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Escape

Escape

Titel: Escape Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jennifer Rush
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raus, dass die Tochter mit jemandem durchgebrannt ist und niemals zurückkehren wollte. Ungefähr ein Jahr darauf fand man Mr und Mrs O'Brien tot in ihrem Haus auf, die jüngste Tochter war spurlos verschwunden und ist seitdem auch nie wieder aufgetaucht.«
    Schlagartig musste ich an die leere Akte in Dads Aktenschrank denken. Daraufhatte O'Brien gestanden.
    Plötzlich rauschte es in meinen Ohren. Sam fragte: »Wie hießen die Töchter?«
    Der Typ schüttelte sich mit einer schnellen Bewegung die Haare aus dem Gesicht, bevor er Sam ansah. Er hatte keine Ahnung, dass seine Antwort mein Leben verändern würde. »Die Mädchen hießen Dani und Anna. Dani und Anna O'Brien.«

30
    Alles in mir fühlte sich taub an, ich setzte einfach nur automatisch einen Fuß vor den anderen. Sam folgte mir mit ein bisschen Abstand. Seit wir das Waffelhaus verlassen hatten, hatte ich kein Wort gesprochen. Ich konnte gar nicht sprechen. Die Jungs hatten recht gehabt. Mein gesamtes Leben war eine Lüge. Ich war also wirklich ein Werkzeug der Sektion. Wie oder warum, wusste ich nicht, nur, dass es so war. Sie hatten mir mein Gedächtnis genommen und es durch erfundene Erinnerungen ersetzt. Und ich hatte sie alle für wahr gehalten.
    Laut dem Typ im Restaurant waren meine Eltern tot. Dani war meine Schwester und seit Jahren hatte sie niemand gesehen. Wenn das alles stimmte, mussten Sam und ich uns schon vor langer Zeit kennengelernt haben. Lange vor der Gehirnwäsche und dem Farmhaus. Es hatte da immer etwas zwischen Sam und mir gegeben, eine unsichtbare Verbindung, die uns beide verknüpfte. Das erklärte einiges, wenn es denn überhaupt stimmte. Und wenn ich mich entschied, es zu glauben.
    Der Typ hatte uns den Weg zur Old Brook Road erklärt und wir waren nun zu Fuß dorthin unterwegs, obwohl das Haus sicher fast acht Kilometer südlich lag. Regentropfen trafen mein Gesicht. In der Ferne erleuchtete ein Blitz den Himmel.
    »Anna?« Sam holte mich ein, die Arme eng an den Körper gepresst, damit er nicht so viel Wärme verlor, ich trug ja schließlieh seinen Mantel. Ich konnte unter seinem T-Shirt den Griff der Waffe erkennen, die hinten in seiner Hose steckte. »Wir müssen darüber sprechen.«
    »Worüber? Dass mein Vater mich angelogen hat? Dass meine richtigen Eltern tot sind? Dass ich ganz offensichtlich eine Schwester hatte, in die du verliebt gewesen bist?«
    »Du kannst nicht einfach kopflos zu diesem Haus rennen.«
    Er hatte natürlich recht, was mich nur noch mehr ärgerte. »Mein Kopf sitzt wenigstens noch da, wo er hingehört, vielen Dank.«
    Plötzlich stand er vor mir. »Wir müssen über uns sprechen. Über mich und dich. Über diese ganze Sache. Über die Antworten, die du dort unweigerlich finden wirst, egal, ob du dazu bereit bist oder nicht.«
    »Was willst du denn damit sagen?« Ich lief um ihn herum. »Es geht doch um mein Leben. Ich wüsste gern das ein oder andere darüber, was mich hierhergeführt hat und wieso ich überhaupt hier bin.« Es musste doch eine vernünftige Erklärung für das alles geben, oder etwa nicht?
    Doch schon in dem Moment, als mir dieser Gedanke kam, schmetterte mein Verstand ihn ab, weil alles, was mit Vernunft zu tun hatte, längst hinter uns auf der Strecke geblieben war.
    Ein kleiner Lieferwagen brummte an uns vorbei, weshalb ich die Hände in die Taschen steckte und den Blick abwandte. Vielleicht war der Fahrer ja von der Sektion. Paranoia hatte von mir Besitz ergriffen und ließ mich nicht mehr los. Jeder noch so kleine Teil meines Lebens war von der Sektion beeinflusst worden.
    Nichts schien mehr echt zu sein.
    Der Lieferwagen fuhr weiter, vor Erleichterung senkten sich meine Schultern wieder.
    Als diese ganze Sache losgegangen war, hatte ich mich für eine Unbeteiligte gehalten, die der Zufall in die Schwierigkeiten der Jungs verstrickt hatte und die nur das Ziel verfolgte, zu überleben. Doch wenn das, was der Typ erzählt hatte, stimmte, hing ich von Anfang an ganz tief mit drin.
    Nur auf welche Weise? Welche Aufgabe erfüllte ich? Irgendwie war das alles - die gestohlenen Beweise, das Haus mit der Nummer 2644, ich, Sam, die anderen - miteinander verknüpft. Und wir konnten das Rätsel erst lösen, wenn wir wussten, was Sam vor fünf Jahren bei dem Haus versteckt hatte, das einmal mein Zuhause gewesen war.
    *** 
    Meine Füße taten weh, meine Beine waren wie aus Gummi. Es hatte aufgehört zu regnen, doch in der Ferne hörte man es ab und zu immer noch donnern. Selbst mit Sams Mantel

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