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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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liebreizenden Prinzessin Charlotte davonstehlen wollte? Was für ein närrischer Haderlump müsste ich dann wohl sein?«
    Gretel wusste nicht, wo sie anfangen sollte, diesen Haufen an Beleidigungen und Ungenauigkeiten zu sortieren.
    »Schau«, sagte sie zu ihm, so ruhig ihre Nerven es gestatteten, »das ist alles, was ich an Geld habe. Wenn du mich rausbringst, können wir uns irgendwo treffen, und ich gebe dir noch mal so viel.«
    Der Kopf der Wache ruckte zu dem Bauern herum.
    »Was ist mit ihm?«
    »Was? Ach so, richtig. Den kannst du auch haben.«
    »Ich meine, willst du, dass ich ihn auch raushole? Ich tue nichts umsonst. Mehr Leute, mehr Risiko, mehr Geld.«
    Irgendwann während des Gesprächs hatten sich Bruders Ohren weit genug aufgerichtet, dass er die Dinge hören konnte, die für ihn wichtig waren.
    »Lass mich hier nicht zurück! Ich flehe dich an, rette einen armen, einfachen Bauern. Denk daran, dass ich Mitleid mit dir hatte, als du so allein auf der Straße warst. Dass ich dich vor einem langen, einsamen Weg bewahrt habe.«
    »Ich denke eher daran, dass du mir dafür Geld abgeknöpft hast.«
    »Bitte!«
    Gretel musterte den kleinen Mann angewidert. Selbst in dem schlechten Licht im Inneren des Kerkers glänzten seine Wangen rot, das ganze Gesicht ein Bild der Verzweiflung, und seine Kniehose stank nicht mehr nur nach Urin.
    »Nenn mir einen Grund, warum ich dir helfen sollte.«
    »Ich spiele jeden Freitag Karten mit deinem Bruder.«
    »Das reicht nicht.«
    »Ich habe eine Scheune voller Kartoffeln   – sie können dir gehören.«
    »Verlockend, aber nein, tut mir leid.« Gretel wandte sich wieder der Wache zu. »Nur ein Fahrschein, bitte.«
    »Nein, warte!« Der Bauer sprang mit erstaunlicher Behändigkeit auf sie los und umklammerte ihren Arm. Dabei fiel Gretel ein schmales Band an seinem linken Handgelenk auf. Beinäherer Betrachtung erkannte sie, dass es kein Band war, sondern ein rotes Samthalsband von der Art, wie Frau Hapsburgs Katzen es trugen.
    »Wo hast du das her?«, herrschte sie ihn an.
    »Was?«
    »Das Ding da an deinem Handgelenk.«
    In Bauer Bruder erwachte ein tief verwurzelter Selbsterhaltungsinstinkt. Er zerrte den Ärmel herab, um das Halsband zu verstecken.
    »Nimm mich mit, dann sag ich’s dir«, verkündete er.
    »Du bist ein ekelhaft durchtriebener kleiner Mann«, verriet ihm Gretel.
    Bald darauf geleitete die Wache sie einen gewundenen Gang hinunter, der tiefer unter das Schloss führte. Mit jedem Schritt wurde es kälter, die Luft feuchter und fauliger.
    »Bist du sicher, dass es da rausgeht?«, fragte Gretel.
    »Natürlich. Ich arbeite hier, seit ich ein Knabe war. Ich kenne jeden verborgenen Tunnel und jede Geheimtür, die es hier gibt. Du bezahlst mich für meine Sachkenntnis«, sagte die Wache.
    »Erinnere mich nicht daran«, gab Gretel zurück.
    »Wartet auf mich!«, jammerte Bruder.
    »Beeil dich ein bisschen«, wies Gretel ihn an und bemühte sich nach Kräften, ihre schmerzenden Blasen zu ignorieren.
    »Da wären wir«, verkündete der Wachmann in einem Ton, der verhieß: Ich hab’s dir ja gesagt.
    Sie standen vor einer kurzen Treppe, an deren Fuß sich eine Tür mit schweren Beschlägen befand. Der Wachmann eilte die Stufen hinunter und kämpfte mit dem großen Eisenriegel, mit dem die Tür gesichert war.
    Und kämpfte und kämpfte.
    Gretel verlor die Geduld.
    »Herrgottsakra, lass mich das machen«, rief sie, stieß den hageren Mann zur Seite, ergriff mit beiden Händen den Riegel, lehnte sich mit ihrem ganzen Gewicht zurück und stemmte ihn hoch. Doch es gelang ihr gerade mal, ihn zur Seite zu rücken. Metall rutschte mit zwerchfellzerfetzendem Kreischen über Metall, bis die Tür sich mit einem erfreuliches Klong! öffnete.
    »Weiter gehe ich nicht«, sagte die Wache. »Von jetzt an seid ihr auf euch selbst gestellt.«
    »Gib uns wenigstens die Laterne«, forderte Gretel.
    »Sei nicht albern, man würde euch binnen einer Minute entdecken. Der Mond scheint. Haltet euch einfach an die Schlossmauer. Der folgt ihr, bis ihr den Eingang zum Westflügel erreicht habt. Die Wache dort dürfte inzwischen tief schlafen. Der Haderlump, der narrische, taugt nichts, ich hab’s immer wieder gesagt, der bettelt um seinen Rauswurf, wenn ihr mich fragt, aber auf mich hört ja niemand   …«
    »Ja, ja, das ist alles sehr interessant. Aber was machen wir dann?«
    »Dann müsst ihr zum Wald. Klettert über den Zaun und folgt dem Waldrand eine halbe Meile, dann kommt ihr wieder

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