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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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(ja, die Gretel) aus Gesternstadt alles gelaufen war, hörtesie ein kurzes Zischen, als ein Pfeil unter ihrer Nase vorbeipfiff und sich in die Brust des Löwen bohrte, der ihr am nächsten war. Die Kreatur fiel geräuschlos um und war schon tot, ehe sie zum Liegen kam.
    Gretel ließ sich von der Überraschung, die ihr zuteilgeworden war, nicht aufhalten, sondern stürzte sich auf den Zaun. Wo der Pfeil hergekommen war und wer ihn abgeschossen hatte, wusste sie nicht, und es war ihr auch egal. Über ihr versuchte Bauer Bruder immer noch, sich ganz hinaufzuziehen, als plötzlich ein anderer Löwe aus dem Schatten emporsprang und ihn herunterriss.
    Gretel wuchtete sich auf die oberste Holzlatte. Sie konnte Bruder nicht sehen, konnte aber seine Schreie hören, die allerdings bald abbrachen und vom Krachen berstender Knochen ersetzt wurden, die von machtvollen Kiefern zermalmt wurden   – ein Geräusch, bei dem sich Gretel der Magen umdrehen wollte. Sie nutzte die günstige Position auf dem Zaun, um nach dem geheimnisvollen Bogenschützen Ausschau zu halten, konnte aber nichts entdecken. Schließlich ließ sie sich hinunterfallen und landete schwer auf dem Waldboden. Stolpernd kam sie auf die Beine, schlug sich den Staub aus den Kleidern und stapfte Richtung Heimat, begleitet von den unvergesslichen Lauten der den Bauern verspeisenden Löwen, die durch den Wald hallten.
    Kurz vor Anbruch der Morgendämmerung war Gretel sicher in ihrem eigenen Wohnzimmer angelangt. Hänsel gegenüber (der nach dem nächtlichen Pokerspiel im Gasthaus noch auf war) hatte sie nur unzusammenhängendes Gebrabbel zustande bekommen, doch er hatte erkannt, wie er ihr später erzählte, dass ihr Zustand ernst war, weil sie ihre kostbaren Schuhe nicht trug.
    Und so kam es, dass Gretel noch in derselben Stunde im Nachtgewand auf ihrem Sofa saß, die Füße eingeweicht in eine Schüssel mit heißem Lavendelwasser, und abwechselnd an Suppe und Weinbrand nippte. Die Sonne war wieder aufgegangen, und die ersten besänftigenden Strahlen trieben durch die staubigen Fenster herein. Gretel glaubte, nie einen so schönen Morgen erlebt zu haben, und stellte überrascht fest, dass sie eine Träne für den armen, nichtsnutzigen Bauern niederkämpfen musste, der das Sonnenlicht nie wieder sehen würde. Im Geiste versuchte sie, die Ereignisse der Nacht zu rekonstruieren, aber es gab da ein paar rätselhafte Dinge, aus denen sie einfach nicht schlau wurde. Warum, beispielsweise, war Prinzessin Charlotte mit einem Unbekannten durch den Wald geschlichen? Und warum hatte sie Gretel und den alten Bauern beschuldigt, sie entführt zu haben? Und wer hatte den Pfeil abgeschossen, der ihr zweifelsohne das Leben gerettet hatte?
    Und dann waren da auch immer noch die gestohlenen Katzen, um die sie sich kümmern musste. Inzwischen war sie ernsthaft pleite. Außerdem würde in wenigen Tagen der Wachmann auftauchen, um die zweite Hälfte des Bestechungsgeldes einzutreiben. Zu allem Überfluss bestand die Möglichkeit, dass der König die Jagd auf sie eröffnete, falls die Prinzessin weiterhin behauptete, sie, Gretel, habe sie entführt. Ein Anwalt wäre wohl eine gute Idee, aber Anwälte waren teuer.
    Nebenbei bekam sie nun auch keine Gelegenheit mehr, Bauer Bruder nach dem Katzenhalsband an seinem Handgelenk zu fragen.
    Sie erinnerte sich, dass Agnes ihr erzählt hatte, ein Troll hätte Informationen über den Verbleib der Katzentiere. Wenn sie ihn finden und ihm ein paar Einzelheiten entlocken konnte,könnte sie Frau Hapsburg Bericht erstatten und mit Fug und Recht mehr Geld fordern. Außerdem, so überlegte sie, war es keine schlechte Idee, ein paar Tage zu verschwinden, nur für den Fall, dass der König seine Soldaten schickte, um sie zu suchen. Oder, noch schlimmer, den verhassten Feldobergendarm Strudel beauftragte, sie zu verhaften.
    Gretel war bereit, eine weite, sehr weite Strecke zu gehen, damit ihm diese Genugtuung verwehrt blieb. Außerdem erinnerte sie sich an den von Agnes verheißenen großen, düsteren, attraktiven Fremden, und ein deutliches Bild des gut aussehenden Dieners im Schloss regte sich in ihrem Geist, doch sie schüttelte nur den Kopf, um diesen Unsinn zu verscheuchen.
    »Hänsel!« Sie stellte ihre Suppenschüssel weg. »Wo sind die Landkarten?«
    »Welche Landkarten?«
    »Alle, die wir haben. Ich muss einen Troll ausfindig machen. Er lebt in der Nähe eines großen Sees unter einer Brücke, also muss es da auch einen Fluss geben. Und einen Ort,

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