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Eselsmilch

Eselsmilch

Titel: Eselsmilch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Mehler
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sich drei angepflockte Mulis die paar dürren Halme auf
einem trockenen Grasfleck.
    »Das
müssen die Packtiere für unsere Reisegruppe sein«, sagte Sprudel.
    Fanni
schaute interessiert hinüber. Die Tiere wirkten friedlich und sanftmütig.
    Trotzdem,
dachte Fanni, ich wäre meinen Beinen wirklich dankbar, wenn sie mich selbst
tragen könnten.
    Klar,
wer will schon wie ein Mehlsack festgeschnallt auf einem Mulirücken hängen?
Hilf- und wehrlos, falls das Tier einen Fehltritt tut, den nächstbesten
Felsabbruch hinabstürzt und seine Last unter sich begräbt?
    Fanni
warf den Packtieren einen letzten, etwas scheelen Blick zu und hoffte, dass sie
am kommenden Tag die vorgesehene Strecke auf eigenen Füßen würde bewältigen
können.
    Sie
wollte sich gerade abwenden, da sah sie ein Stück unterhalb der Mulis, halb
verdeckt von einem vor sich hinrostenden Motorschlitten, eine Frau und einen
Mann in lebhafter Unterhaltung. Bei der Frau handelte es sich unverkennbar um
Melanie Fuchs. Und der Mann, da hätte Fanni schwören können, war derjenige, der
zuvor an der Theke in der Gîte gesessen hatte.
    Der
Käppimann! Könnte nicht er den Überfall in der Gasse ausgeführt haben? Als
Melanies Komplize?
    Fanni
wollte Sprudel gerade auf das Paar aufmerksam machen, da merkte sie, dass er
sich dem Eingang der Gîte zugewandt hatte und angespannt hinübersah.
    Die
Stufen zur Tür waren von einem der jungen Männer blockiert, die zuvor an dem
Tisch in der Halle gesessen hatten. Er hielt eine Spraydose in der Hand und
betätigte in kurzen Abständen den Sprühkopf. Schauer um Schauer regnete auf die
Gurte und Schnallen an seinem Rucksack nieder, den er auf der obersten Stufe
flach ausgebreitet hatte.
    Sprudel
setzte sich in Bewegung. Fanni war ihm bereits einen Schritt voraus.
    Als
sie an den jungen Mann herantraten, hatte er die Sprayflasche abgestellt und
ließ gerade einen der Gurte in die zugehörige Öse gleiten. Fanni konnte sehen,
wie das Material geschmeidig durchlief.
    Sie
sprach, bevor sie sich Worte zurechtgelegt hatte. »Das Zeug ist ja erstaunlich.
Macht alles glatt wie eine Bananenschale.«
    Der
junge Mann lachte und drehte die Spraydose so, dass Fanni die Aufschrift lesen
konnte. Der Name des Produkts sagte ihr nichts, aber dem Text darunter entnahm
sie, dass es sich um ein Gleitspray auf Silikonbasis handelte. Und der
Preisaufkleber verriet ihr, dass es aus einem Baumarkt in der Nähe von
Deggendorf stammte.
    Fanni
klopfte mit dem Zeigefinger auf das Schildchen. »Mir scheint, wir kommen aus
der gleichen Gegend.«
    Der
junge Mann sah sie verwirrt an. Erst als sein Blick von ihrem Finger gelenkt
auf das Etikett fiel, begriff er offenbar, was sie meinte. »Oh – ähm –
ich hab das Spray gar nicht von zu Hause mitgebracht.«
    »Dann
gehört es wohl einem Ihrer Freunde?«, hakte Fanni nach.
    Der
junge Mann antwortete nicht gleich.
    Jetzt
überlegt er, was dich das angeht! Mach dich auf eine rotzige Entgegnung
gefasst!
    Aber
anscheinend handelte es sich um einen höflichen, redlichen jungen Mann, denn er
sagte nach einer kleinen Pause: »Ob Sie es glauben oder nicht, ich habe diese
Sprayflasche vor ein paar Minuten gefunden.«
    Fannis
»Wo?« kam so schnell, dass er stutzte. Dann entgegnete er entschieden: »Ich
habe sie wirklich gefunden, neben dem grünen Abfallkorb in der Halle. Als ich
meine Coladose entsorgen wollte, habe ich sie gesehen. Sie wirkte so neu und
unbenutzt, dass ich sie genommen und mir angeschaut habe. Dabei fiel mir auf, dass
sie noch gut halb voll war.« Plötzlich schaute er Fanni erschrocken an. »Ist
sie Ihnen etwa abhanden gekommen?«
    Fanni
hätte gern mit »Ja« geantwortet und die Flasche an sich genommen. Aber konnte
sie einfach jemandem so eiskalt ins Gesicht lügen?
    Sprudel
konnte es. »Ich habe sie versehentlich in der Halle stehen lassen, und jemand
muss sie für Müll gehalten haben. Ich hätte sie zwar gern zurück, aber Sie
dürfen damit sprühen, so viel Sie wollen.«

7
    Fannis
Knöchel ließ sich willig belasten. Die Bandage saß jetzt stützend, jedoch nicht
mehr so straff.
    Sie
und Sprudel hatten geduscht, frische Wäsche und warme Pullover angezogen und
sich zudem noch in Fleecejacken gehüllt. Dann hatten sie sich in ihrem recht
frostigen, ziemlich klammen Schlafraum eng nebeneinander auf Fannis Bett
gehockt.
    Beide
wussten, dass sie es unten in der Halle wohlig warm gehabt hätten, denn der
Kachelofen war mit dicken Scheiten beheizt worden. Die Hitze, die er
abstrahlte,

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