Eselsmilch
die Bergschuhe anziehen, und für einen
Spaziergang um unsere Herbergen herum oder quer über den Zeltplatz reichen die
Sandalen. Was wir aber während des Trekkings noch brauchen, sind unsere
Feuchttücher.«
Sprudel
nickte, sagte aber einschränkend: »Irgendeiner unserer Reisegefährten wird
sicherlich eine Bürste dabeihaben, die ich mir mal ausleihen kann. Sobald wir
an einem Bach zelten, werde ich deine Schuhsohlen damit bearbeiten.«
Fanni
nickte zerstreut. Ihre Gedanken beschäftigten sich bereits wieder mit
Ermittlungsarbeit. »Wir haben doch in dem Restaurant alle gemeinsam an einem
Tisch gesessen. Da muss es doch möglich sein, sich zu erinnern, wer mittendrin
aufgestanden ist.«
»Heute
Mittag am Tisch«, entgegnete Sprudel, »hat wohl jeder mal gefehlt. Fast alle
sind, bevor das Hauptgericht aufgetragen wurde, auf die Toilette gegangen.«
»Melanie
war sehr lange weg«, sagte Fanni und tat ihre Bemerkung im selben Augenblick
mit einer wegwerfenden Geste ab. »Was natürlich nichts heißen will.« Nach einem
Moment angestrengten Nachdenkens fügte sie hinzu: »Vielleicht sollten wir
versuchen, uns zu erinnern, wer nicht aufgestanden und hinausgegangen ist, dann
könnten wir vielleicht den einen oder anderen als Täter ausschließen.«
Es
war eine Weile still in der immer mehr auskühlenden Kammer. Plötzlich fiel
Fanni ein, dass ja auch Sprudel vorhin etwas hatte sagen wollen. Sie fragte ihn
danach.
Er
sah sie grüblerisch an. »Fanni, wir brauchen Informationen, die wir uns hier
nicht beschaffen können.«
Ach,
wo denn dann?
Fanni
wartete, dass Sprudel weitersprach.
Da
sagte er munter: »Lass uns doch – um ein bisschen Überblick zu gewinnen –
so ein Hypothesengebäude errichten, wie wir es in früheren Fällen immer
konstruiert haben.«
Mit
einer einladenden Handbewegung forderte ihn Fanni dazu auf, und er begann recht
flüssig zu erörtern: »Hypothese eins: Jemand plant, Fanni Rot zu ermorden.
Eins
a: Durch eine fatale Verwechslung fällt ihm beim ersten Versuch Martha Stolzer
zum Opfer.
Eins
b: Er verfolgt seinen Plan weiter, führt zwei Anschläge auf Fanni aus.
Hypothese
zwei: Der Täter ist innerhalb der Reisegruppe zu suchen.
Zwei
a: Er macht diese Reise mit, um Fanni Rot in Reichweite zu haben.
Zwei
b: Er kennt Fanni nur von Bildern und aus Erzählungen …«
»Zwei
b ist aber eine sehr gewagte Annahme«, fiel ihm Fanni ins Wort.
»Wieso?«,
verteidigte sich Sprudel. »Wenn dich der Täter persönlich kennen würde,
müsstest du ihn ja auch längst erkannt haben.«
Dem
wollte Fanni widersprechen, doch Sprudel kam ihr zuvor: »Vergiss zwei b.
Ausschlaggebend ist, dass es eine uns bisher unbekannte Verbindung zwischen dir
und jemandem aus der Gruppe geben muss, die wir aufdecken müssen. Denn diese
verborgene Beziehung führt uns geradewegs zum Motiv und damit zum Täter.«
Er
wollte weiterreden, aber Fanni hatte etwas einzuschieben: »Weißt du, was sich
aus zwei b schließen lassen könnte?«
Aber
nur, wenn man wie Fanni Rot eine Menge Krimis gelesen hat!
»Dass
es sich um einen Auftragskiller handelt.«
Sprudel
schaute sie erschrocken an. »Das ist ja wohl – nein, du hast recht. Wir
müssen diese Möglichkeit in Betracht ziehen. Es muss ja kein Profi sein –
es kann kein Profi sein.« Sprudel verstummte und starrte brütend vor sich hin.
Fanni
riss ihn aus seinen Gedanken. »Du hast gerade von der Verbindung zwischen mir
und dem Täter gesprochen, als ich dich unterbrochen habe.«
»Die
sich nicht herstellen lässt, wenn es sich tatsächlich um einen Auftragsmord
handelt«, sagte Sprudel dumpf.
»Dann
ignorieren wir diese Theorie eben vorerst«, empfahl Fanni, »und gehen davon
aus, dass derjenige, der mich um die Ecke bringen will, persönlich agiert.«
Sprudel
stimmte zögerlich zu.
Der
»Auftragskiller« ist ihm in die Glieder gefahren!
»Für
einen gedungenen Mörder«, sagte Sprudel einen Moment später, »spricht
allerdings der Überfall in der Gasse. Denn dabei hätte sich jeder aus der
Reisegruppe dem enormen Risiko ausgesetzt, erkannt zu werden.«
»Einem
wirklich enormen«, gab Fanni zu, »und zudem hat es der Angreifer allein gegen
uns beide aufgenommen …« Sie hing eine Weile diesem Gedanken nach, dann
lächelte sie leise. »Aber eigentlich passt es ganz gut in unser
Hypothesenbauwerk.«
Sprudel
sah sie skeptisch an.
»Hypothese
eins a besagt«, erklärte Fanni. »›Durch eine fatale Verwechslung fällt unserem
Täter beim ersten
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