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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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langsam fort: »Drohungen machen nicht den geringsten Eindruck auf mich — und Hunde erst recht nicht. Ich verlange eine offene Antwort von Ihnen. Was haben Sie mit diesen Andeutungen gemeint?«
    Sie holte tief Luft und rief sich ins Gedächtnis, daß sie für Mrs. West und Doris kämpfte, dann sagte sie: »Hier ist Ihre offene Antwort. Mit welchem Recht reden Sie von Moral und spielen gleichzeitig mit einem Puppchen herum? Und sie brauchen sich auch gar nicht so vor mir aufzublasen — schließlich ist es Ihr eigener Fehler, wenn Sie die Liebesbriefe Ihrer Flamme in den Leihbüchern stecken lassen.«
    Die gefleckte Röte wich aus seinem Gesicht, er tat einen Schritt vorwärts — aber nur einen einzigen, denn Mohr stand wie eine Mauer zwischen ihnen, und es hätte eines mutigeren Mannes als Sam West bedurft, der Drohung dieses sprungbereit lauernden Wächters zu begegnen. Er keuchte ein paarmal heftig und flüsterte dann: »Dieser verdammte Zettel — gesucht und gesucht habe ich danach. Geben Sie ihn heraus — er gehört Ihnen nicht.«
    »O nein, ich denke nicht daran. Gefunden ist gefunden«, und mit einer dramatischen Geste, die ihr ein verborgener schauspielerischer Instinkt eingab, deutete sie auf den Schreibtisch, in dem sich der Zettel längst nicht mehr befand. »Sie kriegen ihn erst, wenn Sie sich Ihrer Frau und Doris gegenüber anständig benehmen.«
    Über die lebende schwarze Barriere hinweg maßen sie sich mehrere Sekunden lang mit den Blicken, dann wendete sich West langsam zur Tür. Mohrs Augen bettelten flehentlich: >Muß ich ihn gehen lassen?< Und sie antwortete: »Ja, laß ihn laufen — ein Glück, daß wir ihn los sind.«
    Mit diesen Worten im Ohr verließ Sam West das Haus, und Pippa kehrte zu ihrem Abendbrot zurück, auf das ihr allerdings inzwischen jeglicher Appetit vergangen war, wie sie ärgerlich feststellte. »Weil ich so allein bin«, sagte sie laut. »Wenn Pam jetzt hier wäre, dann hätten wir erst den richtigen Spaß daran.«
    Gegen Ende der Woche ging sie wieder ins Krankenhaus, wo sie Jane bereits mit den aufgeregten Worten empfing: »Oh, da sind Sie endlich. Mrs. West kann’s gar nicht erwarten, Sie zu sehen«, und sie in das kleine Einzelzimmer führte, in dem Mrs. West ausnahmsweise liegen durfte. Pippa stutzte beim Anblick eines fremden Gesichtes, aber die Kranke streckte ihr eifrig die Arme entgegen.
    »Oh, wie gut! Ich habe mir so gewünscht, daß Sie kommen. Raten Sie, wer das ist!«
    Da brauchte man nicht lange zu raten, denn Mrs. Wests Augen sprachen beredt genug. Pippa lächelte und hielt dem Mädchen, das vom Stuhl neben dem Bett aufgestanden war, die Hand hin.
    »Doris! Das ist ja wunderbar. Jetzt wird sich Ihre Mutter aber schnell wieder erholen.«
    Doris war ein stilles, freundliches Geschöpf, nicht besonders hübsch, fand Pippa, aber sie sah nett aus. Ihre Augen blickten klar und offen, ihr Mund hatte einen versonnenen Zug. Sie war eigentlich genau so, wie Pippa sie sich vorgestellt hatte, bis auf eine deutlich spürbare innere Kraft, die man bei einem so jungen Mädchen kaum vermutete. Aber kein Wunder, dachte Pippa, sie hatte ja schon einiges durchgemacht. Ihre Stimme klang warm und ausgeglichen.
    »Sie sind so gut zu Mama gewesen, Miss Knox, und es war mir eine große Beruhigung, daß Sie sich ihrer angenommen haben.«
    »Ich hab’s gern getan. Aber nun sind Sie ja da und werden selbst nach dem Rechten sehen.«
    »Ich wollte, ich könnte es, aber ich muß heute abend wieder nach Wardville.«
    Das war ein unerwarteter Schlag. Pippa hatte fest geglaubt, Sam West habe, eingeschüchtert durch ihre Drohungen, nach seiner Tochter geschickt. Ihr war schon der Stolz über ihren Erfolg beinah zu Kopf gestiegen, und nun schien es, als sei dieses Wiedersehen gänzlich ohne ihr Zutun zustande gekommen.
    »Heute abend schon? Können Sie nicht noch einen Tag bleiben?«
    »Sie waren im Geschäft sogar sehr großzügig und haben mir drei Tage freigegeben, aber sehen Sie, nach Hause kann ich nicht, und sonst wüßte ich nicht wohin.«
    »Dann übernachten Sie eben bei mir. Ich habe zwar kein Fremdenzimmer, aber wir können ein Feldbett im Wohnzimmer aufschlagen. Bitte, kommen Sie, Doris, es wäre doch lachhaft, wenn Sie jetzt weggingen und im Hotel schliefen. Wenn Sie bei mir wohnen, haben Sie auch viel mehr Zeit für Ihre Mutter.«
    Sie verabredeten schließlich, daß Doris noch bis acht Uhr ihrer Mutter Gesellschaft leisten und dann zu Pippa kommen sollte. Als sie mit ihr

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