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Es wird Tote geben

Es wird Tote geben

Titel: Es wird Tote geben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Haderer
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Ihrer Stimme kann ich natürlich nicht mithalten.“
    „Der ganze Stolz der Oma war ich, wie ich bei der Christmette das Ave Maria gesungen habe … mit sechs! … Und auf der Empore oben, beim Organisten!“
    „Gratulation“, Schäfer lächelte sie an, „wollen Sie sich setzen?“
    „Na, Sie sind mir aber einer“, erwiderte sie und lächelte verschmitzt. „Aber nur kurz!“
    „So lange Sie wollen.“
    „Sie rauchen?“
    „Ja … leider.“ Schäfer drückte die Zigarette am Boden aus.
    „Darf ich eine haben?“
    „Sicher“, erwiderte Schäfer verwundert und gab ihr seine letzte Wanderzigarette.
    „Komisch schmeckt das“, sagte sie und hustete den Rauch aus. Dieses Mädchen-Blümchenkleid, ging es Schäfer durch den Kopf, das kann nur zu ihr passen, weil es so alt ist wie sie.
    „Sie erinnern sich nicht an mich, Frau Materna, oder?“
    „Haben wir … ein fescher Mann sind Sie schon, aber … nein, da müssen Sie sich täuschen.“ Sie schüttelte den Kopf und sog an der Zigarette, dass man den Luftstrom hörte.
    „Schäfer … ich bin bei der Polizei … Sie waren vor ein paar Tagen auf dem Posten … wegen Ihrem Sascha.“
    „Das waren Sie? … Also dass ich das jetzt nicht mehr weiß … Wissen Sie denn jetzt schon mehr?“
    „Vielleicht, ich lasse jedenfalls nicht locker, bis ich ihn gefunden habe.“
    „Das ist sehr edel von Ihnen.“
    „Ja … geben Sie mir den Zigarettenstummel, ich nehme ihn mit zum nächsten Mistkübel.“
    Die Begegnung mit Frau Materna: nur eine surreale Episode, die sich der Morgen erlaubt hatte, bevor er sich die Ärmel hochkrempeln und der Realität des Tages stellen musste? Sah ganz so aus. Am Vormittag konfrontierte Friedmann seinen Vorgesetzten mit einer schlechten und einer schlechten Nachricht:
    „Der Vater von Jasmin Eder hat ihren Computer in den Müll geschmissen …“
    „Warum?!“
    „Weil er sich sicher ist, dass sie diese Drogen nur über das Internet hat bekommen können, und dass sie sich selber nackt fotografiert und irgendwelche Perversen damit aufgeilt, wäre auch nur die Schuld von diesem Scheißdreck …“
    „Kann man die Festplatte rekonstruieren?“
    „Aus der Müllverbrennung?“
    „Wahnsinn, das Internet verfluchen, aber nichts davon kapieren … Kriegen wir die Verbindungsdaten?“
    „Demnächst.“ Friedmann räusperte sich. „Das LKA hat angerufen und noch einmal darauf hingewiesen, dass außer in Notfällen nichts unternommen werden darf, das ihren Einsatz gefährden könnte …“
    „Danke, registriert … noch eine schlechte Nachricht, mit der Sie mir endgültig den Todesstoß versetzen?“
    „Hm … dass die Filmleute heute kommen, haben Sie eh nicht vergessen, oder?“
    „Ich hab’s geahnt, dass da noch was kommt.“ Schäfer überlegte ernsthaft, zum Kühlschrank zu gehen und sich ein Viertel deutschen Riesling einzuschenken.
    Ja, er hatte es vergessen. Verdrängt. Vielleicht gehofft, dass es sich nur um einen Scherz handelte. Nein, ganz im Ernst stand eine Verhörszene für Schrot & Korn bevor. Lehnhart hatte ihn irgendwann in den letzten Tagen sogar telefonisch daran erinnert: Hammerszene, Schlag auf Schlag, Schrot in Maximalform, Columbo auf Koks!
    Nicht wie ich, wie Inspektor Polt auf Valium, tat sich Schäfer selbst leid. Aber was brachte es, solche Vergleiche anzustellen. Wenn seine Fälle in einem Drehbuch von Sanders komprimiert wären, müsste er zumindest einen der Fälle, die ihn aktuell beschäftigten, bereits abgeschlossen haben. Tempo, Tempo, Tempo! Wo ihm doch viel eher danach war, für ein paar Wochen mit Frau Materna zu tauschen. Weltvergessen durch die Wälder zu wandern, begleitet vom Orchester der Vögel Kirchenlieder zu singen … Mooo-ment. Der Stolz ihrer Oma? Das Ave Maria in der Christmette? Also hatte sie schon seit ihrer Kindheit gesungen. Und ihre Engelsstimme war nicht erst vom Pfarrer entdeckt worden. So so. Schäfer holte sich ins Büro zurück, den Computer aus dem Ruhezustand und suchte im Internet nach Siegern des Jeunesse-Musikpreises aus der Gegend. Schneller als erwartet wurde er fündig. 1972: Doktor Kettner gab es hier keinen. Aber eine Luise Hofmüller, die für ihre Darbietung des Liedes Ego dormio, et cor meum vigilat von Heinrich Schütz mit der Silbernen Stimmgabel ausgezeichnet worden war. Und wieso stand der Pokal dann in der Ordination ihres ehemaligen Freundes respektive Liebhabers? Geschenkt? Gestohlen? Ein paar Minuten vergingen. Dann stand Schäfer auf, als zögen ihn

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