Es tut sich was im Paradies
lassen, weil Sie krank sind.«
»Nein, er gibt ihr ja die Schuld an meinem erbärmlichen Zustand, Weil es damals anfing. Aber nicht, daß sie das Baby kriegte, machte mich elend, sondern daß ich sie verlor, daß ich mitansehen mußte, wie sie da mutterseelenallein fortging, so ein blutjunges Ding.«
»Sie wird wiederkommen und das Baby mitbringen. Wäre das nicht herrlich?«
»Sie geben mir fast das Gefühl, als könnte es wahr werden. Der Kleine ist jetzt drei Jahre alt. Doris schickte mir vorige Woche ein Foto von ihm. Ich würde Ihnen das Bild gern zeigen, aber Schwester Price hat es, dort ist es sicherer. Ich fürchtete, er könnte es hier finden.«
»Ich würde es schrecklich gern sehen. Sobald es Ihnen besser geht, fahre ich Sie zum Krankenhaus, und dann können Sie’s mir zeigen. Aber ich glaube, für heute will ich lieber verschwinden, Sie sind müde. Morgen besuche ich Sie wieder, und wir sprechen weiter von Doris. Nach Ihren Erzählungen muß sie ja ein reizendes Menschenkind sein.«
»Oh, das ist sie, Miss Knox. Wenn nur mein Mann... Aber verstehen Sie, er war schon immer ein großer Verfechter von Anstand und Moral.«
Das konnte nun Pippa ganz und gar nicht verstehen, weil sich ihr ein anderes Bild vor Augen drängte: ein schmieriger, bekritzelter Zettel, ein schlampiges >Puppchen< und der ehrenwerte Sam West, der verstohlen an ein Fenster klopfte und eingelassen wurde. Anstand und Moral! Sie würde ihm den Wisch mit Wonne unter die Nase gehalten haben.
11
Eine Woche lang ging Pippa täglich zu Mrs. West, um sie zu versorgen, sah jedoch zu ihrer Erleichterung den unangenehmen Herrn Gemahl äußerst selten. Nach und nach schlossen sich die müde, enttäuschte Frau und das junge Mädchen enger aneinander an.
»Sie blüht unter Ihrer Pflege zusehends auf«, sagte Dr. Horton, und Pippa errötete vor Freude über die Wärme seines Tones.
»Es macht mir selbst Spaß, aber ich möchte so gern mehr tun. Wenn ich nur den gräßlichen alten Kerl dazu bringen könnte, Doris zurückzuholen.«
»Ziemlich aussichtslose Sache, fürchte ich. Ich habe ihn ein einziges Mal daraufhin angesprochen, aber er schnitt mir sofort das Wort ab und erklärte kurz angebunden, ich sollte mich lieber um die Gesundheit seiner Frau kümmern, anstatt mich in seine Privatangelegenheiten einzumischen. Womit er ja recht hatte.«
»Er spielt sich richtiggehend als Diktator auf hier im Dorf. Man fragt sich nur, wie er dazu kommt, wo ihn doch kein Mensch leiden kann.«
»Sie wissen ja, wie das in solch kleinen Gemeinden ist. Die meisten arbeiten von früh bis spät und haben keine Zeit, sich um andere Dinge zu kümmern, oder sie sind zu schüchtern, und gewöhnlich reißt dann einer alles an sich.«
Pippa mußte zugeben, daß sie diese Erfahrung auch schon gemacht hatte. Als sie sich einmal zu ein paar Dorfbewohnern über deren merkwürdige Wahl des Gemeindevorsitzenden äußerte, war die gleichgültige Antwort: »Ach, der alte Sam hat Freude an solchen Ämtern, und er setzt auch Dampf dahinter.«
»Ich kriege jedesmal die Wut, wenn ich daran denke, daß er der Königin vorgestellt wurde«, sagte sie zu Dr. Horton.
»Sie können nicht von jedem Mann der Öffentlichkeit ein Charakterzeugnis verlangen, bevor er seinen Diener machen darf.«
»Jammerschade. Jedenfalls das eine weiß ich, mit Sam, diesem Duckmäuser, rede ich noch ein Wörtchen wegen Doris, und es ist mir völlig schnuppe, wie er sich gebärdet.«
Aber die Gelegenheit dazu ließ mehrere Tage auf sich warten, und in der Zwischenzeit tauchte das Problem Freddy wieder auf. Etwa eine Woche nach seinem Unfall kam er zu ihrer Hintertür geschlichen, mit verbundenem Kopf und blutunterlaufenen Augen. Er bot ein mitleiderregendes Bild demütiger Zerknirschung. Pippa gab sich große Mühe, ihr Herz mit einem eisenharten Panzer zu wappnen, aber es gelang ihr natürlich nicht.
»Das war sehr unrecht von Ihnen. Ich weiß, Sie wollten mich nicht mit dem Schnaps sitzenlassen, aber Sie durften meinen Schuppen nicht für Ihren Alkoholschmuggel benutzen.«
»Ich bin da quasi reingeschlittert, Miss, aber ich wollte Sie bestimmt nicht in die Patsche bringen. Auf Ehre nicht.«
»Ich glaube es Ihnen, aber Schleichhandel mit Sprit ist streng verboten und verstößt gegen das Gesetz.«
»Och, hören Sie auf, Miss. Was ist denn schon Schlimmes dabei? Jemandem ist der Whisky ausgegangen, in der Kneipe kann er sich keinen besorgen, aber ich kann ihm welchen verschaffen, das
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