Ethan von Athos
reden – irgendwie –, wenn du willst, und …«
»Hm – mach dir … mach dir keine Mühe.«
Ethan schaute sich Janos’ heitere, regelmäßige Gesichtszüge eingehender an: keine Quetschungen. An den langen, geschmeidigen Gliedmaßen trug er keine Verbände, aber er schonte deutlich seinen rechten Ellbogen. Das konnte einfach von dem Fliegerunfall kommen, – aber Ethan hatte schon einmal gesehen, dass Janos’ Knöchel auf gleiche Weise abgeschürft waren. »Was ist mit deinem Arm passiert?«
»Der Chef und sein Lieblingsschläger sind ein bisschen grob geworden und haben mich zur Tür hinausgeschmissen.«
»Verdammt! Die können doch nicht …«
»Das war, nachdem ich ihm einen Schwinger versetzt hatte«, gab Janos widerwillig zu und trat von einem Fuß auf den anderen.
Ethan hielt die Luft an und zählte bis zehn. Keine Zeit. Keine Zeit. »Also hast du den Nachmittag damit verbracht, dich zu betrinken. Mit – wem?«
»Nick«, sagte Janos und duckte sich. Er wartete auf den Ausbruch.
»Mm. Vermutlich erklärt das den Angriff auf die Vögel.« Nick war Janos’ Kumpel in all den Wettkämpfen, die Ethan kaltließen, in seinen dunkleren und paranoideren Momenten plagte Ethan gelegentlich der Verdacht, Janos hätte etwas mit Nick. Jetzt war keine Zeit dafür. Janos richtete sich wieder auf und war sichtlich überrascht, dass kein Ausbruch kam.
Ethan holte seine Brieftasche heraus und wandte sich höflich an den Polizeisergeanten. »Was kostet es, die Geißel der Spatzen hier herauszuholen, Wachtmeister?«
»Nun, Sir – falls Sie keine weitere Anzeige bezüglich Ihres Fahrzeugs vorbringen wollen …«
Ethan schüttelte den Kopf.
»Es wurde alles vom Nachtrichter berücksichtigt. Er ist frei zu gehen.«
Ethan war erleichtert, aber auch überrascht. »Keine Anklage? Nicht einmal wegen …«
»Oh, es gab schon Anklagen, Sir. Führen eines Fliegers in betrunkenem Zustand zur Gefährdung der Öffentlichkeit, Beschädigung städtischen Eigentums – und die Gebühren für die Rettungsteams …« Der Sergeant zählte alles detailliert auf.
»Hat man dir denn in der Firma eine Abfindung gegeben?«, fragte Ethan und stellte konfuse Kopfrechnungen an, ausgehend vom letzten bekannten Kontostand seines Pflegebruders.
»Mm, nicht direkt. Los, gehen wir heim. Ich habe höllische Kopfschmerzen.«
Der Sergeant rückte den Rest von Janos’ persönlichem Eigentum heraus, Janos kritzelte seinen Namen auf die Quittung, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen.
Das Geräusch des Elektrobikes nahm Janos als Ausrede, um auf der Heimfahrt das Gespräch nicht fortsetzen zu müssen. Das war ein strategischer Fehler, denn dadurch bekam Ethan Zeit, um seine Kopfrechnungen zu überprüfen.
»Wie hast du dich aus dieser Geschichte freigekauft?«, fragte Ethan, als er die Haustür runter sich schloss. Er blickte durch das Vorderzimmer auf die Digitaluhr: in drei Stunden sollte er aufstehen, um sich zur Arbeit zu begeben.
»Mach dir keine Sorgen«, sagte Janos, stieß seine Stiefel unter die Couch und machte sich auf den Weg zur Küche. »Diesmal kommt es nicht aus deiner Tasche.«
»Aus wessen denn dann? Du hast doch nicht von Nick Geld geliehen, oder?«, forschte Ethan, der ihm folgte.
»Zum Teufel, nein. Er ist noch mehr pleite als ich.« Janos holte eine Ballonflasche aus dem Schrank, biss den Kühlschlauch auf und nahm einen Zug. »Ein Schluck gegen den Kater. Möchtest du auch eins?«
Ethan tappte nicht in die offensichtliche Falle und ließ sich nicht zu einem ablenkenden Vortrag über Janos’ Trinksitten verleiten. »Ja.«
Janos hob überrascht die Augenbrauen und warf ihm einen Ballon zu. Ethan nahm ihn, ließ sich in einen Sessel fallen und streckte die Beine aus. Sich hinzusetzen war jedoch ein Fehler, ihn überflutete die emotionale Erschöpfung des Tages. »Wie steht es mit den Geldstrafen, Janos.«
Janos schlich sich zur Seite. »Sie haben sie von meinen Sozialdienstpunkten genommen.«
»O Gott!«, rief Ethan müde aus. »Seit du aus der verdammten Armee draußen bist, hast du bloß Rückschritte gemacht! Jedermann hätte inzwischen genügend Punkte gesammelt, um ein D.S. zu werden, ohne dass er sich für irgendwas hätte freiwillig melden müssen.« Ihn überkam ein heftiges Verlangen, Janos zu packen und mit dem Kopf gegen die Wand zu stoßen. Nur die schreckliche Anstrengung, die notwendig war, um wieder aufzustehen, hielt ihn davon ab. »Ich kann kein Baby mit dir den ganzen Tag allein lassen,
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