Es wird Tote geben
frech, der sich im Gegenüber der beiden Parteien wohl eindeutig als Polizist sah.
19.
Bergmann und Kovacstrafen kurz nach vier ein, die Beine zittrig, das Gesicht strahlend – debil glücklich durch die Endorphine, die man bei Zweihundert-Kilometer-Radtouren wohl ausschütten muss, um dem Geist vorzugaukeln, dass es schon in Ordnung ist, was der Körper da gerade treibt. Jedenfalls hieß Schäfer seine ehemaligen Kollegen nicht so herzlich willkommen, wie er es sich gewünscht hatte. Das hing damit zusammen, dass er in zwei Supermärkten keine ordentlichen Steaks gefunden hatte, die Metzgerei am Samstag zu Mittag zusperrte und er zwanzig Kilometer gefahren war, um bei einem Biobauern einen Kalbslungenbraten zum Preis einer ganzen Kuh zu erstehen. Es hing weiters damit zusammen, dass bei seiner Rückkehr die drei starken Männer immer noch da waren und mittlerweile die halbe Küche ausgebaut hatten, zumal die Maße des neuen Herdes nicht mit denen des alten übereinstimmten. Dann hing es damit zusammen, dass plötzlich zwei weitere Männer einfielen: der eine mit einem riesigen Werkzeugkasten, da man für den Starkstromanschluss angeblich einen Elektriker brauchte, der andere mit einer Kiste Bier, zumal solche Nachbarschaftsdienste am Samstagnachmittag nur in gelöster Stimmung zu tätigen waren. Und letztendlich hing es auch damit zusammen, dass bei all diesem unerwarteten Wahnsinn die Katze im Auto vergessen worden war und prompt auf die Rückbank geschissen hatte. Eine Serie, die selbst Schäfer – der Murphys Gesetz schon längst als Grundprinzip seines Lebens verinnerlicht hatte – als übertriebene Verdichtung ansah. Dafür hatte sich das Schicksal gefälligst irgendwann zu revanchieren.
„Diese Arbeiter sind doch hoffentlich angemeldet.“ Kovacs grinste und legte sich genussvoll seufzend in die Wiese.
„Wenn Sie es genau wissen wollen: Das ist ein Beitrag zur Resozialisierung straffällig gewordener Adoleszenten … die verschwenden ihre Energie immerhin nicht damit, stundenlang deppert durch die Gegend zu radeln!“
„Oh oh“, brachte Bergmann ein, der mit einer Literflasche Mineralwasser an der Hauswand saß. „Ich empfehle einen Schluck Rotwein zur Entspannung der Lage.“
„Ja, das mache ich jetzt auch … und Sie verschaffen sich in der Küche einen Überblick über das Ausmaß der Katastrophe.“
„Ist das ein Befehl?“, fragte Bergmann und klimperte mit den Wimpern.
„Eine Bitte, Herr Chefinspektor, eine Bitte von Kollege zu Kollege.“
„So soll sie denn erfüllt werden.“
„Ah!“, knurrte Schäfer und ging ins Haus, „im Dienst wart ihr ja schon anstrengend genug, aber in der Freizeit seid ihr überhaupt nicht mehr auszuhalten!“
Im Keller stellte er sich vors Weinregal, schloss die Augen und zog eine Flasche heraus. Parfait, sagte er sich beim Betrachten des Etiketts: Côtes du Rhône 2010, nicht zu luxuriös, nicht zu heftig, genau das Richtige, um einen sanften Filter zwischen sich und das Treiben über ihm zu legen. Zwischen sich und das Tosen rundum, das in den letzten Tagen lauter geworden war, als es seiner angeschlagenen Psyche guttat. Er öffnete die Flasche, roch am Korken und schenkte sich ein Wasserglas voll, das er zuvor an der Spüle neben der Waschmaschine ausgewaschen hatte. Er setzte sich auf einen Holzschemel, nahm einen Schluck und genoss die kühle Einsamkeit. Sein Vorgänger, Chefinspektor Stark, hatte sich vermutlich auch des Öfteren hierher zurückgezogen. Das legten zumindest der Eisenofen, die verschlissene Couch, das Bücherregal und der kleine Fernseher nahe, die sich im hintersten Teil des Kellers befanden. Und der Umstand, dass Stark mit dem Renovieren des Hauses hier unten begonnen hatte und nicht in der Küche, die … daran wollte Schäfer gar nicht denken.
„Major!?“ Sanders Stimme, die von einem Poltern begleitet über die Kellertreppe herabschallte.
„Ich stelle gerade die Weinkarte für den Abend zusammen.“
„Prima … Sagen Sie mal: Die haben sich ja verdoppelt, die Jungs da oben … die fetzen jetzt schon die Tapeten runter.“
„Ihre Schuld! … Wenn Sie mich überzeugt hätten, dass wir uns den gratis Lieferwagen ausleihen, dann …“
„Das habe ich Ihnen vorgeschlagen!“
„Ja, aber nicht überzeugend genug“, Schäfer seufzte, „man darf nie unterschätzen, was die versuchte Umwandlung krimineller Energien alles bewirken kann.“
„Und die zwei im Garten sind …“
„Chefinspektor Bergmann, Gruppenleiter
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