Eulenspiegel
aus.«
Heinrichs war seit Jahren immer der erste im Büro. Er versorgte frühmorgens seine Kinder, lieferte sie bei den verschiedenen Schulen ab und fuhr dann gleich durch zum Präsidium. Auch Astrid war heute schon vor acht gekommen. Wenn Helmut bei ihr schlief, wachte sie meistens schon um sechs Uhr auf, weil es ihr im Bett zu eng wurde.
Norbert van Appeldorn kam ins Büro geschlackst. »Morgen«, muffelte er und ließ sich in seinen Sessel fallen. »Oh, was sehe ich? Miss Troubleshooter schon wieder fleißig am Werk!«
Genau, dachte Astrid. Es wurmt dich mächtig, daß du mich manchmal um Hilfe bitten mußt. Aber sie hielt den Mund; auf ein Wortgefecht mit van Appeldorn hatte sie so früh am Tag noch keine Lust.
»Guten Morgen«, meinte sie nur knapp über die Schulter.
Norbert van Appeldorn tat sich mit der Computertechnik von allen am schwersten. Nach wie vor hantierte er mit Schmierzetteln herum, gab Daten erst im Nachhinein in den PC ein und schimpfte ständig über doppelte, schwachsinnige Arbeit. Astrid hatte den Eindruck, daß er sich aktiv bemühte, nichts zu kapieren.
»Na, wie war der Osterurlaub?« fragte Heinrichs aufgeräumt.
»Ging so. Liegt was an?« hoffte van Appeldorn.
»Nichts Besonderes, Datenkram eben.«
Van Appeldorn knurrte was von Zeitvergeudung und schaltete sein Terminal ein. Aber dann lächelte er plötzlich, ging zu Astrid hinüber und streckte ihr die Hand hin. »Hätte ich doch fast vergessen. Du hattest ja gestern Geburtstag. Glückwunsch!«
»Danke. Schade, daß du nicht kommen konntest.«
Er zuckte die Achseln. »Vaterpflichten. Und wie alt ist man geworden?«
»Vierunddreißig.«
Van Appeldorn zog die Augenbrauen hoch. »Vierunddreißig? Donnerwetter, hätt’ ich nicht gedacht!« Dann grinste er breit. »Sag mal, ich kenne mich da nicht so aus. Wie ist das denn so als Frau? Ich meine, tickt deine biologische Uhr in dem Alter nicht schon heftig?«
Astrid sah ihm fest in die Augen. Wie so oft hatte van Appeldorn mit blinder Sicherheit seinen Finger in eine offene Wunde gelegt.
»Tja«, gab sie aber nur kühl zurück, »bei mir tickt sie wenigstens noch.«
Heinrichs lachte laut auf. »Geht das bei euch eigentlich nie ohne Kabbelei?«
»Macht doch Spaß«, antwortete van Appeldorn und schlurfte zu seinem Platz zurück. »Mir jedenfalls.«
Es klopfte.
»Herein!« riefen sie gleichzeitig.
Helmut Toppe steckte den Kopf zur Tür rein. »Störe ich?«
»Hast du sie noch alle?« rief Heinrichs. »Seit wann klopfst du denn an?«
Van Appeldorn starrte erwartungsvoll auf den Zettel, den Toppe in der Hand hielt. »Kann es sein, daß Rettung naht?«
Toppe runzelte verwirrt die Stirn. »Rettung?« Dann sah auch er auf den Zettel. »Ach so! Nein, mit einem neuen Fall kann ich nicht dienen. Ich mußte nur mal raus aus meinem Führerbunker. Habt ihr noch einen Kaffee für mich?«
Charlotte Meinhard hatte darauf bestanden, daß Toppe ein eigenes Büro bekam: »Sie sind der Leiter des Kommissariats, und das möchten wir auch demonstrieren.«
Toppe hatte sich im gemeinsamen Büro sehr wohl gefühlt, und er wollte und brauchte den Austausch mit den anderen. Seit mehr als elf Jahren war er Leiter seiner Abteilung; es wäre ihm nie in den Sinn gekommen, das betonen zu müssen. Doch die Chefin hatte alle seine Argumente weggewischt, freundlich zwar, aber sehr bestimmt. »Es geht um den Eindruck, den wir in der Öffentlichkeit machen. Wir wollen doch an unserem Image arbeiten. Und wenn Sie sich erst einmal eingewöhnt haben, werden Sie mir recht geben, da bin ich sicher.«
Heinrichs öffnete die Schranktür der neuen Kühl-Spül-Soft Drink ’n’ Snack-Einheit und nahm einen Kaffeebecher heraus, weißes Porzellan mit Silberrand.
Vorbei waren die Zeiten, wo sie sich an zweieinhalb Schreibtischen beinahe auf den Schößen gesessen hatten, wo das Faxgerät unter dem alten Garderobenständer auf einem wackeligen Tisch balancierte, die Zeiten der selbstgekauften Kaffeemaschine auf der Fensterbank, gleich neben den Aktenstapeln, der angestoßenen Keramiktassen, die irgendwer mal mitgebracht hatte.
Zwar würde das Präsidium erst in einem Jahr in den Neubau an der Kanalstraße umziehen, aber die Meinhard hatte die Mittel für die Inneneinrichtung vorzeitig lockermachen können, wie auch immer sie das geschafft hatte. Pünktlich mit den Computerterminals waren die Möbel geliefert worden: weiß und zartblau mit einem Schuß Lichtgrau; funktionell, motivierend, positiv. Der feuchte Muff
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