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Ethan von Athos

Ethan von Athos

Titel: Ethan von Athos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lois McMaster Bujold
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wenn du so weitermachst.«
    »Verdammt, Ethan, wer verlangt das von dir? Ich habe keine Zeit für die kleinen Scheißer. Sie behindern einen in der eigenen Entfaltung. Na ja – dich vermutlich nicht. Du bist ja ganz scharf auf Vaterschaft, nicht ich. Die ganzen Überstunden, die du im Zentrum machst, haben dir den Kopf verdreht. Du warst mal ein lustiger Kerl.«
    Janos erkannte anscheinend, dass jetzt die Grenze von Ethans erstaunlicher Toleranz erreicht war, und zog sich in Richtung auf das Bad zurück.
    »Die Reproduktionszentren sind das Herz von Athos«, sagte Ethan bitter. »Unsere ganze Zukunft. Aber du kümmerst dich nicht um Athos, nicht wahr? Du kümmerst dich nur um das, was in deiner eigenen Haut steckt.«
    »Mm.« Janos’ kurzes Grinsen deutete darauf hin, dass er drauf und dran war, Ethans Zorn mit einem obszönen Witz abzulenken, aber dann bemerkte er, wie finster sein Pflegebruder dreinblickte, und besann sich eines besseren.
    Der Kampf war plötzlich zu viel für Ethan. Seine schlaffen Finger ließen den leeren Bierballon zu Boden gleiten. Resigniert verzog er seinen Mund. »Du kannst meinen Leichtflieger haben, wenn ich weggehe.«
    Janos blieb stehen und wurde blass. »Weggehen? Ethan, es war nie meine Absicht …«
    »Oh, nicht diese Art von Weggehen. Das hat nichts mit dir zu tun. Ich habe vergessen, dass ich es dir noch nicht gesagt habe – der Bevölkerungsrat schickt mich mit einem dringenden Auftrag in seinen Diensten fort. Geheim. Top secret. Nach Jackson’s Whole. Ich bin mindestens ein Jahr weg.«
    »Na, wer kümmert sich denn jetzt nicht?«, sagte Janos verärgert. »Ein Jahr weg, ohne auch nur zu fragen. Was ist mit mir? Was soll ich tun, während du …« Janos verstummte abrupt. »Ethan – ist Jackson’s Whole nicht ein Planet? Dort draußen? Mit … mit … ihnen drauf?«
    Ethan nickte. »Ich reise in vier – nein, drei Tagen ab, auf dem galaktischen Zensusschiff. Du kannst all meine Sachen haben. Ich weiß nicht – was dort draußen passieren wird.«
    Janos’ feingeschnittenes Gesicht war auf einmal ganz nüchtern. Leise sagte er: »Ich mache sauber.«
    Endlich ein Trost, aber bevor noch Janos aus dem Bad kam, war Ethan schon in seinem Sessel eingeschlafen.

 
KAPITEL 3
     
    Dreihundert Jahre lang war Station Kline bis zu ihrer heutigen Ausdehnung gewachsen, trotzdem war Ethan nicht auf ihre Größe und Komplexität gefasst gewesen. Sie befand sich in einer Raumregion, von der nicht weniger als sechs nützliche Sprungrouten ausgingen, und dies innerhalb annehmbarer Abstände bei Beschleunigung unterhalb der Lichtgeschwindigkeit. Der dunkle Stern in der Nähe verfügte über keinerlei Planeten, und so umkreiste ihn Station Kline langsam weit draußen, fern seiner Gravitationsquelle, in stygischer Kälte.
    Als Athos erst besiedelt wurde, hatte Station Kline schon eine lange Geschichte hinter sich, sie war der Ausgangspunkt für das edle Experiment der Gründerväter gewesen. Als Festung mangelhaft, jedoch ein guter Ort für die Abwicklung von Geschäften, hatte sie mehrfach den Besitzer gewechselt, da der eine oder andere Nachbar sie als Wächter seiner Zugänge haben wollte, und überdies als Quelle von Geldströmen. Zu Ethans Zeiten verfügte sie über eine unsichere politische Unabhängigkeit, die auf Bestechung, Entschlossenheit und geschmeidigen Geschäftspraktiken beruhte, und auf einer zähen inneren Loyalität, die schon an Patriotismus grenzte. Hunderttausend Bürger lebten in ihren labyrinthischen Konstruktionen, zu Spitzenzeiten des Verkehrs kam vielleicht noch einmal ein Fünftel an Durchreisenden hinzu.
    Das alles hatte Ethan von der Mannschaft des Zensuskuriers erfahren. Die achtköpfige Crew bestand nur aus Männern, und das nicht, wie Ethan herausfand, aufgrund einer regulären Vorschrift oder aus Respekt für die Gesetze von Athos, sondern weil die weiblichen Angestellten des Zensusbüros keine Lust hatten, vier Monate Hin- und Rückflug ohne einen Urlaub auf dem Planeten zu absolvieren. Das gab Ethan eine kleine Atempause, bevor er der galaktischen Kultur ausgesetzt wurde. Die Crew verhielt sich ihm gegenüber höflich, ermunterte ihn jedoch nicht, seine eigene scheue Reserve aufzugeben, und so hatte er während der zweimonatigen Reise viel Zeit in seiner eigenen Kabine verbracht, in Studien vertieft und mit seinen Ängsten beschäftigt.
    Zur Vorbereitung auf das, was ihm bevorstand, hatte er beschlossen, in seinem Betanischen Journal für Reproduktive Medizin

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