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Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition)

Titel: Es war einmal ein Mord: Ein Hänsel und Gretel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. J. Brackston
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und wusste nicht, ob sie das wollte, aber dass er offensichtlich nur der Vergnügungen des Tages wegen hierwar, verriet ihr, dass man ihn nicht ausgeschickt hatte, um nach verirrten Entführern zu suchen und sie ins Schloss zurückzuschleifen. Mit neuem Mut nutzte sie ihren kleinen Vorteil.
    »Gibt es schon etwas Neues über die verbrannte Leiche auf Hunds Grundstück?«, fragte sie.
    »Das ist Sache der Feldgendarmerie.«
    »Habt Ihr noch ein paar Hinweise finden können?«
    »Unsere Untersuchungen schreiten auf eine der Lage angemessene Weise voran.«
    »Ganz wie ich dachte.«
    Strudel nahm wieder einen kräftigen Schluck Debilitator. Als er Gretel dann wieder anschaute, kniff er die Augen zusammen, was diese ihrer kleinen Höhen wegen veranlasste, vollständig zu verschwinden. Dann schwankte er nach links, dann nach rechts und fragte mit schleppender Stimme: »Du magst mich nicht, was, Fräulein?« Es war eher eine Feststellung als eine Frage.
    Gretel biss sich auf die Unterlippe. War Ehrlichkeit die beste Taktik? Konnte sie die Gelegenheit nutzen, ihm zu sagen, wie wenig sie von ihm hielt, und sich auf der Gewissheit ausruhen, dass er sich an nichts mehr erinnern würde, was nach seinem ersten Schluck Bier stattgefunden hatte?
    Durfte sie?
    Sollte sie?
    »Nicht sehr«, sagte sie.
    »Ich hab’s gewusst. Ich hab’s gewusst!« Strudel freute sich diebisch, dass er recht behalten hatte   – vermutlich, nahm Gretel an, weil er selten mit irgendetwas richtiglag. »Ich sehe, was die Leute denken«, fuhr er fort und tippte sich an die Seite seines Riechorgans. »In meinem Beruf muss man eine Nase für so etwas haben.«
    »Die habt Ihr gewiss.«
    Strudel rülpste und trank noch einen Schluck Bier.
    »Eigentlich«, sagte er dann, beugte sich in gefährlichem Winkel nach vorn und winkte Gretel, näher zu kommen. Sie rückte einen Zoll näher heran, und Strudel flüsterte: »Eigentlich nur zwischen dir und mir   … ich dachte immer, wir würden ein gutes Gespann abgeben, du und ich.«
    »Ihr und ich?«
    »Du und ich.« Er nickte. Als er ihre fassungslose Miene sah, fügte er hinzu: »Detektivischig   … detektatorisch   … meine ich, nicht   … romantissistig. Klar, Frollein?«
    »Klarer als das Gebirgsquellwasser an der Zugspitze.«
    »Dassisgut, du sollst drüber nachdenken. Du und ich«, sagte er immer noch nickend, was offenbar eher eine Wirkung des Alkohols war als eine bewusste Handlung.
    Gretel kämpfte mit ihrem Ekel vor jeder Art von »Du und ich« im Zusammenhang mit Strudel. Genau das wollte sie ihm gerade verständlich machen, als sich das Gebrüll der Menge in Lautstärke und Tonhöhe änderte. Angstvolle Schreie und Warnrufe erklangen. Das Meer der Zecher teilte sich und gab den Blick frei auf das noch immer halb volle Fass, das von der höchsten Stelle des Platzes aus hangabwärts rollte und mit jeder Umdrehung schneller wurde. Frauen schnappten sich ihre Kinder und flüchteten. Der Selbsterhaltungstrieb bahnte sich seinen Weg durch das trunkene Fieber und zwang schließlich auch die Männer, sich in Sicherheit zu bringen. Auch Gretel rannte los. Strudel jedoch stand wie angewurzelt da, umklammerte seinen Maßkrug und starrte dem sicheren Tod entgegen, der direkt auf ihn zu polterte.
    »Strudel, du Depp, aus dem Weg!«, rief Gretel.
    Er rührte sich nicht. Gretel vergaß Mönche und Fastenbier,verfluchte ihr Gewissen, stürzte sich auf den dünnen Feldobergendarmen und schleuderte ihn auf die Pflastersteine, eine Handbreit von der Bahn des dumpf rumpelnden Fasses entfernt. Als ihr massiger Körper auf Strudel landete, vermeinte sie das Geräusch splitternder Knochen zu vernehmen. Das Fass donnerte wenige Zoll von dem bäuchlings daniederliegenden Paar vorüber. Gretel mühte sich auf die Beine.
    »Strudel? Strudel, Mann, sprecht!« Sie stupste ihn mit dem Fuß an. Er hatte eine teigige Gesichtsfarbe, was immerhin passend war, und jammerte leise. Endlich stöhnte er vernehmlich und kam wieder zu Sinnen.
    Gretel drehte sich um und suchte nach dem Diener des Königs, doch der war verschwunden. Kruzifix! Für einen Moment wünschte sie sich, sie hätte Feldobergendarm Strudel von dem Fass plattwalzen lassen, sagte sich dann aber, es könnte noch nützlich sein, ihn eines Tages in einer nicht allzu fernen Zukunft daran zu erinnern, dass sie ihm das Leben gerettet hatte.
    Der Tag ging stolpernd in einen benebelten Nachmittag über, und Gretel machte sich unauffällig davon. Das Fass war geborgen, das

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