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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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jetzt schon ewig – was anderes machte er nie. Ich durfte nicht mal der Schlagmann sein, wenn er trainierte, er wollte die Bälle nur auf die Markierungen werfen, die er neben dem Laden aufgemalt hatte, immer und immer wieder. Er meinte, er müsse seine Technik vervollkommnen . Er wollte den Ball des Jahrhunderts schlagen, genau wie Shane Warne ein paar Monate zuvor bei The Ashes. Das war langweilig. Na egal, ich fuhr mit dem Motorrad allein zum Clear Water See raus. Ich glaub, ich war eine ganze Zeit lang weg. Die Zeit steht still, wenn ich jetzt an diesen Tag zurückdenke.
    Als ich wieder auf die Farm kam, stellte ich das Motorrad ab und ging an den Hühnern vorbei, die waren ganz flatterig und gestresst, aber ich machte mir deswegen nicht groß Gedanken. Ich hüpfte die Treppe zur Hintertür hoch und stieß ganz normal die Fliegentür auf. Ich ging ins Esszimmer. Da hörte normal dann auf. Ich wusste sofort, dass was Schlimmes passiert war. Es war komisch. Alle waren da – nur Jonny nicht natürlich –, aber es war nicht Essenszeit. Keiner sagte was. Sie starrten irgendwie nur alle, aber nicht auf was Bestimmtes. Ich wusste nicht, ob ich fragen durfte, was los war, deshalb blieb ich einfach stehen und hoffte, jemand würde mir sagen, was ich machen sollte. Mum war es gewesen, die gesagt hatte, ich solle mich hinsetzen. Ich ging zu dem Platz neben ihr und legte meine nassen Badesachen vor mir auf den Tisch. Ich sah Mums Hand auf der von Dad liegen. Ihre Hände ruhten einfach so vor ihnen auf der Tischdecke – als ob es eigentlich gar nicht ihre wären. Mums Stimme war piepsiger als sonst, als sie sagte: »Es hat einen Unfall gegeben.« Ich hörte zu und wartete. Sie schien nicht zu wissen, was sie als Nächstes sagen sollte. Mein Kopf fühlte sich benebelt und leer auf einmal an. Geräusche waren unwirklich. Schließlich sagte Mum: »Es ist Jonny.« Als ich in die Tischrunde schaute, wusste ich, dass es kein anderer sein konnte als er. Er war der Einzige, der fehlte.
    Ich hörte auf, mit der Pommie zu reden, und steckte die Karte in meine Hemdtasche – an meiner Brust fühlte sie sich ganz steif an. Liz fragte: »Was ist dann passiert?« Also erzählte ich ihr, dass ich zu viel Angst gehabt hatte, um Mum noch irgendwelche Fragen zu stellen. Ich starrte so ungefähr ewig meine Badesachen vor mir auf dem Tisch an und überlegte, was ich tun sollte. Ich wagte nicht aufzuschauen. Ich dachte die ganze Zeit, wenn ich jetzt aufstehen und rausgehen würde, könnte ich wieder reinkommen, und dann wäre alles wieder wie immer. Keine Ahnung, warum, aber ich konnte mich nicht bewegen. Ich guckte hoch und sah, wie Jonnys Bild mich vom Klavier auf der anderen Seite des Tisches anlächelte, und irgendwie wusste ich, dass er nicht mehr da war. Dad zog seine Hand unter der von Mum raus, sein Stuhl schrammte über den Holzfußboden, und er stand auf und ging nach draußen. Er sagte nichts. Wenig später stand Mum auf und ging ins Schlafzimmer. Ich hörte, wie die Tür zuklappte.
    Ich schaute rüber zu Sissy und Emily auf der anderen Seite des Tisches. Ihre Gesichter waren total seltsam, irgendwie ausdruckslos oder leer oder so was, als ob sie stecken geblieben wären. Im Flüsterton fragte ich Sissy, was Jonny zugestoßen war. Keine Ahnung, warum ich flüsterte, aber es schien mir das Richtige zu sein. Sie fing an zu weinen – also tat Emily das auch. Unter all den Tränen kriegte sie ein paar Wörter raus, die alles erklärten. Sie sagte, Dad war auf dem Hof gewesen und hatte nach dem Generator gesehen. Er dachte, er hätte einen Schrei gehört, aber er war sich nicht sicher gewesen, weil der Generator so einen Lärm machte. Ich glaub, er hat bloß gedacht, wir Kinder würden Krach machen. Ein paar Minuten später war einer der Hunde mit Blut an der Schnauze zu ihm gekommen. Da wusste Dad genau, dass etwas nicht stimmte. Er folgte dem Hund bis an die Seite vom Haus und da fand er dann Jonny und all das Blut. Er war vom Dach gefallen und auf einem alten eisernen Zaunpfosten gelandet. Sissy sagte, der hatte ihn durchbohrt. Bis der Fliegende Doktor dann da war, war es schon zu spät. Jonny hatte zu viel Blut verloren.
    Ich musste sehen, wo es passiert war. Ich erinnere mich nicht mehr, dass ich vom Tisch aufgestanden und nach draußen gegangen bin. Aber ich muss es getan haben, ich weiß nur noch, wie ich an der Seite vom Haus stand, auf die die Fenster von unseren Zimmern hinausgehen. Auf dem Boden waren all diese Fliegen

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