Etenya Saga - Band 1: Soyala - Zeit der Wintersonnenwende (German Edition)
Moment spürte Olivia seine Lippen auf ihren.
„In Ordnung“, hauchte sie nach dem Kuss, kurz bevor sie ihn wieder ansah, „du hast mich überzeugt. Ich vertraue dir. Ich vertraue deiner Schwester.“
„Aber da ist noch etwas.“ Sie öffnete überrascht die Augen, und als sich ihre Blicke trafen, entdeckte sie etwas Düsteres in seinem. „Es wäre gut, wenn du niemandem, auch nicht meiner Familie, deine Stimme offenbaren würdest.“
Olivia rückte ein Stück von ihm ab und spürte, wie erneut eine Kälte ihr Herz ergriff. „Wieso?“
„Da ist etwas in deiner Stimme“, flüsterte Lenno plötzlich geheimnisvoll.
„In meiner Stimme? Was ist denn mit ihr?“
Diesem Moment haftete etwas Unheimliches an.
„Sie hat eine besondere Wirkung auf die Menschen in meiner Welt.“ Lenno zögerte, während der goldene Schimmer wieder in seinen Augen aufflammte und dort verweilte.
Irritiert zuckte Olivia mit den Schultern und schüttelte leicht den Kopf.
„Ich kann es dir auch nicht besser erklären“, verteidigte sich Lenno. „Es ist etwas in deiner Stimme, das mächtige Urinstinkte in uns anspricht.“
Olivia lachte erschrocken auf. „Was für Urinstinkte?“
„Positive wie negative. Deshalb solltest du versuchen, mit niemandem in meiner Welt zu sprechen. Denn ich weiß ehrlich gesagt selbst nicht, was deine Stimme dort bewirken kann.“
Alles schien absurd und unheimlich zugleich. Dennoch nickte Olivia alarmiert und nahm sich vor, seine Warnung ernst zu nehmen. Die Letzte hatte ihr schließlich das Leben gerettet.
„Kann ich denn wenigstens mit dir sprechen?“, fragte sie unsicher, und Lenno schmunzelte.
„Ich könnte es ohne nicht aushalten, ich würde eingehen.“ Dann drückte er sie an sich. „Du brauchst keine Angst zu haben, ich werde bei dir sein!“ Erleichtert lehnte sie ihren Kopf an seinen und nickte.
„Das Übergangsritual ist dem der Markierung ähnlich. Es geht nur schneller. Allerdings benötigst du einen Platzhalter hier in deiner Welt, damit sich deine Existenz nicht verliert“, erklärte Lenno.
Olivia sah ihn verblüfft an. „Hast du so etwas auch in deiner Welt?“
Er wich ihrem Blick aus und schüttelte den Kopf. „Nein, in meiner Natur liegt es, immer in meine Welt zurückkehren zu müssen. Wir sind nicht dafür geschaffen, in deine Welt überzuwechseln. So bleibt meine Existenz grundsätzlich in Etenya erhalten.“ Er sah sie direkt an. „Würde ich zu lange hier bleiben, würde meine Existenz an beiden Orten verblassen und ausgelöscht werden.“
Ihre Blicke versanken für einen Moment nachdenklich ineinander.
Sie könnten also nur dann auf Dauer zusammen sein, wenn Olivia für immer mit in Lennos Welt ginge. Dass sie sich gegen ihn entscheiden könnte, stand vollkommen außer Frage. Sie wollte ihn auf jeden Fall als Teil ihres Lebens bei sich wissen und brauchte von nun an eigentlich nur nach vorn zu schauen. Der Blick nach hinten und jeglicher Zweifel hatten sich damit augenblicklich erübrigt.
„Wie sieht denn mein Platzhalter aus?“, fragte sie deshalb, ohne weiter auf das einzugehen, was Lenno gesagt hatte.
Der goldene Schimmer lief von neuem über seine Augen und seine Gesichtszüge entspannten sich wieder. Schmunzelnd schob er sie von seinem Schoß, ging zur Tür, die in den Garten führte, und öffnete sie. Olivia traute ihren Augen nicht. Eine bildhübsche, laut schnurrende Schildpatt-Katze kam mit hoch erhobenem Schwanz in die Küche getrippelt, geradewegs auf Olivia zu, und schmiegte sich an ihre Beine.
„Mit was hast du sie erpresst, damit sie uns hilft?“, fragte Olivia entgeistert und nahm die Katze auf den Arm.
Lenno lachte auf und antwortete amüsiert: „Ach, so viel Überredungskunst brauchte es nicht. Es ist eine Ehre für sie.“
Olivia schüttelte ungläubig den Kopf und setzte die Katze zurück auf den Boden, die sofort aus der Küche, den Flur entlang- und die Treppe hinauflief.
„Na ja, da sind wir ja bestens vorbereitet“, stellte Olivia weiterhin ein wenig irritiert fest. „Muss ich irgendetwas mitnehmen?“
Lenno legte seine Hände auf ihre Hüften und zog sie zu sich. „Es wird alles da sein, was du brauchst.“ Er lehnte seine Stirn gegen ihre. „Ich bewundere deinen Mut, Olivia, und deine Entschlossenheit, mit der du mir und meiner Welt eine Chance gibst. Ich liebe dich auch dafür.“
Sie sah ihm lange in die Augen, bevor sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht abzeichnete, sie seine Hand von ihrer Hüfte nahm und
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