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Eulen

Eulen

Titel: Eulen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiassen
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Dana als Fluchtgenossen ausgesucht hatte. Fischfinger war flink und wendig, Dana hingegen schwerfällig und, wegen seiner Begegnung mit den Rattenfallen, noch immer schlecht zu Fuß.
    Der perfekte Köder – das war Dana.
    Natürlich hatte die Polizei den bulligen Brutalo schnell eingefangen, auch wenn es ihm gelungen war, zwei Beamte abzuschütteln, bevor man ihn endgültig fasste und ihm Handschellen anlegte. Beatrice’ Stiefbruder war da nur noch ganz verschwommen in der Ferne zu erkennen gewesen, ein bronzefarbener Pfeil, der zwischen den Bäumen verschwand.
    Die Polizei fand ihn nie, andererseits suchte sie auch nicht besonders gründlich. Dana stand ganz oben auf ihrer Fahndungsliste und hatte bereits ein Vorstrafenregister.
    Aber auch Roy konnte Fischfinger nicht finden. Immer wieder war er mit seinem Rad zum Schrottplatz gefahren und hatte in Jo-Jos Eiswagen geschaut, aber der war jedes Mal leer gewesen. Und dann, eines Tages, war auch der Wagen weg, abgeschleppt und zu einem verrosteten Altmetallblock zusammengepresst.
    Beatrice Leep wusste, wo ihr Bruder sich versteckte, aber sie hatte geschworen, nichts zu verraten. »Tut mir Leid, Tex«, hatte sie zu Roy gesagt, »aber ich habe einen blutigen Eid geschworen.«
    Der Junge war also wieder verschwunden.
    Und Roy wusste, er würde Napoleon Bridger nie wiedersehen, es sei denn, der andere wollte gesehen werden.
    »Der kommt schon klar«, sagte Roy, mehr, um seine Mutter zu beruhigen. »Der ist ein Stehaufmännchen.«
    »Ich hoffe, du hast Recht«, sagte seine Mutter, »aber er ist noch so jung.«
    »Hört mal, ich hab eine Idee.« Roys Vater klimperte mit den Autoschlüsseln. »Wir machen einen Ausflug.«
    Als die Eberhardts an der Ecke Woodbury Avenue und East Oriole Street ankamen, parkten schon zwei andere Fahrzeuge vor dem Tor. Das eine war ein Streifenwagen, das andere ein blauer Pick-up. Roy erkannte beide.
    Officer David Delinko war auf dem Nachhauseweg von der Polizeiwache, wo er zum zweiten Mal vom Chef ein großes Lob erhalten hatte, dieses Mal dafür, dass er Dana Matherson mit eingefangen hatte.
    Leroy »Curly« Branitt, der im Moment arbeitslos war, hatte gerade seine Frau und seine Schwiegermutter am Einkaufszentrum abgesetzt, als ihm die Idee kam, einen kleinen Abstecher zu machen.
    Genau wie die Eberhardts waren auch die beiden Männer gekommen, um nach den Eulen zu sehen.
    Während es langsam dämmrig wurde, standen sie alle fünf wortlos da und warteten. Es war ein freundliches, unkompliziertes Schweigen, obwohl es viel zu erzählen gegeben hätte. Abgesehen von dem Zaun mit den verblassenden Schleifen merkte man dem Grundstück überhaupt nicht an, dass die Pfannkuchenleute jemals da gewesen waren. Curlys Bauwagen und die Baumaschinen waren abgeschleppt worden und auch die Mobilklofirma hatte ihre Toiletten zurückbekommen. Sogar die Vermessungspfosten hatte man aus dem Boden gezogen und mit dem Müll weggeschafft.
    Nach und nach füllte sich die Abendluft mit dem Zirpen der Grillen, und Roy musste grinsen, als er daran dachte, wie er eine Schachtel mit den Tieren gekauft und am Zaun geöffnet hatte. Offensichtlich hatten die Eulen jetzt genug Insekten zu fressen.
    Es dauerte gar nicht lange, da hüpften zwei Vögel aus einem Bau in der Nähe. Ihnen folgte auf wackligen Beinen ein Küken, das so zerbrechlich aussah wie Weihnachtsbaumschmuck.
    Im genau gleichen Rhythmus drehten die Eulen ihre zwiebelgroßen Köpfe und starrten die Menschen an, die ihrerseits die Eulen anstarrten. Roy konnte sich nur zusammenreimen, was die Tiere denken mochten.
    »Ich muss zugeben«, sagte Curly mit einem leisen, freundlichen Schnauben, »niedlich sind sie ja, die Viecher.«
     
    Eines Samstags, nachdem sich die Aufregung um den Mama-Paula-Skandal gelegt hatte, radelte Roy zur Schule, um sich ein Fußballspiel von Beatrice und ihrer Mannschaft anzuschauen. Es war ein drückend heißer Nachmittag, aber Roy hatte sich inzwischen damit abgefunden, dass es in Florida keine Jahreszeiten gab, nur leicht variierende Formen von Sommer.
    Und auch wenn er die klaren Herbsttage von Montana vermisste, so waren die Tagträume von seinem alten Zuhause doch seltener geworden. In der Sonne sah der Stadionrasen heute neongrün aus, und Roy genoss es, sein T-Shirt auszuziehen und sich rösten zu lassen.
    Beatrice hatte schon drei Tore geschossen, bevor sie Roy bemerkte, der es sich auf den Rängen bequem gemacht hatte. Sie winkte ihm zu und Roy reckte beide Daumen hoch. Er

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