Eselsmilch
brachte die Luft beinahe zum Flimmern. Gisela und Olga und
vermutlich auch alle anderen hatten sich längst ein Plätzchen nah an der
Wärmequelle gesichert.
Aber
Fanni und Sprudel wollten für sich sein. Was sie zu tun und zu bereden hatten,
war nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Jedenfalls noch nicht. Deshalb
verbannte die Angelegenheit, an der sie herumtüfteln mussten, die beiden in
ihre kalte Kammer.
Die
aufgeregten Stimmen der anderen waren bis hier oben zu hören, was wohl
bedeutete, dass sie verschärft diskutierten.
Als
Fanni und Sprudel von draußen hereingekommen waren, hatte Hubert gerade
geröhrt: »Ja, was glaubt ihr denn, was uns das kostet, wenn wir die Griechen
aus der EU …« Er hatte sich unterbrochen und ihnen zugerufen:
»Habt ihr zwei es mitbekommen? Abendessen gibt’s um halb acht.«
Elke
hatte bestätigend dazu genickt, und Fanni und Sprudel hatten sich an einem
unverbindlich-freundlichen Lächeln versucht.
Fanni
sah auf ihre Uhr: Viertel vor sieben.
Sprudel
drehte die Spraydose in der Hand hin und her. »Hast du gesehen? Es führt genau dieselbe
Wirkung herbei.« Er hatte die Sohle seines Turnschuhs eingesprüht, die nun wie
ein Schlittschuh über den Boden glitt. »Dabei ist der Kunststoffbelag hier
längst nicht so glatt wie der Marmor im Restaurant.«
Fanni
hatte ohnehin nicht daran gezweifelt, dass der Täter ihr Schuhwerk mit dem
Silikonspray präpariert hatte.
Das
Experiment wäre eigentlich gar nicht mehr nötig gewesen, dachte sie.
Es
hat den Beweis geliefert!
Und
die Frage aufgeworfen, wie das Zeug wieder von der Sohle wegzukriegen ist, motzte
Fanni ihre Gedankenstimme an.
Sie
schaute Sprudel dabei zu, wie er versuchte, mit einem Feuchttuch, das er
zusätzlich mit Shampoo getränkt hatte, den glatten Belag wieder wegzurubbeln.
Ihre
eigenen Schuhe, an deren Sohlen die Silikonschicht noch haftete, steckten in
einer Plastiktüte, in der sie Sprudel nachmittags hatte verschwinden lassen,
während im Hotel Agalan in Marrakesch das Gepäck eingeladen wurde. Damit Fanni
nicht auf Strümpfen humpeln musste, hatte er ihr die Sandalen aus dem Seitenfach
der Reisetasche gebracht.
»Der
Kerl muss deine Schuhe präpariert haben, während wir beim Mittagessen saßen«,
hörte Fanni ihn murmeln.
Sie
lachte bitter auf. »Da standen alle Schühchen in Reih und Glied im Entree, und
jeder konnte sich bedienen.«
»Jeder
aus der Gruppe«, präzisierte Sprudel.
»Außerdem
die Kellner und die anderen Gäste, die mittags in dem Restaurant waren«,
vervollständigte Fanni. »Aber die können wir ja wohl ausklammern.«
Sprudel
warf ihr einen deprimierten Blick zu. »Es scheint tatsächlich auf jemanden aus
der Gruppe hinauszulaufen. Bist du nach wie vor entschlossen, den anderen
unsere Schlussfolgerungen zu verschweigen?«
»Vorerst
schon«, entgegnete Fanni. »Je sicherer sich der Täter fühlt, desto eher
verplappert er sich. Vielleicht bezeichnet Wiebke die Handverletzung ihres
Mannes irgendwann einmal ganz in Gedanken als Bisswunde. Wer weiß denn schon,
ob das Glas wirklich eine Scharte hatte? Von den anderen scheint niemand bemerkt
zu haben, dass sich Otto daran verletzt hat. Und wieso waren die Brügges
eigentlich in der Bar? Wollten sie nicht gleich nach dem Essen auf ihr Zimmer?«
Weil
Sprudel schwieg, offenbar damit beschäftigt, sich Fannis Worte durch den Kopf
gehen zu lassen, fuhr sie fort: »Vielleicht zoffen sich die beiden nur, um
wahrgenommen zu werden. ›Seht her, wir sitzen im Café! Seht her, wir sitzen in
der Bar!‹ Vielleicht haben ihre Auftritte nur den Zweck, auf ihre Präsenz
hinzuweisen.«
Oho,
zieht sich um die Brügges etwa eine Schlinge aus Verdachtsmomenten zusammen?
Von
den Feuchttüchern, die Sprudel benutzt hatte, waren nur noch ein paar Fetzen
übrig. Fanni sammelte sie in einer leeren Dattelverpackung, die sie später mit
zu dem Abfallkorb in der Halle nehmen wollte.
Die
Sohle des besprühten Turnschuhs glänzte noch immer. Als Sprudel sie
versuchsweise über den Boden gleiten ließ, wies sie allerdings eine merkliche,
wenn auch eingeschränkte Haftung auf.
»Tauglich«,
entschied er. »Vielleicht nicht gerade für Marmorböden, aber für Holz- und
Kunststoffbeläge und für Wiesenwege allemal.« Er stellte den Turnschuh zu
seinem Gegenstück unters Bett und wollte nach der Tüte mit Fannis präparierten
Schuhen greifen.
Sie
legte ihm jedoch die Hand auf den Arm. »Lass nur. Ich brauche sie nicht. Auf
der Trekkingtour muss ich sowieso
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