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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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Eine Mutter, die als ohnmächtiger Geist im Übergangsbereich zwischen Leben und Tod schwankte. Nach solchen Zusammentreffen hatte er früher oder später eine Weinflasche in der Hand. „Scheiße“, sagte er halblaut, sah durch die Scheibe und fragte sich, warum er diese Aufgabe nicht Auer, Plank oder Hornig umhängte. Nein, Hornig nicht; der war so beschränkt wie unsensibel und würde die Eltern wahrscheinlich fragen, ob ihre Tochter Haschisch gespritzt hätte.
    „Sie kommen selbst“, stellte Frau Raab fest, nachdem sie die Haustür geöffnet hatte.
    „Ja“, mehr fiel Schäfer dazu nicht ein, „können wir hineingehen?“
    Sie führte ihn in ein Wohnzimmer, das aufgeräumt war, als ob in Kürze der Fotograf eines Einrichtungsmagazins anläutete. Putzwahn zur Ablenkung? Das legten zumindest ihre geröteten Hände nahe.
    „Wollen Sie etwas trinken? Soll ich Ihnen einen Tee machen?“ Es war Schäfer, der diese Fragen stellte, zumal er wahrnahm, dass zur Tür zu gehen und ihn zu empfangen ihre Tatkraft bereits völlig erschöpft hatte.
    „Gerne, ja … aber machen Sie sich keine Umstände.“
    „Ist Kräutertee in Ordnung?“, fragte er aus der Küche, die nur durch eine breite Anrichte vom Wohnzimmer getrennt war.
    „Mein Mann kommt erst in zwei Stunden … oder später … bei der Arbeit ist es zurzeit …“
    Arbeitswahn zur Ablenkung. Warum wiederholten sich diese Stereotype wieder und wieder, warum konnten sie nicht schweigend und heulend über die Felder spazieren, ihre Trauer teilen, und wenn schon eingehen, dann wenigstens gemeinsam? Seufz. Schäfer nahm die beiden Beutel aus der Teekanne und holte zwei Tassen aus dem Oberschrank.
    „Yvonne … sie war sehr sensibel, oder?“, schoss er ins Blaue, nachdem sie wieder halbwegs ansprechbar schien.
    „Ja … vielleicht zu sehr …“
    „Sensible Menschen sind oft die, die am meisten leiden.“
    „Das haben Sie schön gesagt.“ Sie lächelte abwesend.
    „Meine Nichte, Lisa, die Tochter von meinem Bruder … um die hat er sich auch dauernd Sorgen gemacht … jetzt ist sie schon zwanzig, aber damals: Glaubst du, dass sie Drogen nimmt? Sie redet kein Wort mit mir! Aber telefonieren kann sie stundenlang! “
    „Ja … so sind sie.“ Sie brach unvermittelt in einen Weinkrampf aus und Schäfer konnte sich nicht dazu durchringen, sie in den Arm zu nehmen. Dafür sollte ihr Mann da sein, verdammte Scheiße.
    „Meine Kollegen haben Sie das schon gefragt, aber vielleicht ist Ihnen inzwischen etwas …“ Verdammt, wie sollte er das sagen? Eingefallen?
    „Ich weiß nicht, warum sie das getan hat“, half sie ihm aus der Verlegenheit. „Ich kann’s mir nicht erklären.“
    „Sie war auch nie in psychologischer Behandlung, oder?“
    „Nein.“
    „Hat sie mit Ihnen über die Schule geredet, über ihre Freunde … Hat sie einen festen Freund gehabt?“
    „Nicht mehr … Mit Daniel war sie zusammen, bis … bis zum April, glaube ich.“
    „Dürfte ich seinen Nachnamen erfahren?“ Schäfer nahm unauffällig sein Notizbuch heraus.
    „Antinori.“
    „Wie der Wein?“, entfuhr es Schäfer.
    „Ja … guter Chianti, nicht?“, antwortete sie und lächelte zum zweiten Mal. „Sein Vater ist Italiener … die Pizzeria im Zentrum.“
    „Wissen Sie, warum die beiden sich getrennt haben?“
    „Nein … aber sie haben sowieso nicht zusammengepasst.“
    „Warum?“
    „Ich weiß es nicht genau … Wenn ich sie gefragt habe, wie’s mit ihm geht, hat sie nur Jaja, eh gesagt … Bei uns war er überhaupt nur einmal … Es hat ja fast so ausgeschaut, als ob sie sich für ihn schämen täte.“
    „Warum war sie dann mit ihm zusammen?“
    „Da fragen Sie mich zu viel … Man glaubt, dass man sein Kind besser kennt als alle anderen und …“, abermals wurde sie von einem Weinkrampf geschüttelt. „Jetzt frage ich mich … wissen Sie, ich weiß nicht, mit wem sie sich getroffen hat … was sie gedacht hat, was sie überhaupt vom Leben gewollt hat … Ich hab schon gesehen, ob es ihr schlecht oder gut geht, aber darüber reden … das ist in dem Alter eben so, habe ich mir gesagt … und dass sich das schon wieder gibt, wenn sie erst einmal …“, sie stand auf und verließ das Wohnzimmer.
    „Ich habe Sie genug gequält“, meinte Schäfer, als Frau Raab zurückkam, und stand auf.
    „Nein, bitte … wenn es Ihnen nichts ausmacht … es gibt ja ohnehin … fragen Sie nur.“
    „Gut“, Schäfer setzte sich wieder und räusperte sich. Er hatte den Faden

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