Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
etwas Vergleichbares für einen anderen Menschen empfunden. Umso mehr fühlte sie sich vom Leben um etwas betrogen, das unglaublich geworden wäre. Das war einfach nicht fair!
Nach den Herbstferien brachte sie der Alltag schnell wieder auf andere Gedanken. Geprägt durch intensive Klausurvorbereitungen schleppten sich Olivias Tage dahin.
Tatjana gab sich viel Mühe, sie abzulenken und ihr Trost zu spenden. Für sie war die Begegnung von Olivia und Lenno etwas Überirdisches, das vom Schicksal eingefädelt worden war. Trotz ihrer Traurigkeit musste Olivia immer wieder lachen, wenn ihre Freundin mit diesem Quatsch anfing.
„Ich sage dir, eines Tages werden wir uns wiedersehen und du wirst mir recht geben“, verteidigte Tatjana ihre Spinnereien jedes Mal mit erhobenem Zeigefinger.
Außerdem rückte der Termin des Auftritts näher. Zur Vorbereitung probte Olivia mit den Jungs noch häufiger als sonst. Obwohl jeder Griff auf ihren Instrumenten saß, spürten alle die nervöse Anspannung der Anderen, als sie sich einige Stunden vor dem Auftritt wieder trafen, um ihre Sachen aus dem Proberaum zu holen. Während sie Kabelkisten, Monitore, Stative, Mikroständer, Boxen, Verstärker und Instrumente in den Autos verstauten, war die Stimmung dennoch mehr als ausgelassen. Anschließend brachten sie alles zu der Kneipe, in der sie am Abend auftreten würden.
Sven half ebenfalls mit. Er war sehr stolz auf seine kleine Schwester und versäumte nicht, sie das spüren zu lassen. Immer wieder drückte er sie, hob sie strahlend hoch und sagte voller Überzeugung: „Du wirst toll sein!“
Nach dem Soundcheck fuhr Sven sie nach Hause, damit sie sich für den Auftritt fertigmachen konnte.
Kaum hatte Olivia das Wasser der Dusche ausgestellt, hörte sie ihr Handy klingeln. Sie legte sich schnell ein Badetuch um und rannte in ihr Zimmer. Das Handy lag auf ihrem Schreibtisch und war bereits verstummt, als sie es endlich erreichte. Die kurze Melodie und das Display verrieten ihr, dass jemand eine Nachricht hinterlassen hatte. Sie zögerte zunächst und schaute auf die Uhr. Viel Zeit blieb ihr nicht mehr, dann musste sie los. Doch die Neugier siegte und sie rief schließlich die Mailbox an. Schon fast ungeduldig und mit einem nervösen Blick auf ihren Wecker, erwartete sie die hinterlassene Nachricht, als plötzlich Lennos Stimme über ihr Trommelfell streichelte und damit diese ganz besondere Saite in ihr berührte.
„Hi, Olivia“, sagte er und ließ alles in ihr vibrieren. „Du fehlst mir und ich denke wirklich jede Sekunde an dich … bitte ruf mich zurück, wenn du das hier hörst … bitte.“
Seine Stimme zu hören, ohne seinen Körper in der Nähe zu spüren, löste ein Gefühlscrescendo in ihr aus, das nicht mehr aufzuhalten war. Schnell speicherte sie seine Nachricht ab und startete danach den Rückruf.
Es klingelte nur ein Mal.
„Hi“, begrüßte Lenno sie sofort und die Art, wie er es sagte, verriet ihr, dass er lächelte.
Sie schloss die Augen. „Hi“, antwortete sie.
„Wie geht es dir?“, fragte er. Die Sanftheit, die seine Worte begleitete, liebkoste den Schmetterling in ihrem Bauch, der dadurch erwachte und wie wild herumflatterte.
Atemlos legte sie den Kopf ein wenig zur Seite. „Du fehlst mir, Lenno.“
Er machte eine kleine Pause und sie meinte, seinen Herzschlag hören zu können. Doch vielleicht war es auch ihr eigener.
„Du fehlst mir auch. Was machst du gerade?“
Sie freute sich riesig über seinen Anruf und konnte ihre Nervosität kaum vor ihm verbergen. Also erzählte sie aufgedreht: „Ich habe meinen Auftritt heute Abend. Dafür mache ich mich fertig.“
„Du bist schon aufgeregt, nicht wahr?“, stellte er fest und sie nickte grinsend, ohne dass er es hätte sehen können.
„Und wie! In einer Stunde geht es los! Ich wünschte, du könntest dabei sein.“ Lenno lachte auf eine ganz bestimmte Art, die in ihr eine Erinnerung wachrief. Als stünde er vor ihr, sah sie auf einmal sein Gesicht mit diesem typischen, amüsierten Funkeln in seinen Augen vor sich.
„Hm“, bemerkte er, „die nassen Haare stehen dir wirklich ausgesprochen gut.“
Auch wenn sie es vielleicht durch seine Reaktion bereits hätte wissen können, ihr Verstand wollte es nicht wahrhaben. Verwirrt runzelte Olivia die Stirn und frage: „Was? Wie meinst du das?“
„Ich kann dich von hier aus sehen.“
Lenno lachte leise in ihr Ohr und es dauerte einen Moment, bis Olivia verstand, was er ihr sagen wollte.
Wenn er
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