Eulenspiegel
beachteten ihn gar nicht; der Mann mit den Gummihandschuhen, der mit einer grellen Lampe das weiße Auto ausleuchtete, war viel interessanter.
Toppe versuchte, sich zu van Gemmern durchzudrängeln, und stolperte über Rother, der auf allen vieren um den Wagen krabbelte und sich die Reifen ansah.
Leise fluchend rieb Toppe sich den Knöchel. »Macht ihr jetzt etwa zu zweit Dienst?«
»Nein«, antwortete van Gemmern, ohne sich umzudrehen.
Jürgen Rother kam auf die Füße. »Guten Abend, Herr Toppe. Nein, ich habe keinen Dienst. Ich hatte heute nur nichts Besseres vor, und Sie wissen doch, ich habe noch einiges nachzuholen, was die Praxis angeht.«
Van Gemmern kam herüber. »Wie auch immer, wir kratzen jetzt ein bißchen Dreck aus den Reifenprofilen, und dann würde ich die Kiste gern einschleppen lassen. Oder spricht was dagegen?«
»Von mir aus nicht«, meinte Toppe. »Fordert mal den Abschleppdienst an«, rief er den Streifenpolizisten zu, die unbeteiligt an ihrem Wagen lehnten. Er hatte die beiden ein paarmal gesehen, konnte sich an ihre Namen aber nicht erinnern.
Auch für die neue Modellbehörde hatte sich der Personalschlüssel selbstverständlich nicht verbessert, aber Anfang des Jahres war die BKV neu berechnet worden – die »belastungsbezogene Kräfteverteilung«. Toppe hatte die Daten zwar nie zu Gesicht bekommen, aber offenbar mußte seit der letzten Berechnung die Gesamtzahl der Delikte im Kreis Kleve gestiegen sein. Im K 1 hatte er allerdings nichts davon bemerkt. Jedenfalls waren ihnen neue Beamte von außerhalb zugewiesen worden, einige davon ziemlich naßforsche Typen, die die Atmosphäre auf der Wache nicht gerade verbessert hatten. Diese zwei hier – der eine groß und dunkel, der andere schmal und hellblond – kamen, wenn er sich nicht täuschte, aus Düsseldorf und sahen geschniegelt und ein klein wenig einfältig aus. Sie waren beide noch sehr jung und lächelten Toppe stolz entgegen. Erwarteten die ein Lob, weil sie das Auto hier entdeckt hatten, oder was?
»Der Wagen soll eingeschleppt werden. Ruft mal an!«
Endlich bewegte sich der Große, beugte sich in den Streifenwagen und griff zum Funkgerät.
»Haben Sie den Besitzer benachrichtigt?«
Der Blonde schüttelte den Kopf. »Das fällt nicht in unsere Zuständigkeit, wenn die Kripo beteiligt ist.«
Toppe schluckte. »Aber ihr wißt, wer der Halter ist?«
»Selbstverständlich.«
Der Dunkle tauchte wieder aus dem Auto auf. »Alles erledigt. Ist das denn jetzt der Wagen vom Postraub?«
»Bin ich Hellseher?« verlor Toppe nun doch die Geduld.
»Oh je«, staunte der Blonde. »Mit Ihnen ist heute aber nicht gut Kirschen essen, Herr Hauptkommissar.«
Toppe hatte eine Entschuldigung schon auf den Lippen – er mußte seine schlechte Laune nun wirklich nicht an diesen beiden Trantüten auslassen – aber dann hörte er den Großen was von »häuslichen Problemen« flüstern und sah, wie sie ein anzügliches Grinsen tauschten.
»Würden Sie jetzt bitte dafür sorgen, daß die Schaulustigen endlich verschwinden? Soweit ich weiß, fällt das in Ihre Zuständigkeit.«
»Ach, die stören doch nicht«, gab der Blonde zurück. »Oder stören die, Herr van Gemmern?« rief er.
Van Gemmern sah Toppe lange ins Gesicht und kam dann langsam hinzu. »Sie stören.« Er war gut einen Kopf größer als der Uniformierte.
Toppe grinste sich eins – seit wann hatte van Gemmern Humor?
»Wie sieht es aus? Irgendwas Auffälliges am Auto?« Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie die Streifenpolizisten die Leute mit großen Gesten vertrieben und sich dann breitbeinig als Schutzwall vor dem Auto postierten.
»Nein«, sagte van Gemmern. »Ist auf die übliche Weise kurzgeschlossen worden. Die Schlösser sind aber unversehrt. Die Karre war offensichtlich gar nicht abgeschlossen.«
»Hm«, überlegte Toppe, »am besten, ich setze mich gleich mit dem Halter in Verbindung. Der soll mal einen Blick auf sein Auto werfen und uns erzählen, ob etwas fehlt oder vielleicht sogar was dazu gekommen ist.«
»Von mir aus sofort. In einer halben Stunde habe ich den Wagen am Präsidium.«
»Gut, dann will ich mal sehen, ob ich den beiden Unzuständigen da vorne den Namen und die Adresse entlocken kann.«
Astrid saß am Computer, als Toppe schließlich um halb elf ins Büro kam. Wie immer, wenn sie spätabends noch arbeitete, hatte sie nur ihre Schreibtischlampe eingeschaltet, und das Zimmer wirkte beinahe gemütlich.
»Hallo«, drehte sie sich sofort mit ihrem
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