Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
unternehmungslustig rief: „Worauf warten wir denn dann noch?“ Ohne Umschweife zog sie ihn lachend die Treppe bis in ihr Zimmer hinauf hinter sich her, wo sie die kleine Katze auf einem Sessel in der Ecke vorfanden, die die beiden erwartungsvoll anblickte.
In der Mitte des Raumes blieb Olivia schließlich stehen und beobachtete, wie Lenno die Balkontür öffnete, etwas nach draußen legte und die Tür dann nur anlehnte. „Damit die Katze nachher hinauslaufen kann“, erklärte er, als er sich wieder zu ihr umdrehte und ihren fragenden Blick bemerkte.
Er blieb dicht vor ihr stehen und schaute sie eindringlich an. „Bist du bereit?“
Sie nickte aufgeregt.
„Am besten, du schließt die Augen.“
Olivia gehorchte und versuchte, sich zu entspannen. Unerwartet nahm Lenno sie in den Arm und sie spürte seine Lippen auf ihren.
„Gehört das mit zum Ritual?“
„Nein, mir war nur gerade danach“, antwortete er mit einem leisen Lachen in der Stimme, von dem Olivia angesteckt wurde. „Ich habe dir übrigens als Teil meiner Markierung einen Namen in unserer Sprache gegeben.“ Olivia öffnete wieder die Augen und schaute direkt in Lennos strahlendes Gesicht. „Eigentlich sind es drei. Ich konnte mich nicht so richtig entscheiden.“ Jetzt wurde Olivia neugierig. „Dein Name ist Soyala, die Zeit der Wintersonnenwende, die Zeit deiner Markierung.“ Er schmunzelte. „ Onida, die Ersehnte. Die Eine, nach der ich gesucht habe.“ Olivias Herz galoppierte wie ein junges Fohlen beim Frühlingserwachen los. „ Satinka, die zauberhafte Tänzerin. Diejenige, die unerwartet in meinem Leben auftaucht, mir mein Herz, meinen Atem, meine Sinne raubt, alles durcheinanderbringt und schließlich mein Herz in einem ganz neuen Rhythmus schlagen lässt.“
Dies war der Moment, in dem Olivia wusste, dass sie die richtige Entscheidung getroffen hatte, als sie sich für Lenno entschieden hatte. Überwältigt von dem, was er sagte, senkte sie ihren Blick, legte ihre Hand auf sein Herz und fühlte es in ihrer Handfläche schlagen. Seine Worte öffneten Türen in ihr, von denen sie nicht einmal gewusst hatte, dass sie überhaupt existierten.
Als sie ihre Stimme wiederfand, sagte sie: „Ich glaube, ich bin jetzt bereit für deine Welt, Lenno.“
Mit geschlossenen Augen lauschte sie seiner Stimme, als er kaum hörbar zwischen all den fremdartigen Formeln „Ich liebe dich, Soyala Onida Satinka“ in ihr Ohr hauchte. Noch einmal schaute sie ihn an und bemerkte, dass die Welt um sie herum im Begriff war zu verschwinden. Mit einem konzentrierten Blick flüsterte Lenno weiterhin melodische Phrasen in jener alten Sprache, die Olivia nicht verstand, von denen sie aber vollkommen eingenommen wurde, bis sie schließlich eine haltlose Dunkelheit umfing. Erst als das Schwindelgefühl und das Kribbeln in ihrem Bauch erneut einsetzten, schloss sie schnell ihre Augen.
Soyala Onida Satinka.
So sollte ihre Zukunft also von nun an heißen. In Olivias Herz hörte es sich perfekt an und sie war sich in diesem Moment absolut sicher, dass sie genau das Richtige tat.
Der Übergang
Nichts.
Nur beklemmende Stille.
Jene Stille, die einem das kalte Grauen in die Knochen fahren lässt.
Gefangen in unendlicher Dunkelheit.
Olivias Herz raste. Ihr Atem ging schnell. Sie schaute sich panisch um. Da war nichts! Rein gar nichts!
Irgendetwas lief gerade verdammt schief. Der Übergang vollzog sich nicht so einfach wie bei ihrer Markierung.
Ein Meer aus purer Angst flutete ihren Körper.
Tief in ihrem Innersten sträubte sich etwas, den Eintritt in Lennos Welt zu finden. Aber sie konnte sich nicht dagegen wehren. Das Kribbeln in ihrem Bauch verdichtete sich plötzlich zu Übelkeit, der Schwindel zu einem dumpfen Kopfschmerz. Olivia schwebte in diesem Nichts, wusste aber weder in welche Richtung sie sich bewegen musste, noch woher sie gekommen war und fürchtete sich davor, sich selbst in dieser grenzenlosen Leere zu verlieren.
So laut sie konnte, rief sie Lennos Namen, doch nicht einmal der leiseste Ton kam über ihre Lippen. Entsetzt stellte sie fest, dass an diesem Ort überhaupt kein Schall existierte. Ihre Stimme blieb lautlos, ihre Schreie stumm.
Was sollte sie nur tun?
Verzweiflung nagte an ihren Nerven.
Wie lange würde es dauern, bis Lenno endlich realisierte, dass sie dort zwischen den Welten feststeckte? Würde er ihr überhaupt helfen können?
Sie schrie wiederholt seinen Namen und begann zu weinen, doch die Stille verschluckte jeden Ton
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