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Etwas Endet, Etwas Beginnt

Etwas Endet, Etwas Beginnt

Titel: Etwas Endet, Etwas Beginnt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrzej Sapkowski
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verströmten. Die Menschen in blauer Kleidung drängten von einem Drahtgitter andere Menschen weg, die von der Siedlung herbeigelaufen waren. Die Katzen schauten zu.
    Einer von den Menschen in Blau hatte sich zu einem freien Platz hindurchgedrängt und übergab sich, krümmte sich. Jemand schrie, schrie grauenhaft. Wütend knallten die Türen der Autos, dann heulten wieder die Sirenen auf.
    Die Katzen schnurrten leise. Die Katzen lauschten der Musik. Das dort betraf sie nicht mehr.
    Der Picklige
    In das Netz von Tönen verstrickt, die den durchbrochenen
Schirm
mit einem feinen Gespinst von Musik zusammenfügten und -klebten, wich der
Picklige
zurück, versprühte ringsum Tröpfchen von Blut, das ihm von Klauen und Fangzähnen rann. Er wich zurück, verschwand, von dem klebrigen Bindemittel am Durchgang gehindert, stieß ein letztes Mal, schon hinter dem
Schirm
hervor, mit Hass, Wut und Drohung nach den Musikanten.
    Der
Schirm
wuchs zusammen, die letzte Spur des Risses wurde verwischt.
    Die Musikanten
    Die Musikanten saßen im Schatten eines verbeulten, rußigen, in den Boden eingegrabenen Ofens.
    »Es ist gelungen«, sagte Kersten. »Es ist für diesmal gelungen.«
    »Ja«, bestätigte Itka. »Aber nächstes Mal   … Ich weiß nicht.«
    »Es wird ein nächstes Mal geben«, flüsterte Pasiburduk. »Itka? Es wird ein nächstes Mal geben?«
    »Ohne jeden Zweifel«, sagte Itka. »Kennst du sie nicht? Weißt du nicht, woran sie jetzt denken?«
    »Nein«, sagte Pasiburduk. »Ich weiß es nicht.«
    »Aber ich weiß es«, murmelte Kersten. »Ich weiß es gut, denn ich kenne sie. Sie denken an Rache. Darum müssen wir Debbe finden.«
    »Müssen wir«, sagte Itka. »Wir müssen sie endlich finden. Nur sie kann sie aufhalten. Sie hat Kontakt zu ihnen. Und wenn sie erst bei uns ist, gehen wir hier fort. Nach Bremen. Zu den anderen. So, wie es das
Recht
gebietet. Wir müssen nach Bremen gehen.«
    Das blaue Zimmer
    Das blaue Zimmer hatte sein eigenes Leben. Es atmete den Geruch von Ozon und erhitztem Plastik, von Metall, Äther. In ihm pulsierte wie Blut die Elektrizität, die aus den isolierten Kabeln sprühte, aus den ölig glänzenden Schaltern, Tasten und Druckknöpfen. Das Zimmer flimmerte mit dem gläsernen Schein der Bildschirme, den vielen bösen, roten Augen der Sensoren. Es schwelgte in der Majestät von Chrom und Nickel, im Ernst des Schwarz, der Würde des Weiß. Es lebte.
    Es flößte Respekt ein. Es dominierte.
    Debbe bewegte sich unter dem Druck der Riemen, die sie platt an den mit Laken und Wachstuch bedeckten Tisch pressten. Sie fühlte keinen Schmerz   – die in den Schädel gestoßenen Nadeln und die gezähnten Bleche, die an ihren Ohren befestigt waren, taten nicht mehr weh, drückten nur mit der verflochtenen Krone aus Drähten, waren lästig, schmachvoll, verursachten aber kein Leiden mehr. Mit reglosem, farblosem Blick schaute Debbe auf die Pelargonie, die auf dem Fensterbrett stand. Die Pelargonie war in diesem Zimmer das einzige Ding, das ein eigenes, unabhängiges Leben hatte.
    Abgesehen von Iza.
    Iza saß gebeugt am Tisch und schrieb schnell, füllte mit kleinem Gekritzel die Seiten eines Heftes, tippte von Zeit zu Zeit mit den Fingern auf den Tasten eines Computers. Debbe lauschte dem Pulsschlag des Zimmers.
    »Na, Kleine«, sagte Iza und wandte sich um. »Fangen wir an. Ganz ruhig.«
    Ein Schalter klickte, Motoren begannen zu surren, große Spulen zu zittern, blutrote Lämpchen flammten auf. Durch die runden, karierten Fenster der Bildschirme huschten hüpfend leuchtende Mäuschen. Stifte begannen zu zittern, wie dünne Spinnenbeine hin und her zu schwingen, Zickzacklinien krochen über Rollen.
Debbe
    Iza kaute auf dem Kugelschreiber, den Blick auf die Ziffernreihen gerichtet, die frappierend regelmäßig auf dem Bildschirm auftauchten, auf die Linien, die eckigen Diagramme. Sie murmelte etwas vor sich hin, schrieb in das Heft. Sie rauchte. Schaute die Ausdrucke durch. Schließlich klickte ein Schalter.
    sah die Pelargonie. Sie fühlte Trockenheit in der Nase, eine eisige Hitze, die von der Stirn zu den Augen strömte. Sie spürte, wie der ganze Körper taub, taub wurde.
    Iza sah die Ausdrucke durch. Einige davon zerknüllte sie und warf sie in den übervollen Papierkorb, andere, markiert mit schnellen Strichen des Kugelschreibers, heftete sie zusammen und legte sie auf einen ordentlichen Stapel.
    Das Zimmer lebte.
    Debbe
    Der blaue Bildschirm zauberte Zickzackkurven und Geraden hervor, häufte in

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