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Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Es wird schon nicht das Ende der Welt sein

Titel: Es wird schon nicht das Ende der Welt sein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ali Lewis
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und der Pfosten ragte mitten zwischen ihnen raus. Als ich die Fliegen über den Boden wimmeln sah, so wie wenn wir die Haut von einem Killer vor dem Kühlraum liegen ließen, fing ich unwillkürlich an, mit den Armen zu fuchteln, um sie zu verscheuchen. Sie sollten weg von dem, was noch von Jonny übrig war, glaub ich. Den Pfosten berührte ich auch. Zuerst nur mit meinen Fingern, aber dann umschlang ich ihn irgendwie. Er war ganz heiß von der Sonne, aber es war nichts dran – er war nicht klebrig, wie ich eigentlich erwartet hatte. Keine Ahnung, ob ihn jemand abgewischt hatte oder so.
    Die Pommie krümmte sich irgendwie in ihrem Sitz. Ich schaute auf und bemerkte, dass ihr Gesicht ganz verzerrt war. Sie sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen. Sie drehte sich weg. Dann hörte ich sie mit ganz leiser Stimme sagen: »Das tut mir so leid, Danny … ich wusste ja nicht …« Da hatte ich dann das Gefühl, als hätte ich sonst nichts mehr zu sagen, also ließ ich den Motor an und fuhr zurück zur Farm. Auf dem Heimweg sprachen wir nicht. Ich versuchte, nicht an Jonny zu denken, aber meine Hände zitterten und waren total verschwitzt und rutschten immer vom Lenkrand ab. Keine Ahnung, warum, aber deswegen musste ich nur noch mehr an ihn denken.
    Als wir zurückkamen, war die Schule fast vorbei. Die Pommie sagte, wenn ich wollte, könnten wir sagen, der Motor vom Alten Rover hätte Schwierigkeiten gemacht, und deshalb wären wir so lange weg gewesen. Sie übernahm das Reden, ich musste gar nichts sagen und nickte nur ab und zu. Bobbie glaubte jedes Wort.

14
    NOCH DREI TAGE, dann würden Reg und seine Leute auf der Station ankommen, meinte Dad. Reg Evans hatte eine Truppe von Jungs, die im Territory von Station zu Station reiste und das Vieh zusammentrieb. Dad stellte sie jedes Jahr ein, damit sie uns bei unserem Viehauftrieb halfen. Ich wollte mit nach Jaben Point und die Jungs besuchen. Mir reichte es nämlich total, mit den ganzen Mädels auf der Farm herumzuhängen, aber ich wusste, die Jungs hatten jede Menge Arbeit da drüben beim Aufbau der Gatter, und das war schweißtreibende, langweilige Arbeit – man musste Zaunelemente stemmen und so Sachen. Ich überlegte mir das gerade, als die Pommie bei den Kälbern auftauchte. Sie brauchte Hilfe, weil Sachen für die Müllkippe in den Alten Rover gehoben werden mussten. Ich ließ Buzz stehen und ging mit zum Helfen.
    Sie hatte unter dem Haus Sachen rausgeräumt, da war also jede Menge Müll. Als wir dann alles auf den Alten Rover geladen hatten, fragte sie mich, ob ich Zeit hätte, ihr beim Abladen auf der Müllkippe zu helfen. Ich sagte ihr, das würde sie auch allein schaffen, der Müll war nicht so schwer. Da guckte sie verlegen und sagte leise: »Danny, ich weiß den Weg zur Müllkippe nicht mehr – ich brauch also jemanden, der mitkommt.« Ich lachte über sie, und dann lächelte sie mich an und sagte: »Ich weiß, ich bin zu nichts nütze.«
    Auf der Kippe hatten wir die Tüten voller Müll schnell abgeladen und zu den anderen Sachen, die wir im Laufe der Jahre dahin gebracht hatten, in die Grube geworfen. Ich war nicht mehr auf der Müllkippe gewesen, seit wir die Geburtstagskarte von Jonny gefunden hatten, und ich fragte mich, was da wohl sonst noch von ihm sein mochte. Ich wollte mich schnell mal umschauen, und ich glaub, Liz wusste, was ich vorhatte, denn sie sagte: »Ich glaub, das war ein Stück weiter unten.« Als ich sie fragte, was sie damit meinte, sagte sie: »Jonnys Karte.« Da kam ich mir dann ein bisschen komisch vor, als ob sie mich bei was erwischt hätte, was ich nicht hätte tun sollen.
    Liz war so ganz anders als alle, die ich kannte. Nicht nur weil sie eine Pommie war, ein Mädchen oder weil sie so einen komischen Akzent hatte. Es war auch nicht so, dass sie neugierig gewesen wäre oder unhöflich oder gemein oder so was, es hatte eher damit zu tun, wie sie über Sachen redete, über die sonst niemand reden wollte – über Jonny beispielsweise.
    Als wir beide auf den herumliegenden Müll schauten, sagte sie ganz unvermittelt: »Wo ist er beerdigt?« Einfach so. Das klang ungefähr so, als würde sie fragen, wo wir die Schlüssel vom Pick-up hingelegt hatten. Ich sah sie an und sagte, es sei nicht weit weg vom Haus.
    Die Pommie hob eine alte Zeitschrift mit der Stiefelspitze an, um nachzusehen, was drunterlag, als sie sagte: »Ach ja, nicht bei einer Kirche oder auf einem Friedhof oder so?« Ich schüttelte den Kopf. Sie dachte

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