Eulenspiegel
versprochen.« Er stieg wieder in den Bulli. »Ich bin spät dran. Tschüs!«
Gabi stand auf einer Treppenleiter in der Halle und wechselte gerade ein paar kaputte Glühbirnen an dem prachtvollen Kronleuchter aus, den Astrid mit in die Wohngemeinschaft gebracht hatte – ein Erbstück von Großmutter von Steendijk.
»Ihr seid aber früh heute!«
Astrid verzog das Gesicht. »Frag bloß nicht«, hieß das, aber Toppe hängte nur seinen Mantel auf und meinte: »Wieso zieht Clara um?«
Gabi kletterte von der Leiter. »Ich weiß auch nur, was ich bei der ganzen Telefoniererei heute aufgeschnappt habe. Clara hat wohl schon im letzten Semester ihr Medizinstudium geschmissen und macht jetzt irgendwas mit Theaterwissenschaft, aber außer Christian hat das anscheinend keiner gewußt. Außerdem wollte sie wohl schon seit geraumer Zeit aus dem katholischen Wohnheim raus und hat jetzt endlich eine Wohnung gefunden. Heute war offensichtlich die große Beichte bei ihrer Mutter fällig, und es muß mächtig gekracht haben. Jedenfalls hat Clara nicht nur ihre Sachen im Wohnheim gepackt, sondern auch alles, was von ihr noch zu Hause in Grieth war.«
»Na endlich«, seufzte Astrid. »Und Christian spielt den strahlenden Ritter.«
»Rein platonisch natürlich«, mokierte sich Toppe.
Auch Gabi grinste.
Es war genauso, wie van Appeldorn es sich ausgemalt hatte: Die gesamte Kreis Kl ever Polizeimacht stand sich gegenseitig auf den Füßen und hütete die Ordnung.
»Ich fühle mich so was von präsent«, meinte Astrid. »Ich weiß gar nicht, wo ich mich lassen soll.«
Ausgerechnet Flintrop hatte die Einsatzleitung, aber für die Kripoleute sah er sich nicht zuständig. »Ich habe keine Weisungsbefugnis.« Neugierig betrachtete er Toppe. »Sollte doch eigentlich keine Frage sein, wer bei euch die Leitung macht.« Mit dem Zeigefinger zog er sein rechtes Unterlid hinunter und kicherte blöde. »Da muß der alte Hase ran, was?«
Die Kollegen hinter ihm prusteten los.
Toppe sah irritiert von einem zum anderen und drehte sich dann abrupt weg. Was gab’s hier noch zu leiten?
Um halb zehn hatten sie jeden Zentimeter des Museums durchsucht und überprüft und wieder durchsucht. In jedem Raum, an jeder Tür, vor jedem Fenster oder Kellerschacht war ein Pulk Polizisten postiert; nicht einmal eine Feldmaus hätte unbemerkt ins Gebäude kommen können.
»Und was machen wir jetzt?« wollte van Appeldorn wissen.
»Spalier stehen für den Ministerpräsidenten«, schlug Toppe vor.
»Ich könnte vielleicht Papierfähnchen besorgen«, meinte Astrid. »Damit winken wir dann alle freundlich. So was macht sich immer nett.«
Heinrichs hatte Posten im Museumscafe bezogen und schäkerte mit den Damen vom Büfett, aber die waren immun gegen seinen Charme. Kuchen wurde erst ab zwölf Uhr verkauft. Schließlich gab er sich geschlagen, wanderte zur Kavarinerstraße und besorgte ein Tablett Hefeteilchen und die Tageszeitung.
»Hier, guck mal«, winkte er Toppe zu. »Deine Freundin Karin hat einen Artikel drin: Eulenspiegel schlägt wieder zu. «
Toppe überflog den Bericht über den Angriff auf Geldek.
Mit Genuß biß Heinrichs in eine Puddingbrezel. » Eulenspiegel finde ich klasse. Das paßt irgendwie: da macht sich einer lustig über die ehrenwerten Bürger. Aber wie die Russen das finden …«
Toppe klappte die Zeitung zu. »Ich finde das überhaupt nicht klasse«, ärgerte er sich. »Eulenspiegel hört sich nach einem harmlosen Witzbold an. Und harmlos ist die Sache mit Geldek wahrhaftig nicht.«
Um zwanzig vor elf fuhr am Haupteingang ein weißer BMW vor.
»Achtung!« Van Appeldorn legte die Hände an die Hosennaht. »Charly Controlletti rollt an. Walter, pack die Zeitung weg.«
Charlotte Meinhard war noch nicht ganz ausgestiegen, da hatte Flintrop sich schon rangeschleimt. »Alles im Lot, Frau Chefin. Meine Truppe ist postiert. Für die Zivilisten«, guckte er kurz zu Toppe hinüber, »scheint der Althase zuständig zu sein.« Er lachte schallend, aber die Meinhard hob tadelnd die Hand, sprach ein paar leise Sätze und stieg zurück ins Auto. Mit einem langen, kritischen Blick auf Toppe fuhr sie ab.
»Was hat die denn jetzt schon wieder?« wunderte sich Astrid.
»Ich kann es mir denken.« Heinrichs hielt ihnen die aufgeschlagene Zeitung hin. Im überregionalen Feuilleton hatte Karin Hetzel ihr Toppe-Portrait untergebracht: eine dreiviertel Seite mit einem Archivfoto, auf dem Toppe aussah wie Albert Schweitzer in jüngeren Jahren.
»Du
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