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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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fünfzehn und was ich gehört habe, war Kettner ein sehr kompetenter Arzt … Appetitzügler oder Tranquilizer hätte der ihr niemals verschrieben.“ Lind versuchte, ein Gähnen zu unterdrücken. Wochenenddienst hieß offensichtlich von Samstagfrüh bis Montagfrüh.
    „Gut … danke für den Finger und die Auskunft … möglicherweise komme ich noch auf Sie zu.“
    „Sicher sogar: In einer Woche sind Sie hier zur Kontrolle … und wenn davor was ist, kommen Sie sofort vorbei.“
    „Versprochen.“ Schäfer reichte dem Arzt die Hand.

13.
    „Können Sie das heute noch durchschauen?“ Schäfer reichte Auer das Notizbuch von Yvonne Raab über den Schreibtisch.
    „Was ist das?“ Auer setzte sich und drehte das Buch in der Hand, als ob so irgendwelche versteckten Botschaften zum Vorschein kommen könnten.
    „Yvonne Raabs private Aufzeichnungen.“
    „Ah … und worauf genau?“
    „Vielleicht finden Sie irgendeinen Hinweis, von wem sie die Drogen bekommen hat … ich kenne mich mit diesen Kürzeln nicht aus … vor einem Monat: L! SIB … vier Tage vor ihrem Tod: TML ! CUT et cetera. Keine Ahnung, was das heißen soll, SIB , wohl kaum Sicherheitsbeauftragter oder Sowjetisches Informationsbüro … Haben Sie in der Schule irgendetwas herausgefunden?“
    „Nichts in Bezug auf Drogen … da müsste ich noch einmal gezielt nachfragen.“
    „Machen Sie das“, meinte Schäfer genervt. Er fühlte den Zeitpunkt näher kommen, an dem er seine Nachforschungen einstellen musste, um sich nicht aus Mangel an anderen Aufgaben in einem selbst geschaffenen Erklärungsmuster zu verstricken. Eine junge Frau hatte sich das Leben genommen. In Wien hatte das zum Tagesgeschäft gehört. Tragisch, doch Teil der Arbeit. Eine Seite Routinebericht, eine Seite Obduktionsbericht, Deckel drauf, Sarg versenkt. Wieso widmete er diesem Ereignis dann hier so viel Aufmerksamkeit? Weil es schmerzlich herausstach aus diesem sonst so friedfertigen Leben? Weil er sich in dieser überschaubaren Bevölkerungszahl verpflichtet fühlte, diese Tragödie in einen allgemein verständlichen Zusammenhang zu stellen, eine Ursache, eine Wirkung, eine Schuld zu finden?
    „Also wegen den Befragungen in der Schule“, setzte Auer zögerlich fort, zumal Schäfer in ihr unzugängliche Galaxien abgedriftet war, „im Gegensatz zu ein paar anderen wurde Yvonne nicht gemobbt … weder in der Klasse noch über Facebook oder Chatrooms … Schaut nicht so aus, als ob sie irgendwelche Mitschüler fertigmachen wollten … auffällig ist höchstens, dass sie auf diesen Plattformen wenig aktiv war, zumindest im Gegensatz zu den anderen Mädels.“
    „Sympathisch … und woher haben Sie diese Informationen?“, fragte Schäfer vorgesetztenhaft, um zu übertünchen, dass das Tempo, die Eigendynamik und die sozialen Auswirkungen dieser virtuellen Netzwerke seinen Horizont überstiegen. Verdammt – und er war noch keine fünfzig!
    „Sarah, eine Freundin von Yvonne, die will unbedingt zur Polizei … sie hat mir eine Tour über ihren Account gestattet.“
    „Was ist mit ihrem Browserverlauf? Haben Sie da was gefunden?“
    „Musik, Kino, Literatur … auffällig wenig pubertäres Zeugs … scheint eher die Intellektuelle gewesen zu sein …“
    „Verstehe … Was ist mit den anderen beiden, Simona und …“
    „Nadine … die sind beide noch ziemlich geschockt, diese Simona hat überhaupt nicht mehr aufgehört zu weinen und … Yvonne soll schon eher introvertiert gewesen sein, aber dass sie sich umbringt, dafür hätte es überhaupt keine Anzeichen gegeben, sie verstehen es einfach nicht.“
    „Okay … gute Arbeit“, Schäfer nahm irgendeine Akte zur Hand, die auf dem Schreibtisch lag, „bleiben Sie dran.“
    „Ja … Was haben Sie mit Ihrer Hand gemacht?“
    „Japanischer Stahl gegen Tiroler Fleisch … Tirol hat verloren.“
    Am späten Nachmittag wurden sie zu einem Einsatz am Bahnhof gerufen. Eine Gruppe junger Männer lieferte sich eine wüste Schlägerei, bei der es nach Angaben des Anrufers schon so weit gekommen war, dass einer mit blutendem Kopf am Boden lag.
    Ein, zwei Tage später fragte sich Schäfer, wie es sein konnte, dass er dem Alarm gefolgt war, als hätte er ihn herbeigesehnt. Endlich! Endlich hat sich jemand erbarmt, einen Gewaltausbruch zu inszenieren und Major Schäfer aus seiner selbst verschuldeten Eintönigkeit zu reißen. Ihm das zu geben, was er sonst nirgends zu finden schien. Ja, Schäfer, du arme Sau: Was irgendwann vielleicht aus

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