Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
fächerartigen Blättern, und selbst die Felsen waren grün, weil sie entweder mit Moosen bedeckt waren oder mit Ranken, die über ihre oberen Kanten hinabfielen. Diese gleichfarbige Pflanzenvielfalt wurde an manchen Stellen von Blüten mit kräftigen Farben abgelöst, die sich durch ihre besondere Schönheit von dem grünen Teppich abhoben.
Weit weniger erfreut war Olivia über die riesigen, schillernden Käfer und Insekten, Spinnen und giftig aussehenden Schlangen, auf die sie immer wieder trafen. Mit Lenno an ihrer Seite stand sie jedoch auch diese Begegnungen tapfer durch. Einigen dieser Waldbewohner kam sie sogar sehr viel näher, als ihr lieb war, denn Lenno setzte sie einfach auf seine Hand und amüsierte sich darüber, wie Olivia sich bei deren Anblick schüttelte.
Nach mehreren Stunden gelangten sie an das Ende des Waldes. Vor ihnen breitete sich eine flache Ebene aus, auf der hier und da riesige Gesteinsformationen aufragten, die aussahen, als seien sie willkürlich dort abgelegt worden. Innerhalb der Felsen taten sich teilweise Schluchten auf, und trotz des blanken Felsgesteins, das deutlicher emporragte, wuchsen Bäume verschiedener Größe und Art, Sträucher und Rankenpflanzen auf den flachen Felsbrocken. Die Ebene zwischen den Felsen bestand teils aus kahlem Erd- oder Felsboden, teils aus Wiesen. Immer wieder standen vereinzelt Palmen in der Gegend herum.
Genauso wie der Bach, den Olivia in der Nähe der Lichtung gesehen hatte, verlief vor ihnen ein Fluss treppenartig von Felsplatte zu Felsplatte, nur dass hier wesentlich mehr Wasser über höhere Stufen floss und er dadurch wilder und rauer wirkte. Der Fluss entsprang offenbar irgendwo in Tenya Nahele und schlängelte sich weit durch die Landschaft. Die Ufer, die das Flussbett säumten, bestanden aus Wiesen, die mit bunten Blumen und kleinen Ansammlungen von verschieden großen Laubbäumen übersät waren.
Lenno und Olivia standen an der Grenze des Waldes auf einem Felsvorsprung und schauten in die weite Ebene. Er nahm sie in den Arm und sagte: „Hier beginnt Aponovi, das Land, in dem der Wind durch die Schluchten weht . Wir haben etwa die Hälfte geschafft. Da hinten, unter den Bäumen, machen wir eine kurze Pause, gehen danach ein kleines Stück weiter und kommen dann zu einem See. Dort übernachten wir.“
Olivia schluckte und wusste nicht so recht, was sie davon halten sollte, die Nacht im Freien zu verbringen. Es hörte sich irgendwie romantisch an, aber nicht gerade nach einer Nacht, in der sie viel Schlaf bekommen würde.
Dieser Marsch war eines der außergewöhnlichsten Erlebnisse in Olivias Leben. Das war ihr mit jedem Schritt, den sie durch diese unvergleichlich schöne Landschaft gegangen war, immer bewusster geworden.
Sie legte ihre Arme um Lennos Körper und drückte sich an ihn. Zum ersten Mal hatte sie das Gefühl, dass es ihr in Etenya auch auf Dauer gefallen könnte.
Wapi Zaltana – Glücklicher, hoher Berg
Hinter den Bergen verwandelte die Sonne mit ihren letzten Strahlen des Tages bereits den Himmel in ein rotes Wolkenmeer. Das Zirpkonzert der Zikaden nahm weiter an Lautstärke zu und wurde von einem Chor hunderter Froschstimmen begleitet.
In dieser abendlichen Stimmung erreichten Lenno und Olivia den See, an dem sie ihr Nachtlager aufschlagen wollten. Schlanke Bäume, die hoch in den Himmel ragten und deren kleine Baumkronen sich erst in etwa zehn Meter Höhe ausbreiteten, umsäumten seine weitläufige Oberfläche. Dazwischen befanden sich ausladende Büsche und Sträucher, die von Schlingpflanzen überwuchert waren. Das Ufer spiegelte sich in der ruhigen Wasseroberfläche, die nur hier und da durch kleine Aufwirbelungen von Tieren, die darunter her schwammen, in leichte Bewegung versetzt wurde.
Olivia blieb eine Weile neben den Bäumen direkt am Wasser stehen und beobachtete, wie ein Schwarm weißer Vögel flach über das Wasser glitt, um dann im grünen Dickicht einen Platz für die Nacht einzunehmen.
Sie hatte damit gerechnet, dass die Natur und ihre Geräusche abends leiser werden würden. Was für ein Irrtum!
Das Gegenteil war der Fall. Fremdartige Vogelgesänge in verschiedenster Ausprägung drangen an ihr Ohr und sie meinte, sogar das Brüllen von Affen zu hören.
Der Sonnenuntergang in Etenya war ein malerisches Spektakel, das jedoch nicht wirklich lange andauern sollte. Bald würden die Schatten der bergigen Landschaft das Tageslicht verschluckt und ein diesiger Schleier, der von den Bergen hinabzog, die
Weitere Kostenlose Bücher