Eternity
zumal Meena so gut wie nichts über die rumänische Geschichte wusste. Aber sie meinte, sich an etwas zu erinnern zu können…o ja, etwas Schreckliches. Warum hatte sie Rumänien nicht vorher gegoogelt? Dann wäre sie jetzt wenigstens informiert.
»Na ja«, sagte sie mit sichtlichem Unbehagen. »Das kann ich verstehen. Ich schaue auch nicht gerne Filme, in denen Leute sterben.« Nein, das war zu nahe dran. »Auf jeden Fall foltert Jack Bauer ja nur die Bösen.«
»Woher können Sie denn so sicher wie Jack Bauer sein«, Lucien lächelte sie an, während die Aufzugtüren aufglitten, »dass Sie die Guten von den Bösen unterscheiden können?«
Meena zögerte kurz, bevor sie den Aufzug betrat. Jack Bauer zog knurrend an seiner Leine und weigerte sich, den Flur zu verlassen. Aus irgendeinem Grund fiel Meena Jons Bemerkung über dunkle Hauseingänge ein.
Kannte sie den Unterschied zwischen Gut und Böse wirklich? Meena hatte David immer für einen Guten gehalten, aber Leisha hatte von Anfang an darauf bestanden, dass er zu den Schlechten gehörte. Und war er am Ende nicht einfach seinem Herzen gefolgt?
Ehrlich gesagt war ja Meena ohne ihn viel besser dran. Wenn sie bei David geblieben wäre, wäre sie jetzt eine Hausfrau in New Jersey, wohin David gezogen war, um dort seine Praxis zu eröffnen. Er hatte ein Haus dort und eine Frau, die ein Kind erwartete.
Ein solches Leben wollte Meena nicht. Sie liebte ihren Job
und das Leben in New York City, auch wenn es nicht perfekt war. Vor diesem Hintergrund hatte sich zwischen ihr und David letztendlich doch alles richtig entwickelt, oder?
Und hier stand Lucien, der ihr das Leben gerettet hatte. Das machte ihn doch zu einem Guten, oder nicht? Er war definitiv ein Guter.
Na ja, Jack Bauer konnte ihn nicht leiden.
Aber Jack Bauer mochte auch Mary Lou oder Emil nicht … von dem Tag an, als Meena ihn aus dem Tierheim nach Hause gebracht hatte. Und sie waren immer reizend gewesen – mal abgesehen von den langweiligen Gesprächen im Aufzug. Wenn sie bloß an das viele Geld dachte, das sie für wohltätige Zwecke sammelten.
Meena erwiderte Luciens Lächeln. »Ich glaube, Sie sind ein Guter«, sagte sie entschlossen. »Jack Bauer glaubt das auch. Er muss nur erst noch überzeugt werden, schließlich hat sein Gehirn nur die Größe einer Walnuss.«
Leider demonstrierte der Hund das, indem er nicht mit in den Aufzug kam, bis sich die Türen schlossen. Meena musste kräftig an der Leine ziehen, und Jack Bauer jaulte erschreckt auf. Mit einem Satz sprang er ihr zwischen die Beine. Meena strauchelte und landete direkt in Luciens Armen.
»Oh«, sagte sie verlegen. »Entschuldigen Sie.«
»Keine Ursache«, sagte Lucien. »Alles in Ordnung?«
»Ja, nichts passiert«, antwortete Meena. Sie konnte ihren Blick nicht von ihm wenden.
Keiner von ihnen konnte anscheinend den anderen loslassen. Sie standen da und schauten einander in die Augen. Meenas Atmung wurde flach. Sie fragte sich, ob er wohl auch die kleinen Stromstöße spürte, die sie wahrnahm …
… oder ob sie sich das nur einbildete. Ihr Herz schlug schneller als sonst und ein wenig unregelmäßig.
Sie wollte nicht das Schweigen zwischen ihnen brechen, weil es die Art von Schweigen war, in der alles passieren konnte.
Er hätte sich, spürte sie, sogar zu ihr herunterbeugen und sie küssen können … wenn sie nur lange genug den Mund gehalten hätte.
Aber das konnte sie natürlich nicht. Dazu war sie zu nervös.
»Was ist denn mit Ihnen passiert, dass Sie sich keine Filme angucken können, in denen Leute gefoltert werden?«, fragte sie. Ihre Stimme klang ein wenig rau.
Sie beobachtete ihn genau, um seine Reaktion abschätzen zu können. Aber er ließ sich nichts anmerken. Stattdessen beantwortete er ihre Frage mit einer Gegenfrage.
»Was ist Ihnen passiert«, fragte er genauso freundlich zurück, »dass Sie keine Filme sehen können, in denen die Darsteller sterben?«
Sie wandte sich ab und blickte auf die Aufzugtüren, die gerade auseinanderglitten. Sie waren in der Lobby angekommen.
»Ach«, sagte sie lachend, während sie Jack Bauer, der sich schrecklich benahm, aus dem Aufzug zerrte. »Wahrscheinlich liebe ich es einfach, wenn alles gut ausgeht.«
»Das geht mir genauso.« Lucien folgte ihr lächelnd. »Morgen schaue ich mir diese Fernsehserie, für die Sie arbeiten, einmal an.«
»Oh«, sagte Meena erfreut. »Das wird eine gute Episode. Cheryl macht wieder mit Bruder Juan Carlos rum, und sie werden gesehen.
Weitere Kostenlose Bücher