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Eskandar: Roman (German Edition)

Eskandar: Roman (German Edition)

Titel: Eskandar: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Siba Shakib
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weiter auf ihn eingeredet.
    Irgendwann, mein Freund, werden auch Sie Ihre Einstellung ändern, hat der Stammesfürst prophezeit und früher recht bekommen, als sogar er selber vermutet hatte. Noch am gleichen Abend nämlich hat er den Kanadier in sein Zelt eingeladen. Sie haben Wasserpfeife geraucht und jungen Mädchen zugesehen, die für die Männer gesungen und getanzt haben.
    Eines der Mädchen hat Richard nicht nur Tee, Rosinen und Datteln angepriesen, sondern hat ihm beiläufig auch einen Blick in ihren Ausschnitt und auf ihre festen jungen Brüste gewährt.
    Richard war so sehr in den wunderbaren Anblick vertieft, dass er nicht bemerkt hat, wann der Khan und die anderen Frauen das Zelt verlassen haben. Sie hat sich zu ihm auf die Kissen gesetzt, hat ihn liebkost und es ihm geradezu unmöglich gemacht, ihrem lustvollen Spiel zu widerstehen.
    Statt sie wie geplant in seinen Harem mitzunehmen, hat der Khan das Mädchen, Tajelmoluk, zu seiner Mutter in die Stadt zurückbringen lassen, wo der Kanadier sie fortan regelmäßig besuchen konnte. Obwohl sie noch ein halbes Kind war, hat sie den Farangi auf eine Art verführt, wie er es allenfalls aus Geschichten über türkische und griechische Kurtisanen aus Levante oder Bagdad kannte. Dass sie sich mit ihm nur eingelassen hat, weil er ihre Miete und die Schulden beim Khan bezahlt, ist Richard nur recht gewesen, denn Gefühle wollte und will er aus diesem Spiel heraushalten. Auch dass sie ein einfaches Mädchen ist und seine Sprache nicht spricht, hat er als Vorteil empfunden, denn so musste er sich nicht mit ihr und ihrem Leben beschäftigen. Die Befriedigung seiner Lust ist die einzige Verbindung zwischen ihm und dieser kleinen Hure gewesen, und so sollte es auch bleiben.
    Doch dann ist geschehen, was niemals hätte geschehen dürfen. Das Mädchen ist schwanger geworden. Sie selber hat behauptet, nicht zu wissen, wie es zu so etwas kommen kann, und ihre Mutter hat gesagt, sie wird einen Skandal machen, wenn der Farangi nicht weiterbezahlt und sich nicht um das Kind im Bauch ihrer Tochter kümmert.
    Viele seiner britischen und polnischen Kollegen, sogar die indischen Soldaten nehmen die Dienste iranischer Frauen in Anspruch; manche haben sich sogar mit kleinen Jungen eingelassen, aber auch dieses Wissen entlastet Richards Gewissen nicht. Seit es geschehen ist, leidet er unter Albträumen und Angstzuständen, die ihm diese schlimme Schlaflosigkeit bescheren.
    Bis zum heutigen Abend wusste er nicht, wie er seine Schuld sühnen und sich auf einfache Weise des Mädchens und der Brut in ihrem Bauch entledigen könnte. Doch mit dem Erscheinen des kleinen Jungen, der den Namen des großen Griechenkönigs Alexander trägt, hat sich alles geändert. Auch wenn es nur eine leise Ahnung ist, so weiß Richard doch, dass dieser kleine schmutzige Junge der Schlüssel dafür ist, seine Schuld und sein schlechtes Gewissen reinzuwaschen.

Der Junge soll bleiben
     
    Der Saheb sagt, du sollst dich nützlich machen, übersetzt der Mo teardjem. Wenn jemand fragt, sagst du, du bist der Boy von Mister-Richard. Kannst du das?
    Eskandar grinst und nickt, Boy Mesterr-Richard.
    Die Laune des Kanadiers könnte nicht besser sein. Well done, sagt er und grinst ebenfalls. Worauf der Übersetzer die Augen verdreht und dem Ausländer wortlos zu den Bohrlöchern folgt.
    Weil er nicht weiß, was sich nützlich machen bedeutet, verkriecht Eskandar sich in den Schatten eines Zeltes und beobachtet das Treiben im Lager. Das Erste, was er begreift, ist, die Engelissi-Farangi sind die Bestimmer und die wichtigsten von allen Männern. Ansonsten kann Eskandar gucken, so viel er will, er versteht beim besten Willen nicht, warum die Männer den ganzen Tag lang den Boden aufgraben, Erde hin und her schaufeln, Stangen stemmen.
    Die wichtigen Engelissi-Farangi sehen sich die Eimer mit Erde und Steinen genau an, reiben sie zwischen den Fingern und riechen daran. Sie schieben die Erde unter Gläser, mit denen sie alles größer sehen, und manchmal sagen sie, disis gud. Das ist das Zeichen für die iranischen Arbeiter, weiterzuschaufeln und zu hacken, bis die Engelissi-Farangi sagen, sie sollen aufhören zu schaufeln und an eine andere Stelle ziehen und die iranischen Arbeiter ihnen folgen.
    Schon nach ein paar Tagen bringt Eskandar den Engelissi ungefragt Wasser zum Trinken, er klopft den Staub von ihren Jacken, hilft ihnen beim An- und Ausziehen ihrer schweren Stiefel. Er wäscht und putzt sie mit einer so großen

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