Es wird Tote geben
Gummiball aus der Tasche und schleuderte ihn gegen ein Wahlplakat. Warum konnte er hier in der Provinz nicht das Leben eines Provinzpolizisten führen? Warum hämmerte hier ein Fall an seinen erschöpften Schädel und wollte partout den ehemals genialen Mordermittler aus der Versenkung holen? Sein Telefon, eine unbekannte Nummer am Display.
„Ja … Ah, du bist es … Stimmt … Übermorgen? … Na ja … Verstehe … Nein, passt schon … Nein, nicht am Posten, komm direkt zur Ordination von Doktor Lind … Das erkläre ich dir dann … Danke, Sigi … Ja, den bekommst du.“
Der Forensiker, um den Schäfer Bergmann gebeten hatte, war tatsächlich bereit, die halbdienstlichen Machenschaften des ehemaligen Gruppenleiters zu unterstützen. Zwei, drei Stunden am Abend, als Lohn ein gutes Fläschchen. Bekommst du, hatte Schäfer geantwortet und sich gefragt, ob er vielleicht gar nicht so viel trank und sein Weinregal sich hauptsächlich für Tauschhandel und Schwarzarbeit leerte. Und schon hörte er die Stimme seines internen Wachtmeisters: Lüg dich nicht schon wieder selbst an.
Kurz nach Mittag rief er die Gruppe zur Besprechung zusammen. Da Hornig und Plank zehn Minuten später zu einem Verkehrsunfall gerufen wurden, blieb Schäfer mit Friedmann allein.
„Ich hab mit Johannes Eder gesprochen, dem Bruder von der Jasmin …“
„Hat er was gesagt, das uns weiterbringt?“
„Vielleicht … vor zwei Wochen hat er sie mit einem Mann im Café Beluga gesehen … die Beschreibung ist allerdings eher dürftig, weil die Scheibe gespiegelt hat.“
„Wenn sie bei dem Wetter drinnen waren, denke ich, dass sie nicht gesehen werden wollten, oder?“
„Na ja, nicht unbedingt“, erwiderte Friedmann, „meine Jüngere sitzt mit ihren Freundinnen auch meistens drinnen, egal welches Wetter ist … wahrscheinlich wollen sie so bleich sein wie die Vampire in diesen Filmen …“
„Hm“, machte Schäfer, der die Schnittmenge zwischen sich und Mädchen dieses Alters weiter gegen null gehen sah, „also, wie hat er ungefähr ausgesehen?“
„Zwischen zwanzig und dreißig, 1,75 bis 1,85, Baseballkappe, wahrscheinlich dunkle Haare … dunkle Kleidung …“
„Dürftig“, meinte Schäfer und kam nicht umhin, die eben beschriebene Person mit Simon Graber zu vergleichen.
„Außerdem hat er seine Schwester einmal bei einem Videochat überrascht, wo sie oben ohne vor dem Bildschirm gesessen ist …“
„Das hat er dir erzählt?“
„Ja, warum nicht? Von Mann zu Mann …“ Friedmann stand auf, weil das Telefon läutete. Sein Gesichtsausdruck, als er auflegte, verhieß keine guten Nachrichten.
„Sie ist gestorben“, bestätigte Friedmann Schäfers Ahnungen.
„Jasmin Eder?“ Schäfer bekam nur ein Nicken zur Antwort. „Scheiße.“
Ein paar Minuten saßen sie sich schweigend gegenüber, jeder am eigenen Kloß im Hals und dem aufsteigenden Zorn würgend.
„Kommen Sie mit“, sagte Schäfer schließlich und ging in sein Büro. Er machte zwei Espresso und stellte die Tassen ab.
„Wie viele Leute bringen wir bis morgen für einen Großeinsatz zusammen?“
„Wie groß?“
„Ganz groß: Blitzzugriff im Gymnasium, wir nehmen von jedem Abdrücke, beschlagnahmen die Handys und Laptops, lassen die Suchhunde durch … Ich habe die Schnauze voll, wir alarmieren das LKA .“
„Ich weiß nicht, ob die das freuen wird“, meinte Friedmann, „am Freitag steht die Aktion an der Grenze an …“
„Und? Was geht mich das an?“
„Na ja … ein spontaner Aufmarsch mit Suchhunden in der Schule, drei Tage vor so einem lange geplanten Großeinsatz … glaube nicht, dass das LKA begeistert ist über so eine Aufscheuchaktion.“
„Kann sein“, konnte Schäfer nicht anders, als seinem Kollegen zuzustimmen. „Also: Wie kriegen wir das Aas? Helfen Sie mir! Mir gehen die Ideen aus!“
„Wie es aussieht, hat er die Mädchen gekannt und eine Art Vertrauensverhältnis zu ihnen aufgebaut“, Friedmann betrachtete die Papierbögen an der Wand, „wenn ich an meine Töchter denke: Alles, was über dreißig ist, tut sich da sehr schwer, mich und meine Frau inbegriffen … Wir sollten die Mitschüler und Freundinnen noch einmal vernehmen.“
„Fragt sich nur, wer und wie … Wenn wir das jetzt mit Amtshilfe von außen durchziehen und die vom LKA kriegen mit, dass wir jeden Drogenschlucker im Teenageralter und damit ihre Dealer alarmieren … das nehme ich nicht auf meine Kappe.“
Schäfer stand auf und stellte sich mit dem
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