Etwas ist faul
natürlich aufgeklärt?«
Gespannt wartete er auf ihre Antwort.
»Sicher. Aber er ist einer von der Sorte alter Männer, die sich von einer Idee nicht mehr abbringen lassen.«
Dann erzählte sie Gerald von Georges Behauptung, das Haus habe nur zweitausend Pfund gekostet.
Gerald war einen Augenblick still, dann sagte er langsam:
»Arnes war gewillt, zweitausend Pfund in bar und den Rest in Pfandbriefen zu nehmen. Ich nehme an, dass er das durcheinandergebracht hat.«
»Wahrscheinlich«, stimmte Alix zu. Dann blickte sie auf die Uhr.
»Wir sollten anfangen, Gerald. Fünf Minuten Verspätung!«
Ein undefinierbares Lächeln trat in sein Gesicht.
»Ich habe es mir heute anders überlegt«, antwortete er ruhig. »Ich werde heute Abend keine Bilder mehr entwickeln.«
Die Gedanken einer Frau sind eine seltsame Sache. Als Alix an diesem Mittwochabend zu Bett ging, war sie ruhig und mit sich zufrieden. Der Ärger war vergessen und ihr Glück ungetrübt wie eh und je.
Aber am Abend des folgenden Tages spürte sie, dass irgendwelche Kräfte wieder daran waren, dieses Gefühl des Glücks zu unterminieren. Dick Windyford hatte nicht noch einmal angerufen. Trotzdem führte sie ihre Unruhe auf seinen Aufenthalt im Dorf zurück. Immer und immer wieder kamen ihr seine Worte in den Sinn: »Dieser Mann ist ein völlig Fremder. Du weißt überhaupt nichts über ihn.« Und sie sah ihren Mann wieder vor sich, wie er sagte. »Alix, hältst du dieses Blaubart-Gehabe für klug?« Weshalb hatte er das gesagt? Eine Warnung hatte in diesen Worten gelegen – ein Anflug von Drohung, so als wollte er sagen: »Schnüffle nicht in meiner Vergangenheit, Alix, sonst kannst du eine peinliche Überraschung erleben.«
Bis Freitagmorgen hatte sich Alix eingeredet, dass es tatsächlich eine Frau in Geralds Leben gegeben hatte, eine Affäre, die er eifrig vor ihr zu verbergen versuchte. Ihre Eifersucht kannte keine Grenzen.
War es eine Frau, die er neulich abends um neun Uhr treffen wollte? War seine Geschichte, Negative entwickeln zu wollen, eine Notlüge, die er aus dem Augenblick heraus erdacht hatte? Vor drei Tagen noch hätte sie geschworen, dass sie ihren Mann durch und durch kannte. Jetzt hatte sie das Gefühl, dass er ein Fremder war, über den sie nichts wusste. Sie erinnerte sich an seinen Ärger über den alten George. So aufgebracht war er noch nie gewesen. Eine Kleinigkeit, vielleicht, aber sie zeigte ihr, dass sie den Mann, mit dem sie verheiratet war, nicht wirklich kannte.
Am Freitag mussten verschiedene Kleinigkeiten aus dem Dorf besorgt werden. Am Nachmittag schlug Alix vor, dass sie dies erledigen werde; Gerald könne im Garten bleiben. Aber zu ihrer Verwunderung war er damit nicht einverstanden und erklärte eigensinnig, dass er sich um die Sachen kümmern werde, und dass sie zuhause bleiben solle.
Alix gab nach, aber seine Beharrlichkeit erstaunte und alarmierte sie. Weshalb wollte er so ängstlich vermeiden, dass sie ins Dorf ging?
Plötzlich fiel ihr eine Erklärung dafür ein. War es nicht möglich, dass er Dick Windyford getroffen hatte, ohne ihr etwas davon zu sagen? Als sie heirateten, war Alix nicht eifersüchtig gewesen. Und jetzt? – Konnte es mit Gerald nicht das Gleiche sein? Vielleicht wollte er nur verhindern, dass sie Dick wiedersah? Diese Erklärung war so einleuchtend, und sie hatte etwas so Tröstliches, dass Alix sich nur zu gern daran klammerte.
Aber später, nach dem Tee, war sie wiederum ruhelos und nervös. Sie kämpfte mit einer Versuchung, die sie seit Geralds Weggehen verspürte. Zu guter Letzt, als sie sich lange genug eingeredet hatte, dass das Ankleidezimmer ihres Mannes eine gründliche Reinigung nötig habe, ging sie mit einem Staubtuch hinauf. »Wenn ich nur sicher wäre«, wiederholte sie immer wieder, »wenn ich nur ganz sicher wäre!«
Vergeblich versuchte sie, sich davon zu überzeugen, dass alles, was kompromittierend sein könnte, gewiss schon vor Jahren vernichtet worden war. Dagegen wiederum argumentierte sie, dass Männer oft die verrücktesten Beweisstücke aus übertriebener Sentimentalität aufbewahrten.
Am Ende unterlag der letzte Widerstand in Alix. Ihre Wangen brannten vor Scham über ihr Tun, während sie atemlos in gebündelten Briefpäckchen und Dokumenten wühlte, die Schubladen herauszog und sogar die Taschen der Anzüge ihres Mannes durchstöberte. Nur zwei Schubladen machten ihr einen Strich durch die Rechnung. Die unterste der Kommode und eine schmale Lade rechts
Weitere Kostenlose Bücher