangen, mitten in der Nacht. Jeder einigermaßen gebildete Mensch wußte das und ging taktvoll darüber hinweg anstatt dummdreiste Bemerkungen über >Tanten< zu machen. Ohne jedoch ihre Verstimmung zu bemerken, fuhr er fort:
»Sicher, man kann ihr nachfühlen, daß sie das Landleben satt kriegt, sie ist eben noch ein halbes Kind und immer nur in der Stadt gewesen. Ich weiß auch, daß sie sich sehr darauf gefreut hatte, heute abend tanzen zu gehen, aber sie muß doch nicht gleich wie eine Brauseflasche explodieren und mir vorwerfen, Muriel sei mir wichtiger als sie.«
Pippa nickte im Dunkeln verständnisvoll vor sich hin. Die übliche Dreiecksaffäre. Aber sie hatte die >Tante< noch nicht verschmerzt und neigte deshalb dazu, Kittys Partei zu ergreifen.
»Die eigene Frau sollte immer an erster Stelle stehen«, sagte sie spitz und ärgerte sich gleich darauf maßlos, weil es tatsächlich wie
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