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Es tut sich was im Paradies

Es tut sich was im Paradies

Titel: Es tut sich was im Paradies Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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und wir machen alle Fehler.«
    »Bedauerlich, daß die Leute nicht strikter sind in ihren Erziehungsprinzipien. Da sieht man, wohin die Moral hierzulande treibt. Wir als Führer der Gemeinden haben die Pflicht, sie hochzuhalten.«
    Jetzt explodierte Pippas Temperament, das sie bis dahin gezügelt hatte, mit Vehemenz.
    »Ach steigen Sie mir doch auf den Buckel mit Ihrer Moral«, rief sie wenig ladylike und bitterböse. »Sie haben’s nötig, von Moral zu reden — Sie und Ihr Puppchen.«
    Während sie ihn zornig anstarrte, sah sie, wie sein Gesicht grau wurde und sich zu einer von Schreck und Haß verzerrten Maske verzog. Er lehnte sich weit über den Schreibtisch und kam so dicht an sie heran, daß ihr einen Moment angst und bange wurde.
    »Puppchen?« krächzte er. »Was sagen Sie da? Sie sind vollständig übergeschnappt, wissen Sie das? Wer ist Puppchen? Ich kenne kein Puppchen«, und in diesem Augenblick betraten zu Pippas Erleichterung zwei Abonnenten die Bibliothek.
    Später, als sie allein war, ärgerte sie sich sehr, daß sie sich nicht besser in der Gewalt gehabt hatte. Immerhin, einen Pluspunkt konnte sie für sich buchen — sie hatte das schlechte Gewissen deutlich auf seinem Gesicht gelesen. Das Dumme war nur, daß sie nichts besaß, womit sie ihre Anschuldigung beweisen konnte. Nichts? Wo war denn dieser Brief? Sie versuchte sich an den Tag zu erinnern, an dem sie ihn gefunden hatte. Pam war gerade in der Minute angekommen, und sie hatte alles andere völlig vergessen. Hatte sie ihn etwa vernichtet? Jedenfalls lohnte es sich, danach zu suchen.
    Und sie fand ihn endlich auch. Er war zwischen die Seiten eines Katalogs gerutscht, und sie erschrak über ihre eigene Unvorsichtigkeit. Wie leicht hätte ihn irgend jemand darin entdecken können! Sie studierte ihn aufs neue. Allerdings, belastend genug . Sa m West dürfte einige Mühe haben, sich da herauszulügen. Wenn sie nur wüßte, wer >Puppchen< war... Na, auf jeden Fall besaß sie damit eine wirksame Waffe, und sie wollte sie hüten wie einen kostbaren Schatz.
    Als sie beim Abendbrot saß und Mohr, wie immer, dicht an ihrer Seite, ertönte ein leises Klopfen an der Küchentür. Draußen stand Sam West mit abwägender, aber herausfordernder Miene. Pippa ergriff sofort die Offensive.
    »Tut mir leid, Mr. West, die Leihbücherei ist schon geschlossen.«
    »Ich will nicht in die Leihbücherei. Ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    Pippa rief Mohr zu sich und ging resolut voraus in die Bibliothek, wo sie sich den strategisch günstigsten Standort hinter dem Schreibtisch aussuchte. Durch das kleine Podium, auf dem er sich befand, erreichte sie beinah die gleiche Körpergröße wie ihr Gegner, ein Vorteil, den sie vielleicht nötig haben würde, wie ihr ein unbestimmtes Gefühl sagte.
    »Ich bin kein Mensch, der Streit sucht«, begann Sam West in der biederen, bedächtigen Art aller Choleriker, »aber mir gefiel Ihr Ton neulich nicht. Ich möchte wissen, was Sie damit meinten, Miss Knox.«
    »Neulich?« fragte Pippa mit scheinheilig verdutztem Gesicht. »Was sagte ich denn neulich?« >Jetzt<, setzte sie in Gedanken hinzu, >muß er die Karten aufdecken.<
    Ihre gespielte Ahnungslosigkeit bewirkte mehr als das, sie erboste ihn.
    »Und auf Wortklaubereien lasse ich mich auch nicht ein. Sie sagten: >Sie haben’s nötig, von Moral zu reden<, und machten anschließend noch eine Bemerkung über jemanden, den Sie >Puppchen< nannten... Das ist ein Fleck auf meiner einwandfrei reinen Weste, dieser Vorwurf von Ihnen, und ich fühle mich dadurch in meiner Ehre angegriffen... Was die andere Äußerung betrifft, da waren Sie wohl nicht ganz bei Sinnen, denn von einem >Puppchen< habe ich noch nie im Leben gehört.«
    Pippa beobachtete ihn wachsam. Er sah sehr zornig aus, und sie war allein im Haus. Sie sprach leise zu Mohr, der sich sogleich erhob und sich mit gesträubter Rückenborste zwischen sie und Mr. West postierte.
    »Nieder, Mohr — nieder, bis ich’s dir sage. Seien Sie nicht nervös, Mr. West, er ist ganz harmlos, außer wenn er glaubt, daß mich jemand angreifen will. Dann allerdings kann man für nichts garantieren, und Neufundländer sind so unheimlich stark, nicht wahr?«
    West schnaufte schwer, und sein Gesicht war purpurrot gefleckt vor Wut und Bedrängnis. Pippa hoffte, er würde nicht ausgerechnet in ihren vier Wänden einem Kollaps erliegen, es wäre so schwierig zu erklären, was er nach Geschäftsschluß noch bei ihr zu suchen gehabt hat.
    Er fuhr

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