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Essen kann jeder

Essen kann jeder

Titel: Essen kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Weber
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erdrückt, Myria den von Insekten vergiftet. Für jedes Maisfeld wurde einst ein Wald gerodet oder eine blühende Wiese umgegraben. Für eine öde Monokultur wurde ein komplexes Ökosystem mit Hunderten von Tierarten zerstört. Offensichtlich gibt es keine Lebensweise, die völlig ohne den Tod von anderen auskommt. Selbst der Baum wurzelt in toter Materie und freut sich, dass der Maul wurf unter seinen Blättern krepiert ist. Denn er braucht die Nähr stoffe des verwesenden Kadavers zum Überleben. Wenn Pflanzen auf extrem armen Böden wachsen, werden die friedlichen Geschöpfe selbst zum grausamen Jäger. Denken wir zum Beispiel an die fleischfressende Venusfliegenfalle. An ihrem Bei spiel sehen wir: Selbst Pflanzen sind nicht zwangsläufig Vege tarier.
    Darf ich also Fleisch essen?
    Verstehen Sie mich bitte nicht falsch. Nichts von dem, was ich hier anführe, soll die moderne Fleischindustrie in irgendeiner Form verteidigen. Ich möchte nur deutlich machen, dass es ein großer Unterschied ist, ob man das Töten und Essen von Tieren grundsätzlich ablehnt oder nur die gängige Praxis. Natürlich werden Tiere heute behandelt wie leblose Produkte. Tiergerechte Haltung ist in Deutschland nicht die Regel, sondern die Ausnahme. Nicht einmal ein Prozent aller Hühner stammt aus halbwegs akzeptabler biologischer Haltung. Und glauben Sie der Milka-Werbung nicht. Nur die wenigsten Rinder sehen in ihrem Leben eine frühlingsfrische Almwiese.
    Aber auch heute gibt es noch Tierhaltung, die nicht per se barbarisch, unökologisch und asozial ist. Da würde man einigen aufrechten Landwirten hier wirklich sehr unrecht tun! Es gibt zum Beispiel einen Ökobauern in Brandenburg, der verschickt mit der Wurst ein Bild von der Sau, die die Wurst gestiftet hat. Das klingt makaber, schafft aber doch einen Bezug zu dem Tier. Die Säue werden im Freiland gehalten und bekommen nur bes tes regionales und saisonales Biofutter. Also besseres Essen als der durchschnittliche Werkskantinenesser. Das erkennt man auch auf den Fotos: Die Schweine sehen auf ihrem Porträt glücklicher aus als ein Verwaltungsbeamter nach der Mittagspause.
    Um mein Plädoyer hier abzuschließen, möchte ich die These aufstellen: Wenn ein Tier in der Summe seines Lebens mehr Glück erfährt als es durch den kurzen Moment seines gewalt samen Todes Unglück erleidet, dann ist sein Verzehr zu recht fertigen.
    → Mein Tipp
    Essen Sie weniger Fleisch, und zwar viel weniger! Informieren Sie sich, wie Sie an wirklich gute Qualität herankommen. Fleisch gehört meiner Meinung nach nicht zu den Dingen, die man im Supermarkt kaufen sollte – selbst wenn Bio draufsteht. Die wirklich guten Bioanbieter wie zum Beispiel Ökoland, Bioland oder Demeter liegen da selten herum. Natürlich werden Sie mehr Geld in die Hand nehmen müssen – aber Fleisch muss beim Kaufen ein bisschen wehtun. Der Preis für diesen Planeten ist einfach zu hoch.
    Außerdem: Greifen Sie doch mal wieder zur Hirschkeule. Umwelttechnisch betrachtet, gibt es kein besseres Fleisch als hei misches Wild. Die Viecher leben glücklich und zufrieden, im Ein klang mit der Natur, bis ihnen eine Kugel den Schädel wegbläst. Was will man mehr?
    → Futter für Fortgeschrittene
    Gehen Sie mal zu einer Schlachtung. Vielleicht gibt es ja in der Nähe einen Lohnschlachter, der Sie mal zuschauen lässt. Wenn Sie den Anblick ertragen, dann essen Sie weiterhin Fleisch. Wenn Sie der Anblick abstößt, werden Sie Vegetarier. Und wenn Sie dabei Spaß haben und sagen: »Hey, Schlachter, gib mir mal das Messer« – und das jeden Samstag –, dann begeben Sie sich bitte umgehend in psychiatrische Behandlung.

Die Zukunft des Fleisches
    Forscher versuchen seit einigen Jahren sehr eifrig, eine ökologische und ethische Alternative zum herkömmlichen Fleischkonsum zu finden. Die sauberste und einfachste Lösung wäre selbstverständlich, wenn wir Steaks wie Pilzkulturen in der Petrischale züchten könnten. Das würde natürliche Ressourcen schonen, und kein Tier müsste mehr sterben. Tatsächlich berichtete der Spiegel schon 2001 von dem Dermatologen Wiete Westerhof an der Universität Amsterdam, der an einem Verfahren zur Herstellung von Kunstfleisch aus tierischen Stammzellen forschte. Kurz darauf arbeiteten weltweit über zwanzig Labors fieberhaft am Schnitzel aus der Retorte. Schließlich verkündete ein gewisser Mark Post, ebenfalls Niederländer, Ende 2012, das erste Stück Kunstfleisch öffentlich zu grillen. Der Mann ist

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