Es war einmal in New York / Nie wieder sollst du lieben
Arm. „Oh doch, das kenne ich.“
„Oh Gott, wo sind heute bloß meine Manieren? Miss Cahill, Sie sind so gut zu meiner Tochter gewesen, als Sie sie letzten Monat vor diesen schrecklichen Männern retteten! Nehmen Sie doch bitte Platz. Bridget! Setz den Kessel auf, wir trinken Tee“, sagte sie freundlich, während ihr noch Tränen über die Wangen liefen. „Es ist englischer Tee, etwas ganz Besonderes. Ich habe ihn mitgebracht.“ Offenbar bezog sie sich damit auf die Übersiedlung von Irland nach New York, die noch nicht allzu lange zurücklag.
„Danke“, erwiderte Francesca und setzte sich. Gwen blieb weiter stehen. „Also haben Sie niemanden sehen können?“
„Nein, wirklich nicht. Trotzdem wurde ich das Gefühl nicht los, und zwar den ganzen Weg von der Wache bis hierher.“
Francesca nickte verstehend. „Setzen Sie sich doch auch. Sie haben einen sehr aufreibenden Tag hinter sich.“
Gwen war aber bereits zum Herd gegangen, um die Suppe umzurühren. „Sie denken bestimmt, ich bin verrückt“, sagte sie über die Schulter.
„Nein, keineswegs.“
„Bridget, geh dir das Gesicht und die Hände waschen.“
Ihre Tochter hatte die letzten Minuten schweigend in der Ecke des Zimmers gestanden, an der ein Tresen den Ofen mit dem Waschbecken verband. „Ich will wieder nach Hause!“, rief sie wie aus heiterem Himmel. „Ich hasse es hier! Und ganz besonders hasse ich Lord Randolph!“
Francesca stand auf, da sie den dringenden Wunsch verspürte, das Kind in die Arme zu nehmen, um es zu trösten.Sie fragte sich, wer wohl Lord Randolph war. Gwen kam ihr aber zuvor und drückte ihre Tochter an sich. „Ich weiß, Darling, ich weiß. Aber wir können nicht zurück nach Hause. Du weißt, wir können niemals zurück.“
Bridget brach in Tränen aus und verschwand hinter dem Vorhang, der ganz offensichtlich den Schlafbereich vom Rest des Zimmers abteilte. Gwen stand da und sah den senffarbenen Stoff an. Sie wirkte innerlich zerrissen und bekümmert. Was ihre letzte Bemerkung zu bedeuten hatte, war Francesca nicht klar. Warum konnte sie mit ihrer Tochter nicht mehr nach Hause zurückkehren?
Sie ging zu Gwen und legte eine Hand auf ihre Schulter. „Es muss sehr schwer für Sie und Ihre Tochter sein, in einem fremden Land ganz von vorn anzufangen und sich ein neues Leben aufzubauen.“
„Es ist sehr schwer“, antwortete Gwen leise. „Ich habe versucht, gute Arbeit zu finden, aber eine Anstellung bekam ich nur in einer Fabrik. Wir stellen den ganzen Tag Kerzen her. Zu Hause war ich Dienstmädchen in einem Herrenhaus hoch oben auf einem Hügel. Wir mussten nie hungern“, fügte sie an.
Erst vor kurzem hatte Francesca selbst ein neues Dienstmädchen eingestellt, obwohl sie genügend Personal hatten. Ellie war eine Bettlerin gewesen, die einen Mord mit ansehen musste, und inzwischen war sie das eifrigste Dienstmädchen im Haus der Cahills. Doch Francesca kannte ihre Mutter Julia gut genug, um zu wissen, dass sie keinen weiteren Samariterdienst dulden würde.
Allerdings überlegte Francesca, ob ihre Schwester wohl noch eine Hausangestellte gebrauchen könnte. Das wäre die ideale Lösung. „Haben Sie Referenzen?“, fragte sie.
Gwen wich ihrem Blick aus. „Ich fürchte, damit kann ich nicht dienen.“
Die Antwort überraschte Francesca, doch sie hielt es indiesem Moment für klüger, nicht weiter nachzuhaken. Außerdem war sie auch so überzeugt davon, dass Gwen als Dienstmädchen hervorragende Arbeit leistete. Da kam ihr eine Idee. Calder Hart! Ihre Miene hellte sich auf. Ihm würde es gleich sein, ob sie eine weitere Hausangestellte in sein Mausoleum mitbrachte, das er als sein Heim bezeichnete. Sie nahm sich vor, Gwen so bald wie möglich von Calder einstellen zu lassen. „Darf ich Ihnen einige Fragen stellen, Mrs O’Neil? Ich ermittele im Mord an Margaret.“
Gwen nickte, dann setzte sie sich mit einem lauten Seufzer hin, Francesca nahm neben ihr Platz. „Kannten Sie Margaret Cooper?“
Wieder ein Kopfnicken. „Sie wohnte bereits hier, als wir herzogen. Sie war sehr sympathisch und freundlich, und sie bot sich an, mir und Bridget zu helfen, damit wir uns schneller einleben konnten. Sie half mir auch, eine erste Arbeit zu finden. Allerdings musste ich dafür immer so weit bis nach Downtown gehen, dass ich schließlich kündigte und die Stelle in der Kerzenfabrik annahm. Ein- oder zweimal haben wir zusammen gegessen. Sie war ein guter Mensch, Miss Cahill. Den Tod hatte sie nicht
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