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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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Kartoffeln für eine Gemüselasagne – das übliche Ofengericht, zumal den Herdplatten nicht zu trauen war. Einmal glühten sie auf wie ein verendender Stern, dann blieben sie kalt wie der Fisch in der Pfanne. Die Entscheidung, sich einem Fachmann anzuvertrauen, war gefallen, als Schäfer zwei Wochen zuvor Spaghetti in seinem Edelstahl-Wasserkocher zubereiten wollte. Przz, dreißig Euro beim Teufel. Tags darauf rief er einen Elektriker an, dessen Führerschein an einem seidenen Kabel hing und hatte ihn noch am selben Abend im Haus. Wo der gute Mann allein beim Anblick des Herdes schon dreifach seufzte und das Fläschchen für die letzte Ölung auspackte. Ja, jetzt hieß die Hürde Elektrofachmarkt, und die getraute sich Schäfer ohne seinen liebsten Abonnenten des Konsumenten-Magazins nicht zu nehmen.
    „Verdammte Abhängigkeit, in die mich dieser Pedant Bergmann da gebracht hat“, murrte er und sah entgeistert zu, wie sich das gehackte Gemüse in scharlachrote Rüben verwandelte. „Ah, Scheiße, Scheiße“, schrie er und humpelte ins Bad, wo er den Erste-Hilfe-Kasten aufbewahrte. Und während er einen provisorischen Druckverband anlegte, fragte er sich, warum er eben gehumpelt war, wo er sich doch den halben Finger abgeschnitten hatte. Hand im Arsch, Hirn im Arsch, man down hieß das wohl im Kriegsjargon. Schäfer klappte seinen Laptop auf und suchte den Arzt, der Wochenenddienst hatte.
    Fünf Minuten später war er unterwegs – in einem auffrisierten Saab, dessen Prüfplakette Schäfers Vorgänger höchstwahrscheinlich erhalten hatte, weil er über die Schwarzarbeiter in der Kfz-Werkstatt hinweggesehen hatte, mit der rechten Hand gleichzeitig lenkend und schaltend, die linke in einem Verband, der inzwischen mehr rot als weiß war.
    „Sauberer Schnitt“, meinte der Arzt, als er die Wunde inspizierte, „sind Sie Koch?“
    „Polizei.“ Schäfer fühlte sich plötzlich einer Ohnmacht nahe, was der Arzt offensichtlich gleich erkannte.
    „Legen Sie sich hin … erst kümmere ich mich um das da und dann rufe ich die Polizei.“
    „Nein … ich bin Polizist.“
    „Ah … ja, stimmt“, der Arzt lächelte, „Sie waren am Wochenende in der Zeitung … aber ohne die Uniform …“
    „Hm“, meinte Schäfer, der keine Ahnung hatte, ob er nackt in der Zeitung abgebildet gewesen war oder wovon dieser Mann gerade sprach.
    Vielleicht eine Viertelstunde später saßen sie im Büro des Doktors. Schäfer mit einem Verband, unter dem sein Finger närrisch pochte, der Mann hinter dem Schreibtisch müde lächelnd und eine Packung Schmerzmittel über den Tisch reichend.
    „Wenn Sie Linkshänder sind, sollten Sie die kommenden Tage mit der anderen Hand schießen.“
    „Das wird wohl kaum nötig sein.“
    „Wenn Ihnen nicht wieder ein paar Gartenzwerge in die Quere kommen.“ Lind schmunzelte, worauf er einen scharfen Blick abbekam. „Nein, so war das nicht gemeint, wir … also im Ort ist Ihr Ansehen damit …“
    „Ja, ist mir schon aufgefallen, dass hier wenig verborgen bleibt.“ Schäfer tauchte kurz in seine Gedanken ab. „Waren Sie eigentlich der Hausarzt von Yvonne Raab?“
    „Das Mädchen, das sich umgebracht hat? … Furchtbare Geschichte … ja, sie war, glaube ich, zwei-, dreimal hier.“
    „Hatte sie … Probleme?“
    „Ich verstehe nicht, was Sie meinen.“
    „Depressionen, Drogen …“
    „Ist mir nichts aufgefallen.“ Lind drehte sich zum Computer und bearbeitete die Tastatur.
    „Die Gerichtsmedizin hat Benzodiazepine in ihrem Blut gefunden … außerdem hat mit ihre Mutter erzählt, dass sie rezeptpflichtige Appetitzügler genommen hat.“
    „Von mir hat sie die sicher nicht … Da hab ich’s … zweimal hab ich ihr Antibiotika verschrieben, einmal wegen einer Bronchitis, einmal wegen einer Mandelentzündung … da wäre mir nichts aufgefallen … was allerdings nichts heißen muss.“
    „Wie lange führen Sie die Praxis schon?“
    „Seit gut einem Jahr.“
    „Und wer hat sie davor gehabt?“
    „Doktor Kettner.“
    „Wohnt der noch hier im Ort?“
    „Er ist vor eineinhalb Jahren gestorben, Infarkt in der eigenen Ordination … Ironie des Schicksals, oder?“
    „Kann man so sagen … Haben Sie seine Patientenakten?“
    „Nur von den Patienten, die ich übernommen habe … mit ein paar Säcken uralter Ärztemuster, die er im Keller gelagert hat.“
    „Also haben Sie auch die Unterlagen über Yvonne Raab?“
    „Wahrscheinlich … müsste ich nachschauen … aber damals war sie

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