Eternity
sollte. Er war immer extrem gesund gewesen. Woher sollte da auf einmal eine Infektion kommen?
»Vielleicht weil du fast verblutest wärst und Miss Harper die Blutung mit bloßen Händen und einem Druckverband aus einem Schal und einem Stock stoppen musste, um dir das Leben zu retten?«, hatte Abraham Holtzman gemeint, als Alaric ihm diese Frage gestellt hatte.
Aber Holtzman war bloß gereizt, weil er seine Augenbrauen verloren und Verbrennungen am ganzen Körper hatte, dank Lucien Antonescus Abschiedsschuss. Die meisten Vampire waren dabei umgekommen, und Schwester Gertrudes Habit war in Flammen aufgegangen.
Alaric wäre gerne dabei gewesen.
Nicht, weil es ihn anmachte, nackte Nonnen herumlaufen zu sehen, aber er hätte sie gerne in die geheimen unterirdischen Katakomben flüchten sehen, in denen sie sich versteckt hatten, bis die Feuerwehr mit ihren Schläuchen ankam.
»Es ist deine Schuld«, hatte Holtzman ihm bei seinem ersten Besuch im Krankenhaus vorgeworfen. »Wenn du meiner Anweisung gefolgt wärst und dich auf die Bestie konzentriert hättest anstatt auf das Mädchen, hätten wir ihn gehabt. Aber nein. Du musstest ja nachsehen, ob auch Meena Harper nichts passiert war. Und deshalb ist der Prinz der Finsternis entkommen. Das kannst du nie wiedergutmachen, Wulf.«
Es gab nicht genug Schmerzmittel auf der Welt, um den Tadel von Abraham Holtzman erträglich zu machen. Und die Tatsache, dass Alaric gar nichts nahm, weil er schon allein den Gedanken daran hasste, benommen davon zu werden, machte es nicht besser.
»Also hätte ich sie einfach da liegen lassen sollen?«, hatte er erwidert. »Sie hätte eine Gehirnerschütterung oder etwas Schlimmeres haben können. Sie war gerade von einem Drachen quer durch das Kirchenschiff geschleudert worden.«
»Lucien Dracula würde diesem Mädchen nie etwas tun.« Holtzman war nicht zu besänftigen. Auch er hatte an den Händen und im Gesicht Verbrennungen und sah unglaublich komisch aus ohne seine Augenbrauen. Aber das erwähnte Alaric natürlich besser nicht. Allerdings hatte er vor, ein paar Fotos mit seinem Handy zu machen und sie an Martin zu schicken, damit er auch was zu lachen hatte. »Du bist hinter ihr hergerannt, anstatt deinen Job zu machen, weil du in sie verliebt bist. Ich habe schwere Bedenken bezüglich deines Plans, sie für die Geheime Garde zu engagieren. Das führt nur zu Problemen. Vor allem, da Lucien Dracula immer noch da ist und sie anscheinend ebenfalls liebt.«
»Ich bin nicht in sie verliebt.« Alaric hatte noch nie in seinem Leben etwas so Lächerliches gehört. Aber ein Teil von ihm wunderte sich. Merkte man es tatsächlich so deutlich? »Aber wenn du keinen Vorteil darin siehst, jemanden so …«
»Oh, ich sehe die Vorteile durchaus.« Abraham zog sein Taschentuch heraus und betupfte eine nässende Stelle. Angeekelt wandte Alaric den Blick ab. Aber er sah vermutlich nicht viel besser aus. Wie er Krankenhäuser hasste! »Und unsere Vorgesetzten leider auch, denn sie haben bereits die notwendigen Dokumente geschickt, damit wir hier in Manhattan eine Spezialeinheit aufbauen können, die ich leiten soll.« Düster fügte
er hinzu. »Du sollst ebenfalls hierbleiben.« Alaric war überrascht. Er bemühte sich, seine Freude nicht zu sehr zu zeigen. »Ich habe allerdings schwerste Bedenken. Ich glaube, es führt nur zu einer Katastrophe«, fuhr Holtzman fort. »Aber du sollst wissen, dass ich dich im Auge behalte, Wulf. Ich fand dein Verhalten in der letzten Woche inakzeptabel. Meiner Meinung nach hast du den Vorfall in Berlin noch nicht verwunden, und ich werde sehr genau beobachten, wie du dich Miss Harper gegenüber verhältst. Allerdings hat sie noch gar nicht gesagt, ob sie den Job annimmt«, fügte Holtzman hinzu.
Alaric wäre fast aus dem Bett gesprungen, obwohl das natürlich wegen der Streckvorrichtung nicht ging. »Was?«, platzte es aus ihm heraus. »Warum denn nicht? Hast du ihr denn nicht angeboten …«
»Oh, beruhige dich, Wulf«, sagte Holtzman säuerlich. »Wir haben ihr ein absolut adäquates Angebot gemacht.«
»Adäquat?« Alaric hätte ihm am liebsten etwas an den Kopf geworfen. Aber nur die Fernbedienung lag in greifbarer Nähe, und er hatte sie schon so oft durchs Zimmer geschleudert, dass die Krankenschwestern ihm gedroht hatten, sie ihm nicht mehr wiederzubringen, wenn er sie noch einmal werfen sollte. »Sie ist …«
»Sie ist eine Wahrsagerin «, rief Holtzman ihm ins Gedächtnis. »Es ist ja nicht so, als ob sie
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