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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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Idealismus begonnen worden war, hatte sich über die Jahre von der Sicherheitswache über das Drogendezernat hin zur Mordkommission verselbstständigt und konnte sich ohne die entsprechenden Straftaten nur selbst kannibalisieren. Weil der Gedanke Wofür das alles? nur schnell genug vom nächsten Täter erstickt werden musste. Und eine Versetzung von einer Großstadt in eine Gegend, die eine der niedrigsten Verbrechensraten in Österreich aufwies: Da verkam man zu einem pensionierten Formel-1-Fahrer, der nur mehr die Radarkästen als Gegner kannte. Dabei hatte Schäfer drei Jahre zuvor ernsthaft überlegt, eine Ausbildung zum Kindergärtner zu machen, weil er glaubte, die Gewalt nicht mehr ertragen zu können. Und dann war er zur Eingangshalle des Bahnhofs gerannt, hatte einen der Schläger am Kragen gepackt, ihm in die Kniekehle getreten und ihn zu Boden gerissen – wobei der Schlag in die Nieren nicht unbedingt notwendig gewesen wäre. Nachdem er dem Mann Handschellen angelegt hatte, sprang er auf und wollte sich auf den Nächsten stürzen. Doch die Show war vorbei, die Streithähne erschöpft und ihrem plötzlich friedvollen Benehmen zufolge durchaus froh, dass ihre Prügelei ein Ende fand, ohne dass jemand eine Niederlage eingestehen musste – die Polizei hatte schließlich außer Konkurrenz mitgemacht und konnte so nicht als Sieger gewertet werden.
    „Ab in den Bus mit ihnen“, hatte Schäfer angeordnet, irgendwie enttäuscht.
    Der restliche Tag verlief ruhig – als hätte er seine gesamte Gewaltenergie in dieser so hitzigen wie harmlosen Prügelei verpufft und müsste sich erst wieder aufladen. Schäfer beschäftigte sich administrativ, wie er bei einer allfälligen Nachfrage geantwortet hätte: surfte im Internet, studierte den tausend Seiten starken Heimwerker-Katalog, den Inspektor Schreyer ihm als Abschiedsgeschenk vermacht hatte, beantwortete ein paar Mails – insgesamt nichts, das der genauen Beschreibung oder Erinnerung lohnte.
    Als er die Uniform gegen seine Zivilkleidung tauschte, traf eine SMS von Sanders ein: Haben Sie morgen Abend Zeit? Würde Sie gerne zu ein paar fachlichen Dingen befragen. LG, Sanders. Ich gebe Ihnen morgen Bescheid, tippte Schäfer und verließ den Posten. Auf dem Parkplatz lief ihm Nadja Windreiter in die Arme.
    „Gibt’s was Wichtiges?“ Schäfer verlangsamte seinen Schritt, ohne stehen zu bleiben.
    „Nein … ja, vielleicht.“ Das Mädchen schien enttäuscht von seiner harschen Art.
    „Und?“
    „Die Yvonne hat sich ziemlich sicher mit jemandem getroffen, der nicht von der Schule ist … möglich, dass sie von ihm auch was bekommen hat.“
    „Hat der auch einen Namen?“ Schäfer blieb stehen und nahm seinen Notizblock heraus.
    „Einen Namen hat er sicher, aber ich weiß ihn nicht.“
    „Und woher stammt diese Information?“
    „Ja, Gerede halt … dass sie seit einem halben Jahr mit ihren Freundinnen nicht mehr viel unternommen hat … und weil sie halt ein paar Mal so geheimnisvoll getan hat … vielleicht hat sie geglaubt, dass wir zu doof für sie sind …“
    „Wirklich?“, rutschte es Schäfer heraus, „und woher weißt du, dass sie von dieser Person Drogen bekommen hat?“
    „Na von wem denn sonst?“
    „Aber du weißt nicht, ob sie überhaupt welche genommen hat, oder?“
    „Das haben Sie doch gesagt.“
    „Nein, ich habe dich gefragt, ob sie welche nimmt“, Schäfer steckte sein Notizbuch weg, „vergiss das alles … der Fall Raab ist abgeschlossen … der Haidegger wird dich ziemlich sicher nicht mehr belästigen, und wenn doch, musst du eine Anzeige erstatten … schönen Abend.“
    „Ja … Ihnen auch … danke wegen … Sie wissen schon …“

14.
    Als er nach Hause kam, die Terrassentür öffnete und über das weite Land, die einsamen Hügel und Felder blickte, ließ sich die Schwermut auf ihm nieder. Er setzte sich an die Hausmauer und zündete sich eine Zigarette an. Sah neidvoll den Ameisen zu, die tüchtig und unbeirrt ihr Tagwerk zu Ende brachten. Hatten die eigentlich Schichtarbeiter? Die in der Nacht den ganzen Kram aufräumten, den ihre Kollegen tagsüber in den Bau geschleppt hatten? Bau … hieß das überhaupt so? Haufen war ja hier weit und breit keiner. Hatte er jetzt laut gedacht? Er stand auf und holte sein Handy.
    „Herr Autor, Schäfer hier … Haben Sie vielleicht heute noch Lust auf ein Gläschen? … Noch besser, dann spare ich mir das Kochen … Sardellen und Oliven, Firenze, glaube ich, heißt die … Schafgasse

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