Eternity
dort hineinzuwerfen.
Als Lucien am Concubine ankam, war der Club geschlossen.
Allerdings störte es ihn nicht weiter, weil er einfach die Tür eintrat. Leer wirkte der Club völlig anders als voller Gäste. Ohne Trockeneis und intime Beleuchtung verlor er einiges von seiner mystischen Atmosphäre. Die metallische Oberfläche der langen Bar schimmerte im Halbdunkel. Es war nicht besonders sauber, der Fußboden war klebrig. Vielleicht waren die Putzleute noch nicht da gewesen. Es war niemand zu sehen.
Und doch spürte Lucien mit seinen geschärften Sinnen, dass einige Seelen da waren … menschliche Seelen in größter Gefahr … und zwar nicht wegen ihm.
»Hallo?«, rief er. Wo waren all diese Leute? Warum konnte er sie nicht sehen?
Seine Stimme hallte über die Tanzfläche, die Bar, den VIP-Bereich. Niemand.
Nichts.
Wo war sein Bruder? Warum hatte er sich so machtvoll hergezogen gefühlt, wenn die Ursache all seiner Probleme – sein Bruder – nicht einmal dort war?
Dann plötzlich hörte Lucien schwere Schritte, die sich ihm von hinten näherten. Erwartungsvoll drehte er sich um.
»Was kann ich für Sie tun?«
Es war Reginald, Dimitris dreihundert Pfund schwerer Bodyguard und Türsteher. Sein schwarzer Schädel glänzte frisch rasiert, und um den Hals trug er stolz eine dicke Goldkette mit Namensschild.
»Hallo, Reginald«, sagte Lucien, erfreut, ihn zu sehen.
Mit ihm hatte er leichtes Spiel. Manche Menschen, wie Meena zum Beispiel, waren unmöglich zu kontrollieren, weil es in ihren Köpfen zu voll war. Aber Reginalds Gehirn war wie eine weite, offene Ebene.
»Wie sind Sie hier hereingekommen?« Reginald richtete seine Pistole wie in einem Gangsterfilm auf Lucien.
Der arme Reginald, dachte Lucien amüsiert. »Leg die Pistole weg, mein Sohn«, sagte er. »Du erinnerst dich doch an mich. Ich war kürzlich hier, um meinen Bruder zu besuchen.«
Gehorsam senkte Reginald die Waffe. »O ja«, erwiderte er. »Sie haben Mr Dimitri aufgemischt.«
»Genau«, sagte Lucien lächelnd. »Und jetzt bin ich aus demselben Grund hier. Du weißt nicht zufällig, wo Mr Dimitri ist, oder?«
Reginald schüttelte den Kopf. Er steckte die Pistole in den Bund seiner Trainingshose … Luciens Meinung nach nicht gerade der beste Platz für eine geladene Waffe.
»Nein«, antwortete Reginald. »Vor einer Weile wurden alle plötzlich ganz aufgeregt und haben mich hier allein gelassen. Sie haben nicht gesagt, wann sie zurückkommen oder so. Ich weiß noch nicht einmal, ob ich heute Abend aufmachen soll oder nicht.«
»Interessant«, sagte Lucien. »Und du weißt nicht zufällig, weswegen sie so ›aufgeregt‹ waren, Reginald?«
»Zum Teufel, nein«, erwiderte Reginald. »Mir sagt ja keiner was.«
Lucien ging in Reginalds Gedanken. Der Mann sagte die Wahrheit. Er wusste nichts … außer …
»Reginald«, sagte Lucien, »sind wir die einzigen Leute hier?«
»Nein«, gab Reginald zu. Lucien spürte die Angst des Mannes. Sie war so scharf und spitz wie ein Messer. »Da sind noch die Leute im Keller.«
»Der Keller«, wiederholte Lucien. »Würdest du mich dorthin bringen, Reginald?«
Reginalds Angst wurde größer. »Mr Dimitri hat uns verboten, in den Keller zu gehen«, protestierte er.
»Es ist schon in Ordnung, Reginald«, sagte Lucien ruhig. »Ich komme mit dir. Solange ich bei dir bin, passiert dir nichts.«
Reginald glaubte ihm … aber nur, weil Lucien seine Gedanken kontrollierte. Zögernd trat er hinter die Bar, um die Schlüssel zu holen, dann führte er Lucien zu einer Tür, die er mit zitternden Händen aufschloss.
Was auch immer im Keller war, die menschlichen Angestellten des Clubs, die eigentlich nichts davon wissen durften, hatten Angst davor.
Lucien folgte Reginald über die schmale Betontreppe, wobei er mit jedem Schritt den Tod deutlicher spürte. Er konnte ihn nicht nur riechen … er konnte ihn fühlen. Er drang durch seine Poren wie Feuchtigkeit aus den Kellerwänden. Das war ihm aufgefallen, als er den Club betreten hatte … das Schlagen menschlicher Herzen voller Leben … und bevorstehendes Unheil.
Fühlte Meena Harper das jeden Tag ihres Lebens, wenn sie die Straße entlangging, in der Subway fuhr, ihrer Arbeit nachging?
Wie hielt sie das nur aus?
Sie kamen an zwei Türen.
Hinter einer donnerten Herzschläge so laut, dass sich Lucien am liebsten die Ohren zugehalten hätte.
Hinter der anderen Tür hörte er nichts.
Er nickte zu der Tür hin, hinter der Stille herrschte.
»Öffne
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