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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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aus verschiedenen Perspektiven betrachten“, jetzt ging es mit dem Autor wieder durch, „weil meistens übersieht ja einer etwas, obwohl es ganz nah ist … so wie Ihre Kollegen in diesem Fall mit dem vermissten Jungen etwas übersehen haben. Gibt es denn da schon …“
    „Nein, das ist aber jetzt auch nicht das Thema … ich wollte ja nur, dass Sie für mich bei Ihren Kollegen …“
    „Gregor!“, rief Brandt über den Friedhof, „kommst du bitte mal!“
    „Wir hören uns später, ja?“, meinte Sanders verschwörerisch.
    „Sicher …“
    Schäfer verließ den Friedhof und spielte mit dem Gedanken, seinen Spaziergang auszudehnen. Weit auszudehnen. Über die Wiesen. Durch die Wälder. Über die Berge … als ihn im Versuch, sich gehen zu lassen, ein Gedanke innehalten ließ wie eine rote Ampel. Irgendwas übersehen wir, hatte Sanders gemeint, so nah und doch ungreifbar, wie bei Frau Materna. Er machte kehrt, im Laufschritt auf den Posten.
    „Hornig!“, befahl er diesen in sein Büro.
    „Ja?“, fragte Hornig verunsichert, als er in der offenen Bürotür stand. Was hatte er jetzt wieder verbockt?
    „Nehmen Sie bitte Platz.“ Schäfer stand auf, zog die Jalousie zu, ging zum Schreibtisch zurück und zog die oberste Schublade auf. „Rauchen wir eine?“
    „Hier? … Na ja, wenn Sie meinen …“
    „Sicher“, Schäfer gab Hornig eine Zigarette und Feuer, „als ob Sie mit Chefinspektor Stark hier nie ab und zu eine geraucht hätten …“
    „Na ja, damals … verboten war es ja damals noch nicht.“
    „Sie sind gut mit ihm ausgekommen, oder?“
    „Schon … achtzehn Jahre … das ist schon was.“
    „Sicher, ich …“, Schäfer drehte sich mit seinem Sessel zur Seite und blies den Rauch in Richtung Jalousie, „mit Chefinspektor Bergmann habe ich zwölf Jahre zusammengearbeitet … da lernt man sich kennen … entweder man rauft sich zusammen oder man schmeißt bald einmal das Handtuch … diese Arbeit … Frauen verstehen das oft nicht, können sie gar nicht und ich mache ihnen da auch gar keinen Vorwurf.“
    „Ja, wem sagen Sie das.“ Entspannt ließ Hornig seine Schultern sinken.
    „Was glauben Sie, warum es bei der Mordkommission so wenig Frauen gibt?“ Schäfer wandte sich wieder seinem Untergebenen zu.
    „Weil …“
    „Weil es dort so viele Männer gibt!“ Schäfer lachte jovial, stand auf und holte zwei Gläser vom Bord und eine Flasche Wein aus dem Kühlschrank. „Ist ja bald Feierabend, oder?“
    „Ja“, Hornig nahm das Glas entgegen und trank es gleich halb leer.
    „Wenn Bergmann nicht immer hundertprozentig loyal zu mir gewesen wäre, würde ich jetzt …“, Schäfer kam aus dem Konzept, „würde ich wahrscheinlich … jetzt irgendwas anderes machen müssen.“
    „Loyal war ich immer … da hat’s nichts gegeben!“, erwiderte Hornig stolz.
    „Das glaube ich … und Loyalität verschwendet man nicht … nicht an irgendwen.“ Schäfer schenkte Hornig nach. „Ich habe nie etwas Schlechtes über Chefinspektor Stark gehört.“
    „Zu Recht.“
    „Ja.“ Schäfer gab Hornig noch eine Zigarette. „Ich werde ihn vielleicht in den nächsten Tagen einmal anrufen …“
    „Wieso das?“
    „Na ja …“, Schäfer wusste, dass er jetzt auf den Punkt kommen musste, „fragen, wie’s ihm geht … ob er mir weiterhelfen kann …“
    „Wobei sollte Ihnen der Stark denn weiterhelfen können?“
    „Hat er Ihnen gesagt, dass er eine Affäre mit der Materna hat, oder haben Sie es erraten?“ Schäfer stellte sein Glas ab, stützte die Ellbogen auf den Tisch, sah Hornig in die Augen – und verzieh ihm sofort all den Ärger, den dessen Beschränktheit ihm bereitet hatte. Fünf Sekunden, um zu begreifen, was man gefragt worden ist, und fünf weitere, um sich zu verstellen zu versuchen: der Traumkandidat jedes halbwegs geistesgegenwärtigen Befragers.
    „Hornig! Hat er es Ihnen gesagt oder haben Sie es so gewusst?“
    „Er hat’s nicht gesagt, aber auch nie … sie war ja oft genug hier.“
    „Und Sie haben nie gemutmaßt, dass dieser Umstand eventuell die Ermittlungsarbeit negativ beeinflussen könnte?“
    „Das … der Stark hat nichts damit zu tun gehabt, dafür lege ich meine Hand ins Feuer … außerdem: Dass Sie hier …“
    „Schon gut, Hornig … ich werfe Ihnen nichts vor und ich werfe Chefinspektor Stark nichts vor … ich mache meine Arbeit … Polizeiarbeit … das ist unsere Aufgabe, oder?“
    „Sicher.“ Hornig trank sein Glas aus und sah sich um, als wäre er

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