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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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Polizeichef … der diesem Spinner die Gartenzwerge zerschossen hat … geile Aktion.“
    „Ja … ich hätte ein paar Fragen an dich“, Schäfer hatte sich einen Bierdeckel genommen und klopfte diesen hochkant auf die Theke, „ein ruhiger Tisch für zwei?“
    „Sicher.“ Der Junge gab dem ohnehin gelangweilten Kellner ein Zeichen, dass er ihn kurz vertreten sollte, und führte Schäfer an einen Tisch im hintersten Winkel des Restaurants. „Worum geht es denn?“
    „Nur ein paar Routinefragen.“ Schäfer hatte Lust auf ein Glas Wein, wollte den Jungen jedoch nicht um eine Gefälligkeit bitten. „Wie lange warst du mit Yvonne zusammen?“
    „Netto oder brutto?“ Daniel grinste verschwörerisch.
    „Du hast da oben schon ein bisschen mehr Hirn als eine Eidechse, oder?“ Schäfer beugte sich nach vorne.
    „Wieso?“
    „Ein Mädchen, mit dem du liiert warst, hat sich vor zehn Tagen das Leben genommen … ein Zug hat sie überfahren … soll ich dir die Bilder zeigen?“
    „Nein, aber … das war …“
    „Oder soll ich jetzt davon ausgehen, dass dir ihr Tod deswegen so egal ist, weil sie irgendwas gewusst hat, das dir unangenehm ist?“
    „Was? Wieso? … Das ist doch meine Sache, ich … ich schaue eben nach vorne und …“
    „Und?“
    „Das hat sowieso nicht gepasst … ich und die Yvonne.“
    „Und warum?“
    „Sie war …“
    „Nicht schön genug?“
    „Nein, doch … wahrscheinlich war ich nicht intelligent genug für sie.“
    „Für diese Erkenntnis braucht man schon ein gewisses Maß an Intelligenz.“ Schäfer nahm einen freundlicheren Ton an. „Also hat sie Schluss gemacht?“
    „Eigentlich wir beide … das hat ja hinten und vorne nicht gepasst.“
    „Hinten und vorne, so so“, kam es Schäfer aus, worauf er sich betreten räusperte. „Warum wart ihr dann überhaupt zusammen?“
    „Pfh … ich hab sie halt interessant gefunden, weil sie anders war … mit den Büchern und Filmen … sie wollte ja entweder Schriftstellerin oder Regisseurin werden.“ Für einen Moment schien Antinori sentimental zu werden. „Und ich, na ja …“
    „Verstehe … und irgendwann hat sich diese Faszination des Gegenteiligen abgewetzt …“
    „Was?“
    „Es hat nicht mehr gepasst.“
    „Ja … vielleicht bin ich eh nur ihr Alibi gewesen …“
    „Wofür?“
    „Na ja … dass sie bei ihren Freundinnen gut dasteht, oder denen halt zeigen kann, dass sie eh wie alle anderen …“
    „Wer waren denn ihre besten Freundinnen?“
    „Die Simona, die Nadine und die Sarah … mit der Sarah hat sie sich aber wegen irgendwas zerkracht, keine Ahnung, worum es da gegangen ist.“
    „Um einen Mann? … Weißt du, ob sie nach eurer Beziehung mit einem anderen zusammen war?“
    „Bestimmt nichts Fixes …“
    „Nimmst du Drogen?“, fuhr Schäfer im selben freundlichen Ton fort.
    „Nein!“ Verwirrt schüttelte der Junge den Kopf.
    „Hie und da ein Joint … ab und zu ein E einwerfen?“
    „Ja, probiert habe ich schon … aber das ist nichts für mich.“
    „Und Yvonne?“
    „Weiß ich nicht so genau … Einmal haben wir zusammen gekifft … aber wir haben uns auch nicht wirklich oft gesehen …“
    „Wenn sie was genommen hat, von wem könnte sie es bekommen haben?“
    „Von mir sicher nicht!“
    „Gut … danke.“
    „War’s das?“
    „Ja“, Schäfer stand auf, „wenn dir noch etwas einfällt: anrufen.“
    Während auf dem Fernsehbildschirm zwei Kommissare in einer deutschen Kleinstadt ihr Handwerk mehr schlecht als recht erledigten und serientypische Plattheiten von sich gaben (Sanders?), blätterte Schäfer in den Aufzeichnungen von Yvonne Raab. Neben einem Notizbuch hatte deren Mutter ein paar Fotos, Schulzeugnisse, unbeschriftete CD s (Musik), DVD s (Filme, Serien) sowie die leere Verpackung der erwähnten Appetitzügler in die Papiertasche gegeben. Schäfer wusste, warum. Er hatte diesen Akt der Verzweiflung oft genug mitbekommen, und immer noch gab es ihm einen Stich ins Herz, wenn er solche Relikte vor sich hatte – als ob er als Polizist daraus eine tröstende Erklärung für den Tod des Mädchens, für irgendeinen Tod zu finden fähig wäre.
    Er brauchte eine Weile, bis er die stichwortartigen Aufzeichnungen des Mädchens wenigstens teilweise verstand. Es gab kein System darin, keine klaren Hinweise, wo es sich um die Wiedergabe eigener Erlebnisse handelte, was Hoffnungen und Sehnsüchte waren, was erste lyrische Versuche und was die Übernahme von fremden Gedicht- oder Liedzeilen,

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