Essenz: Band 1 [Das Blut der Götter] (German Edition)
wie lang so eine
Ewigkeit wirklich dauern konnte, sogar, wenn sie ohne Daniel stattfand. Dieser
Zug würde nicht ohne Nika abfahren.
Teresa wartete auf die Nacht, um sich im Schlafzimmer
ihrer einstmals besten Freundin Becky zu materialisieren. Sie aufzuspüren hatte
gedauert, denn Becky besaß Amulette. Aber sie war dumm.
Antonio Mendez’ Blut tropfte von Teresas rechter Hand.
Mit ihm war sie fertig. Jetzt beugte sie sich vor und blies Becky zart ins
Gesicht. Augenblicklich schoss die Schlange aus ihrem Bett und erstarrte. Nur
eine tödliche Haaresbreite entfernt.
„Was hast du erwartet, Goldlöckchen?“ Teresa lächelte.
„Dass ich dich davonkommen lasse?“
„Tess…“ Beckys Stimme zitterte.
„Ja“, hauchte Teresa. „Erwischt. Trotz eigener
Voodoo-Hexe. Kein Amulett der Welt kann dich vor mir beschützen.“
Becky schluckte. Sie tastete ihr Dekolleté ab, doch da
war kein Voodooschmuck mehr.
Jonah war unerwartet begabt. Er hatte den Weg zurück
in seinen und Madeleines Kerker gefunden und so die halbtote Magierin gerettet,
die unter Lumpen begraben lag. Sie hatte ihnen die Schwachstellen ihrer
Amulette verraten, und die Schwachstelle der Kette an Beckys Hals war Liebe.
Wenn man den Träger liebte, durfte man ihm das Ding vom Hals entfernen.
Teresa hätte Becky alleine niemals entdeckt. Selbst
wenn sie das ganze Zimmer Stück für Stück abgetastet hätte. So, wie auf der
Damentoilette des Versammlungshauses. Aber auf Jonah wirkte Voodoo nicht so
stark. Er hatte sie sofort gefunden, als Teresa ihn an diesen Ort führte, der
zu Beckys IP-Adresse gehörte.
Jonah hätte ihr sicher auch mit dem Amulett helfen
können, aber Teresa zog es vor, ihn zu Hause zu wissen. Deshalb hatte sie all
die Liebe zusammengekratzt, die sie jemals für Rebecca Lance empfunden hatte,
um ihr das Amulett abzunehmen. Als liebevolle Freundin.
Voodoo war cool. Es gab immer eine Hintertür. Und
diese hier, hatte Teresa eingetreten.
„Mein Kind musste sterben. Also haben eure Nachkommen
auch kein Recht auf ein Leben!“, fauchte Becky.
„Woher weißt du von den Voodoo-Amuletten und wie man
sie beschafft?“
Beckys schwieg, aber ihr Verstand summte wie ein
Bienenstaat. Leider hatte sie keine brauchbaren Info rmationen. Ihre Nase blutete
bereits. Die Kapillare in ihren Augen begannen zu platzen. Sie wehrte sich.
Zwecklos.
„Du hast viel Unruhe gestiftet. Was hast du als
nächstes geplant?“
Nichts.
Keine weiteren Pläne? Oder keine neue Order?
Teresa leitete den Endspurt ein. Sie durchforstete Beckys
Gehirn ein zweites Mal und ging zurück bis in ihre gemeinsame Kindheit. Sie
zerriss es in seine Bestandteile, Stück für Stück, um nichts zu übersehen.
Doch da war nichts. Trotzdem hörte Teresa erst auf,
als das Blut aus Beckys Augen quoll und sie keuchte.
„Wenn du mich tötest, dann ist deine Seele auch
beschmutzt, Tess!“
Teresa lächelte noch einmal.
„Ich bin nicht Daniel“, erklärte sie und strich über
Beckys Locken, bevor ihre Hand in den Brustkorb der Verräterin preschte. Rippen
knackten. „Schmutz stört mich nicht.“
Becky heulte auf, als Teresa ihr zuckendes Herz
umfasste und es herausriss.
In Mayfair legte sie das mitgebrachte Laptop und
Beckys Herz auf den Labortisch. Sie wich Tristans Blick nicht aus.
„Nichts. Aber was heißt das schon?“
Dreiundzwanzig
Freitag, 01. Februar 2013
Es hatte tagelang, wochenlang, und ohne Unterbrechung
geregnet. Mittlerweile herrschte absolute Stille in Nikas Kopf, wenn sie es so
wollte, aber sie langweilte sich, deshalb stellte sie die Beschallung fast nie
ab. Sie siebte nur alle Störfaktoren aus. Nika suchte sich ihr
Unterhaltungsprogramm gezielt aus.
Sie hatte jedes Zeitgefühl verloren, und obwohl ihr
klar war, dass sie Nahrung nicht benötigte, ließ der Gedanke an gebratenen
Speck sie einfach nicht los, an dem Morgen, als die Sintflut es sich plötzlich
anders überlegte und einfach abbrach.
Gebratener Speck, dazu Rühreier, Fisch, Brot und ein
kaltes Bier. Oder zwei.
Bier?
Nika verzog das Gesicht. Sie mochte kein Bier, hatte
sie nie. Also mussten das wohl die Gelüste eines anderen Menschen sein. Nika
versuchte, sich auf die Richtung zu konzentrieren, aus dem der Hunger auf sie
einstürmte. Nach einer Weile merkte sie es.
Es war ein Nachbar, zwei Hütten rechts neben ihr. Er
wohnte zusammen mit seiner alten Mutter und einem Mädchen, das gelegentlich kam
und dann ein paar Tage blieb.
Es war sein Appetit,
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