Es wird Tote geben
die ungelenken Bewegungen eines Marionettenspielers, und verließ sein Büro.
Zwanzig Minuten später saß er in seinem Lieblingsgastgarten. Vor sich eine kalte Gurkensuppe, auf dem Sessel neben ihm ein Karton, in dem sich der Stimmgabel-Pokal aus Linds Praxis befand. In Gedanken verloren, strich er mit der Hand darüber. Wohl einige Minuten lang, zumal sich plötzlich eine Stimme meldete:
„Wenn das Viecherl überleben soll, müssen’s aber Luftlöcher reinmachen, Herr Schäfer.“
„Was?“, wandte sich Schäfer verwirrt dem Mann am Nebentisch zu. Oje, der alte Schrödinger. Der hatte ihn schon des Öfteren auf der Straße oder über den Gartenzaun hinweg in Beschlag genommen.
„Da ist Ihr Katzerl drin, oder?“, setzte Schrödinger fort.
„Nein … sehr unlebendiges Beweismaterial“, erwiderte Schäfer lächelnd, „wollen Sie hineinschauen?“
„Nein, nein, Herr Major, Ihnen glaube ich das auch so.“ Schrödinger stand auf und verabschiedete sich zu Schäfers Erstaunen und Erleichterung.
Katze, setzte Schäfer seinen inneren Monolog fort. Die Miss Rost ist gleichzeitig mit Alexander Materna verschwunden. Fast elf Jahre später taucht sie wieder auf und quartiert sich in Schäfers Revier ein. Das zuvor von Chefinspektor Stark besetzt gewesen war. Der mit Frau Materna eine Liaison unterhalten hatte. Demnach auch von der Beziehung zwischen Materna und Doktor Kettner wusste. Und wie passte die Stimmgabel hinein?
Als Schäfer bei seinem dritten Pfefferminztee auf die Uhr sah, war es halb vier. Er rief nach der Rechnung und legte den Weg zum Posten im Laufschritt zurück. Auf dem Parkplatz: zwei Klein-Lkw, aus denen junge Männer in schwarzer Freizeitkleidung Film-Equipment räumten. Zudem: der Produzent.
„Herr Major, unser Hüter der Lebensqualität … freut mich, dass Sie hier sind“, grölte Lehnhart und riss Schäfer an der Hand.
„Wie lange wird das dauern?“ Schäfer wehrte die dargebotene Schachtel mit Mentholzigaretten ab.
„As long as it takes … Juri, pass mal mit den Scheinwerfern auf, die kosten mehr, als du im Monat verdienst … na, bis 2200 werden wir das schon im Kasten haben.“
„Was 2200?“, erwiderte Schäfer und fragte sich, wie diese ganze technische Ausrüstung je in seinem – seinem! – Posten Platz haben konnte.
„Das sagt ihr doch so bei Bund und Bullerei … 2200 für 22:00 Uhr … ach Mann, du, so wie du die Kabel ranschleifst, das kannste vielleicht beim Karpfenfischen machen, aber nicht hier bei mir, Junge … blas mal Nitro in die Zündung, der Chef hier will pünktlich zu Hause sein!“
„Sie geben Bescheid, wenn Sie was brauchen“, sagte Schäfer und wandte dem Wahnsinn den Rücken zu.
Für einen Augenblick betrachtete er fassungslos das Gewimmel, das im Posten herrschte. Hightech-Material. Ein zehnköpfiges Team, das offensichtlich mit jedem Handgriff vertraut war. Wären das Polizisten, hätte er … vergiss es Schäfer, nimm mit Plank vorlieb.
„Kümmern Sie sich bitte um diese Anfrage vom LKA : Die wollen am Wochenende an der Grenze oben einen Bus hochnehmen … zwei Drogenschmuggler aus dem hiesigen Eishockeyverein … wie viele die von uns brauchen und wann genau das abgeht.“
„Mach ich“, Plank grinste und drehte sich auf seinem Stuhl, „ganz schön aufregend so was, oder?“
„Warten Sie ab, bis Sie das Ergebnis sehen.“
„Die haben gemeint, dass ich im Hintergrund zu sehen bin …“
„Ja … grüßen Sie Ihre Oma in die Kamera“, meinte Schäfer im Weggehen.
Eine gute Stunde später bat ihn der Regisseur, bei der Vernehmung dabei zu sein – für den Fall, dass er irgendwelche Verbesserungsvorschläge einzubringen hätte. Schäfer seufzte, wo er sich wahrscheinlich geehrt hätte fühlen sollen. Er hatte sich hier auf echte Delikte zu konzentrieren. Nicht auf solch realitätsfremden Mumpitz. Wobei das Verhör, dem er nun beiwohnte, tatsächlich als Verbrechen an der Realität zu werten war.
„Herr Milovic!“, fuhr die Kommissarin einen goldkettchenbewehrten Bierbauchträger im violetten Hemd an. „Hier geht es um Mord. Und Sie sind unser Hauptverdächtiger!“
„Völliger Schwachsinn“, meinte Schäfer aus dem Off, „natürlich geht es um Mord in einem Mordfall, das muss ich ja nicht dazusagen.“
„Cut, cut, cut“, rief Brandt, „okay, Gregor!, kommst du mal zum Mitschreiben … bitte, Herr Major: Wie geht’s besser?“
„Also, du Fetzenschädel“, knurrte Schäfer, nachdem er sich in den Rücken des Mannes
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