Eternity
von ihnen weg.
Ob der Prinz sie gesehen hatte? Alaric wusste es nicht. Aber er hatte die Kälte der dunklen Augen gespürt, als sie kurz auf ihm geruht hatten.
Hatte der Prinz gewusst, wer er oder Holtzman waren? Wusste er, dass die Geheime Garde ihn beobachtete?
Das würde er nie erfahren, denn Holtzman griff in seine Jackentasche und zog das einzige Ding hervor, das Alaric mehr fürchtete als eine ganze Horde Vampire, die frisches Menschenblut rochen.
Das Handbuch der Geheimen Garde.
»Nein«, sagte Alaric irritiert. »Um Gottes willen, Holtzman. Wir haben keine Zeit …«
»Sieh her, Wulf«, unterbrach ihn Holtzman, »auf Seite vierzehn des Handbuchs steht: ›Wird ein Gardist Zeuge, wie sein Partner im Kampf verwundet wird, muss er mindestens zwei Wochen Urlaub nehmen und sich in therapeutische Behandlung begeben.‹ Wir wissen beide, dass du das wie üblich nicht beachtet hast. ›Und erst, wenn er beides befolgt hat, darf er
wieder seinen Dienst tun.‹ Nun, wir wissen ja, was du für ein Workaholic bist. Du hattest seit Jahren schon keinen Urlaub mehr. Es war weiß Gott schrecklich, was Martin in Berlin durchgemacht hat. Du hast danach das gesamte Nest allein beschattet … leugne es nicht ab, ich habe den Bericht gesehen. Es ist nicht deine Schuld, dass sie in den Untergrund gegangen sind und nie gefunden wurden. Wir waren durchaus bereit, ein Auge zuzudrücken, als du dich geweigert hast, die Regeln zu befolgen. Aber wenn es um den Prinzen der Finsternis geht, musst du dich zurückhalten und uns … Alaric! Bleib stehen, Alaric!«
Alaric hatte ihm jedoch schon viel zu lange zugehört und sprintete hinter dem Paar her, das gerade um die Ecke verschwunden war.
Sie waren natürlich nirgendwo mehr zu sehen.
Obwohl das eigentlich nicht möglich war. Der Mann war weit über eins achtzig groß, und die Frau, selbst mit hohen Absätzen, höchstens eins sechzig. Sie waren ein auffallendes Paar, und er hätte sie eigentlich sehen müssen, einschließlich ihres goldbraunen Wollknäuels.
Wieso waren sie einfach so verschwunden?
»Sie sind weg«, schrie Alaric, als Holtzman ihn eingeholt hatte. »Sie sind weg. Und das ist deine Schuld! Du mit deinem bürokratischen Kram. Wenn du mir nicht aus dem Handbuch vorgelesen hättest …«
»Sie sind nicht weg.« Holtzman blickte die Straße entlang. »Er spielt mit uns.«
»Was?« Alaric schüttelte den Kopf. Er hatte Respekt vor seinem Ausbilder, aber dass er so genau nach den Regeln vorging, hatte ihn immer schon rasend gemacht.
»Er hat uns gesehen«, sagte Holtzman. »Und er hat seinen Tarnmantel umgelegt, um sich zu schützen.«
Alaric blickte ihn erschreckt an. »Ja, natürlich. Warum habe ich daran nicht gedacht?«
Holtzman schüttelte traurig den Kopf. »Warum habe ich dich wohl gebeten, dich auf den Fall zu konzentrieren, mit dem ich dich beauftragt habe? Du sollst den Mörder der toten Mädchen finden und nicht den Prinzen. Du bist persönlich viel zu involviert in den Fall, Alaric. Du willst die gesamte Vampirrasse ausrotten, für das, was sie deinem Partner angetan haben, und das macht deine Arbeit ineffektiv. Geh jetzt wieder in dein Hotel. Ich habe gehört, es ist eines der teuersten in der ganzen Stadt … wie üblich. Ich hoffe, du verlässt dich nicht darauf, dass die Buchhaltung Spesenrechnungen von einem solchen Hotel begleicht. Es gibt keinen Grund, warum du nicht wie ich im Pfarrhaus des Klarissenordens übernachtest.«
Alaric presste die Lippen zusammen. Er ließ sich nicht gerne sagen, was er tun und lassen sollte, auch nicht von seinem ältesten Mentor. Er wäre gar nicht erst auf die Idee gekommen, in einem öden Pfarrhaus zu übernachten. Außerdem bezahlte er das Luxushotel schließlich selbst.
Und er hörte auch nicht gerne, dass seine persönlichen Gefühle seine Arbeit beeinträchtigten … auch wenn es eine winzige Möglichkeit gab, dass es stimmte.
Aber vor allem gefiel es ihm nicht, dass er einem Vampir begegnet war, der so viel Macht besaß. Er konnte sich wahrhaftig auf einem belebten Bürgersteig unsichtbar machen? Und die Frau, die ihn mitsamt ihrem Hund begleitete, ebenfalls?
Alaric hatte in der Vergangenheit gegen einige ziemlich mächtige Vampire gekämpft – vor allem ein paar südamerikanische waren besonders hinterhältig gewesen –, keiner von ihnen hatte solche Fähigkeiten besessen.
»Wir können noch nicht einmal sicher sein, dass er zurückkommt«, sagte Holtzman gereizt und blickte die Fifth Avenue
entlang.
Weitere Kostenlose Bücher